Markus Prause
Viele Architekten empfinden die Haftungsrisiken, denen sie in ihrer täglichen Praxis ausgesetzt sind, als kaum mehr tragbar. Vor allem durch die gesamtschuldnerische Haftung werden Architekten immer wieder – für Fehler herangezogen, die vorrangig von anderen Baubeteiligten verursacht wurden – teils sogar mit ihrem Privatvermögen. Insgesamt werden von der Rechtsprechung sehr hohe Sorgfaltsanforderungen an Architekten gestellt.
Grundsätzlich bietet die Berufshaftpflichtversicherung eine gewisse Sicherheit, durch einen Haftungsfall nicht in Insolvenz zu geraten. Der Versicherungsschutz hat jedoch Lücken. Beispielsweise sind Risiken aus Baukosten- und Bauzeitenüberschreitungen vom Versicherungsumfang zumeist ausgeschlossen.
Architekten suchen daher zunehmend nach anderen Möglichkeiten, ihre Haftungsrisiken sachgerecht zu begrenzen. Eine Lösung bietet das Gesellschaftsrecht – insbesondere durch die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Bei der GmbH kann ein Gläubiger in der Regel nur auf das Vermögen der Gesellschaft und nicht auf das Privatvermögen der Gesellschafter zugreifen. Dieser Haftungsvorteil verlor für viele Architekten jedoch seinen Reiz wegen der komplizierten Gesellschaftsgründung und der Tatsache, dass ein Mindestkapital von 25 000 Euro bereitgestellt werden muss.
Die GmbH-Gründung war bis jetzt schwerfällig und teuer. Daher griffen Unternehmensgründer sogar auf ausländische Rechtsformen zurück, beispielsweise die britische Limited. Doch auch diese Gesellschaftsformen haben ihre Tücken (vgl. DAB 1/05, S. 81 ff.).
Insgesamt hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass das deutsche GmbH-Recht reformbedürftig ist. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber nunmehr Rechnung getragen und das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechtes und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) auf den Weg gebracht. Nach letztem Stand sollte es zum 1. November in Kraft treten. Die wichtigsten Punkte:
1. Einführung der Unternehmergesellschaft
Vor allem für Existenzgründer bietet die neue Unternehmergesellschaft (UG) eine praktikable Einstiegslösung in die Selbstständigkeit. Bei der UG handelt es sich nicht um eine eigenständige neue Gesellschaftsform, sondern um eine Art „Vor-GmbH“. Für die Gesellschaftsgründung genügt eine Einlage von einem Euro. Allerdings ist die Gesellschaft verpflichtet, in den Folgejahren jeweils mindestens ein Viertel ihres Gewinns als Rücklage anzusparen. Ist dann ein Stammkapital von 25 000 Euro erreicht, kann sie zur echten GmbH umgewandelt werden. Die Unternehmergesellschaft bietet bereits den Vorteil einer Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen. Ein kleiner Wermutstropfen liegt in der Außendarstellung: Sie ist verpflichtet, mit dem Namen „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ zu firmieren.
2. Leichtere Gründung durch Musterprotokolle
Für Standardgründungen von Unternehmergesellschaften und GmbHs (unter anderem nicht mehr als drei Gesellschafter, keine Abweichung von gesetzlichen Vorschriften) hat der Gesetzgeber sogenannte Musterprotokolle eingeführt. Durch die Verwendung der Musterprotokolle kann der Gründungsakt vereinfacht werden. In den Mustern sind der Gesellschaftsvertrag, die Geschäftsführerbestellung und die Gesellschafterliste zusammengefasst. Weiterhin sollen die Gebühren für die Eintragung ins Handelsregister bei der Verwendung der Musterprotokolle abgesenkt werden. Leider sind auch die Musterprotokolle beurkundungspflichtig, sodass der Gang zum Notar nicht erspart bleibt. Es ist damit zu rechnen, dass aufgrund der Musterprotokolle die Verfahren insgesamt beschleunigt werden, da mit weniger Nachfragen seitens der Registergerichte zu rechnen ist.
