„Hast du etwas gegen mich?“ Diese entrüstete Frage hört Professor Michael F. Rhode aus Lichtplanungsbüros, wenn er ihnen einmal keinen Praktikanten vermitteln konnte. Der Leiter des Masterstudiengangs „Architectural Lighting Design“ an der Hochschule Wismar kann sich vor Anfragen aus dem In- und Ausland kaum retten. „Es gibt weltweit zu wenig Lichtplaner. Bei uns bekommen ein Viertel der Studenten schon nach ihrem Praktikum eine feste Jobzusage, ohne dass irgendeine Abschlussnote feststeht“, so Rhode.
Er bildet auch für sich selbst aus: Sein Berliner Lichtplanungsbüro sucht wie andere, die sich auf das Thema spezialisiert haben, seit Monaten nach neuen Mitarbeitern. Doch qualifizierte Bewerber auf die Daueranzeigen im Internet sind Mangelware. Egal ob Europa, Australien, Amerika oder der Mittlere und Nahe Osten, fast auf allen Erdteilen werden die Experten gesucht. Denn zumindest die „Prestigeobjekte“ realisiert jeder Projektleiter nur noch mit einem Lichtplaner im Team.
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Immer mit der Ruhe
Von dem enormen Bedarf lässt sich die Hochschule Wismar nicht unter Druck setzen. Mit ihrem viersemestrigen Vollzeitstudium setzen die Dozenten weiter auf Qualität und nicht auf Schnelligkeit oder Masse. Die Kunst, durch Licht angenehme Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen, lernen hier rund 25 Studenten pro Jahrgang. Der Anspruch, den Rhode an die eigene Lehre stellt, ist hoch: „Unsere Absolventen sollen sich danach in jedem Lichtbüro zurechtfinden und direkt mitarbeiten können.“
Eine Kombination aus theoretischen Grundlagen, zahlreichen praktischen Übungen und dem einsemestrigen Praktikum soll dies möglich machen.
Gleich zu Beginn des Studiums ist traditionell der Wismarer Marktplatz die erste Herausforderung der Hochschüler. Sie sollen für den beschaulichen Ort eine passende Illumination entwickeln und den Bürgern der Stadt präsentieren. Die Hochschule stellt dafür ihre Sammlung von Leuchten und ihr Lichtlabor zur Verfügung; die Studenten nehmen gleich eine Vielzahl ihres künftigen Arbeitsmaterials in die Hand.
Gesundes Licht
Auf dem Weg zum „Master of Architectural Lighting Design“ geht es bei Tages- wie Kunstlichtthemen immer um das menschliche Wohlbefinden. So enthält die erste Phase des Studiums nicht nur technische und gestalterische, sondern auch psychologische Grundlagen. Die Zusammenhänge zwischen Licht und Architektur, Raum und Farbe stehen auf dem Stundenplan, daneben ist Platz für Themen wie „menschliche Wahrnehmungsprozesse“. Im zweiten Teil des Studiums werden verstärkt die praktische Arbeit und die technischen Fertigkeiten trainiert. Themen sind die Visualisierung, Typologie und CAD-Darstellung von Licht, das Produktdesign von Leuchten und die Klimatechnik von Gebäuden.
Aber auch lichtunspezifische Inhalte gehören zu dem Studiengang. Kostenplanung und Büromanagement werden gelehrt, ebenso wie die eigene Darstellung. Zusätzlich hat Rhode das Thema Präsentationstechnik in den Stundenplan aufgenommen. „Heute reicht nicht nur die Idee. Ich muss mich und meine Ideen auch verkaufen können. Unsere Studenten werden das bald mit Schauspielern trainieren.“
Leuchtende Beispiele
Anwenden können die Teilnehmer diese Fertigkeit schon während des Studiums. In Workshops werden verschiedenste Orte illuminiert und der Öffentlichkeit erklärt. Die Stadt Neuruppin beispielsweise lud die angehenden Lichtdesigner für drei Tage ein. Nach einer Stadtbesichtigung teilten sie sich in Gruppen auf, um unterschiedliche Gebäude zu beleuchten. Ideen zu finden und diese direkt auszuprobieren, gingen damit einher. Rhode war vom Ergebnis begeistert: „Die Arbeit spielte sich auf einem hohen Niveau ab.
Das würde mein Büro auch nicht besser machen.“ Das sahen auch die Vertreter der Stadt so – ein zweiter Workshop folgte. Um unterschiedliche Projekte zu realisieren, arbeiten die Verantwortlichen des Studiengangs mit der Industrie zusammen. Bei einem Workshop zum Thema „dynamische Beleuchtung“ standen so zahlreiche LED-Leuchten kostenlos zur Verfügung. Selbst anschaffen wollte die Hochschule sie allerdings nicht, da die Innovationszyklen dieser Technik zu kurz und damit die LEDs schnell veraltet sind.
Rhode sieht bei solchen Kooperationen nur Vorteile für beide Seiten. „Die Studenten und ich erhalten von der Industrie für die Lehre fast alles, was wir haben wollen. Dafür kommen die Lampen vielleicht auch bei unserer Arbeit für einen Kunden zum Einsatz. Wir überlassen der Industrie aber nicht die Entscheidung, was sie uns zur Verfügung stellt. Die Lehre bleibt ganz in unserer Hand.“
Genauso frei entscheiden auch die Dozenten, wer in den Studiengang aufgenommen wird. Allerdings ist das Verfahren vergleichsweise harmlos. Interessenten bewerben sich über die Homepage. Wer die Grundbedingungen erfüllt und sich nachweislich mit dem Thema Licht auseinandergesetzt hat, kann auf einen Platz hoffen. Weitere Aufgaben oder Tests muss niemand bestehen. Ein Gespräch findet nur in Zweifelsfällen statt.
Wichtig sind vor allem die guten Englischkenntnisse, da die Dozenten fast nur in der Fremdsprache lehren.
Großzügige Fördermittel zum Neustart eines Studiengangs, unter anderem vom Deutschen Akademischen Auslandsdienst, unterstützen diese Entscheidung. Die gewöhnliche Durststrecke erlebte die Hochschule dadurch nicht. Schnell wurde Wismar zu einer internationalen Anlaufstelle für angehende Lichtplaner. Teilnehmer aus mehr als einem Dutzend unterschiedlicher Länder in einem Jahrgang sind seitdem keine Seltenheit.
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