3. Raschere Handelsregistereintragung
Ist für die Ausübung der Tätigkeit eine besondere Genehmigung erforderlich (zum Beispiel Gewerbezulassung als Makler oder Bauträger), wird das Verfahren zur Eintragung ins Handelsregister vom verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren abgekoppelt. Das Erfordernis einer gewerberechtlichen Erlaubnis verzögert somit nicht mehr das Eintragungsverfahren beim Handelsregister.
4. Weiteres
- Bei der Gründung von Ein-Personen-GmbHs wird in Zukunft auf die Stellung bestimmter Sicherheitsleistungen verzichtet.
- Geschäftsanteile können einfacher gestückelt werden. Statt eines Mindestbetrages von 100 Euro je Stammeinlage und der Teilbarkeit jeder Einheit durch 50 muss zukünftig jeder Geschäftsanteil nur noch mindestens einen Euro betragen.
- Der Begriff der „verdeckten Sacheinlage“, der bis dato mit zahlreichen Rechtsunsicherheiten behaftet war, wird nunmehr im Gesetz klar definiert. Das Problem der verdeckten Sacheinlage trat auf, wenn eine vorgesehene Bareinlage der Gesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung als Sachwert zufloss. In diesen Fällen musste der Gesellschafter im Ergebnis die Einlage oftmals doppelt leisten. Nun wird klargestellt, dass der Wert der geleisteten Sache nach Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister auf die Bareinlageverpflichtung angerechnet wird.
- Bisher konnte eine deutsche GmbH keinen Verwaltungssitz im Ausland unterhalten. Diese Regelung wird gestrichen, sodass auch eine Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland möglich wird.
- Gesellschafter sind zukünftig nur noch die Personen, die in der Gesellschafterliste beim Handelsregister verzeichnet sind. Hierdurch wird für Geschäftspartner eine größere Transparenz geschaffen, da sich über das Handelsregister einfach ermitteln lässt, wer hinter der Gesellschaft steht.
5. Bekämpfung von Missbräuchen
Zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zusammenhang mit der Unterhaltung einer GmbH werden diverse Neuregelungen eingeführt. Die wichtigsten:
- Wird eine Gesellschaft durch das „Abtauchen“ des Geschäftsführers führungslos, sind die Gesellschafter bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen.
- Die bisherigen Gründe für den Ausschluss eines Geschäftsführers werden erweitert (zum Beispiel bei Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung, Betrugs).
6. Fazit
Insbesondere für Existenzgründer bietet die neue Unternehmergesellschaft eine Möglichkeit, sich mit einem überschaubaren Haftungsrisiko am Markt zu bewegen. Fraglich bleibt jedoch, ob sie sich am Markt etablieren wird. Es ist damit zu rechnen, dass Auftraggeber sich mit der Auftragserteilung an solche Gesellschaften eher zurückhalten oder zumindest versuchen, die eingeschränkte Zugriffsmöglichkeit durch anderweitige Sicherungsmittel (zum Beispiel Bürgschaft) zu kompensieren. Die Vereinfachungen und Beschleunigungen können aber helfen, Berührungsängste zu diesem Thema abzubauen, und erleichtern den Schritt hin zur Gesellschaftsgründung, wo dies gewünscht wird.
Flexible Unternehmensgestaltung
Doris Hegger-Luhnen, HHS Planer+Architekten AG, Kassel
„Vor etwa acht Jahren wollten wir als GbR langjährige Mitarbeiter in eine Partnerschaft übernehmen und haben nach einer geeigneten Rechtsform dafür gesucht. Letztendlich haben wir uns für die Aktiengesellschaft entschieden. Die AG ist viel flexibler als eine GmbH, bei der keine Unternehmensanteile unbürokratisch weitergereicht werden können. Auf der anderen Seite war uns ein Aufsichtsrat sehr wichtig, der unsere Arbeit als Architekten kritisch begleitet, in schwierigen Situationen hilft und auch neue Ideen einbringt. In diesem Gremium wollten wir nicht zwingend Architekten haben – womit die Kammer nicht so glücklich war –, sondern Leute mit dem Blick von außen.Wir denken darüber nach, Anteilsscheine der AG an die Mitarbeiter auszugeben, um diese am Unternehmen zu beteiligen.
Für die Gründung haben wir etwa ein Dreivierteljahr gebraucht. Der Gründeraufwand wird geringer, wenn man eine Vorrats-AG kauft und diese dann in ein Architekturbüro umwandelt. Geholfen haben uns auch ein Buch, „Die kleine AG“, und der Rat des Unternehmensberaters Werner Preissing aus Stuttgart, der sich mit dieser Rechtsform für Architekten ausführlich beschäftigt hat.
Abschließend kann ich sagen, dass sich die Sache für uns gelohnt hat; wir haben nur positive Erfahrungen mit der AG gemacht. Die Motivation der Mitarbeiter ist spürbar gestiegen. Zum Büroprofil: Wir haben uns seit langer Zeit auf das nachhaltige Bauen spezialisiert und beziehen die entsprechenden Fachplaner von Anfang an in die Planung mit ein. Unsere AG besteht aus fünf Vorständen, drei Aufsichtsräten und zwanzig Mitarbeitern.“
Gewerbliches Unternehmen
Stefan Haase, Hamo Design GmbH & Co. KG, Herford
Wir bieten nicht nur als Architekten und Innenarchitekten klassische Dienstleistungen nach HOAI an, sondern auch alle Gewerke als GU wie Trockenbau, Montage, Malerarbeiten etc. Für die GmbH und Co. KG haben wir uns als gewerbliches Unternehmen mit einem breiten Tätigkeitsspektrum entschieden, weil diese das Haftungsrisiko reduziert. Anders als bei einer typischen Kommanditgesellschaft ist der persönlich haftende Gesellschafter (Komplementär) keine natürliche Person, sondern eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Haftung beschränken
Andreas Kaupp, Kaupp + Franck Architekten GmbH, Mannheim
„Unsere GmbH wurde erst vor wenigen Wochen gegründet. Wir haben jetzt bezüglich der Haftungsfrage ein besseres Gefühl. Uns geht es in erster Linie um die gesamtschuldnerische Haftung bei größeren Projekten im Zusammenhang mit Handwerkern. Davor haben wir viele Jahre als Partnerschaftsgesellschaft gearbeitet mit einem vergleichsweise geringen Verwaltungsaufwand. Unser Büro besteht aus zwei Geschäftsführern, drei festangestellten Architekten sowie zwei Studenten. Neben dem klassischen Architektengeschäft arbeiten wir immer mehr in der Wettbewerbsbetreuung, der Projektentwicklung und Verfahrensbegleitung für öffentliche und private Auftraggeber. Als GmbH ist der öffentliche Auftritt professioneller, auch bei der Zusammenarbeit mit anderen Firmen. Der Aufwand für die Gründung war recht groß und hat sich über ein halbes Jahr hingezogen, wenn man alles mit einbezieht, wie zum Beispiel das neue Briefpapier und die neuen Visitenkarten, die wir benötigten. Rechtlich haben wir uns von einem Steuerberater und einem Notar sowie der Architektenkammer beraten lassen.“
Wenig Bürokratie
Keivan Karampour, KM Architekten, Ahnatal-Weimar
„Wir sind seit zehn Jahren eine Partnerschaftsgesellschaft, bestehend aus zwei Partnern und vier Mitarbeitern. Mit dieser Rechtsform haben wir die geringste Bürokratie und steuerliche Belastung. Was die Haftung betrifft, fühlen wir uns in jedem Fall in der Verantwortung. Für den Eintrag einer Partnerschaftsgesellschaft fallen Gebühren an, zusätzlich neben unserem Kammerbeitrag. Für die Zukunft gibt es bei uns Überlegungen, bestimmte Arbeitsbereiche des Büros, wie zum Beispiel die Bauleitung, in eine GmbH auszulagern, um hierfür die Haftung zu beschränken.“
Die GmbH – Vor- und Nachteile
Wie die sich häufenden Anfragen an die Kammern zeigen, beschäftigen sich Architekten zunehmend mit der Frage, ob sie ihr Büro in der Form einer GmbH führen sollten. Doch welche Vor- und Nachteile sind mit der GmbH verbunden? Die nachfolgende Aufstellung soll diese Frage zumindest stichwortartig beantworten.
Vorteile:
- Die Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Das Privatvermögen der Gesellschafter ist – bis auf wenige Ausnahmen – im Haftungsfall oder auch bei sonstigen finanziellen Schwierigkeiten der GmbH dem Zugriff der Gläubiger entzogen. Die Gesellschaft hat die volle Rechtsfähigkeit. Sie kann selbstständig Vermögen und Rechte erwerben und veräußern, klagen oder verklagt werden und als Grundstückseigentümer ins Grundbuch eingetragen werden.
- Gehälter können als Betriebsausgaben angerechnet werden, wenn die Gesellschafter der GmbH als Geschäftsführer oder Angestellte beschäftigt sind.
Nachteile:
- Für herkömmliche GmbHs ist die Gründung kompliziert und teuer.
- Die GmbH unterliegt der Körperschaftsteuerpflicht und ist gewerbesteuerpflichtig. Sie ist zur kaufmännischen Buchführung verpflichtet. Vor einer Gründung mit dem Steuerberater sprechen!
- Die GmbH wird als sogenannter Vollkaufmann, also als „kaufmännischer Profi“, behandelt. Hieraus ergeben sich besondere Rechtspflichten (zum Beispiel Pflicht zur unverzüglichen Rüge mangelhafter Ware, die für das Büro geliefert wird).
- Treten in der GmbH Veränderungen ein (zum Beispiel Namensänderung der Firma oder der Gesellschafter), so müssen diese ebenfalls über einen Notar beim Handelsregister eingereicht und beim Registergericht verzeichnet werden.
- Wegen der eingeschränkten Haftung entscheiden sich Bauherren teilweise gegen die Beauftragung von GmbHs. Dieses Argument kann allerdings durch den Nachweis einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung entschärft werden.
Der richtige Name
Die GmbH ist bei der Wahl ihres Firmennamens weitgehend frei. Sie muss lediglich ihren Status als GmbH kennzeichnen und darf keinen irreführenden oder bereits rechtlich geschützten Namen verwenden.
Soll in den Namen der Gesellschaft allerdings die Berufsbezeichnung „Architekt“, „Innenarchitekt“, „Landschaftsarchitekt“ oder „Stadtplaner“ aufgenommen werden (zum Beispiel Meier & Müller Architekten GmbH), muss nach den Architektengesetzen der einzelnen Bundesländer eine Eintragung in die Gesellschaftsliste bei der jeweiligen Architektenkammer erfolgen.
Es ist also neben der persönlichen Eintragung des Architekten eine gesonderte Registrierung der GmbH erforderlich. An diese „Architekten-GmbHs“ werden besondere Anforderungen gestellt, zum Beispiel Mindestbedingungen zur Berufshaftpflichtversicherung und eine Mindestbeteiligung von Berufsangehörigen. Das Gleiche gilt in den meisten Bundesländern auch für den Fall, dass die GmbH eine der Berufsbezeichnung ähnliche Bezeichnung führen will, zum Beispiel Architekturbüro Müller GmbH). Weitere Informationen geben die Kammern.