Alfred Morlock
Das Bundesministerium für Wirtschaft stellt für diesen Herbst oder für Anfang nächsten Jahres eine Erhöhung der HOAI-Tafelwerte in Aussicht – die Rede ist von zehn Prozent. Sicher ist dies zwar noch nicht. Aber wer jetzt einen Architektenvertrag abschließt, sollte in seinen Vertrag in jedem Fall eine Honoraranpassungsklausel aufnehmen. Ansonsten droht die Gefahr, auch nach einer Erhöhung der Tafelwerte weiter zu den bisherigen Sätzen arbeiten zu müssen. Folgendes ist zu beachten:
1. Zeitpunkt des Vertragsschlusses
Maßgebend ist diejenige Fassung der HOAI, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gilt. Für Verträge, die vor dem Stichtag des Inkrafttretens einer neuen HOAI-Novelle abgeschlossen sind, gilt die HOAI in der bei Vertragsabschluss geltenden Fassung weiter. Etwas anderes gilt dann, wenn bis zum Inkrafttreten der Neufassung nur einzelne Leistungen beauftragt waren, weitere Teilleistungen später in Auftrag gegeben werden (zum Beispiel bei stufenweiser Beauftragung); in diesem Fall gilt für diese Leistungen die HOAI in der Neufassung (vgl. Plankemann in DAB 9/95 S. 1661). Diese Fälle sind insbesondere bedeutsam bei stufenweiser Beauftragung der öffentlichen Hand (zum Beispiel. in den RBBau-Vertragsmustern).
2. Übergangsvorschriften der HOAI
§ 103 HOAI enthält eine Übergangsvorschrift für Verträge, die vor Inkrafttreten einer HOAI-Novelle abgeschlossen sind und die bis zum Stichtag noch nicht erbrachte Leistungen enthalten. Hier können die Parteien vereinbaren, dass diese Leistungen nach dem neuen Honorarrecht abgerechnet werden können. Eine schriftliche Vereinbarung ist nicht erforderlich, es bestehen also keine Formvorschriften. Der Architekt muss aber diese Vereinbarung beweisen, daher ist dringend Schriftform anzuraten.
§ 103 HOAI setzt nämlich voraus, dass eine HOAI-Novelle bereits verabschiedet, allerdings noch nicht in Kraft getreten ist. Die Erhöhung der Tafelwerte ist noch nicht verabschiedet.
3. Klausel bei nur „in Aussicht stehenden HOAI-Erhöhungen“
Eine in Aussicht stehende, inhaltlich noch nicht bekannte HOAI-Novelle – also der aktuelle Fall – ist von § 103 HOAI nicht erfasst, solange sie nicht ausdrücklich in § 103 HOAI aufgeführt ist. (Die Absätze 3 bis 6 regeln die Novellierungen bis einschließlich 1996).
Eine Anpassungsklausel für diesen Fall kann zwar in neu abzuschließenden Architektenverträgen formularmäßig verankert werden. Dies geschieht in der Form, dass auch für nicht erbrachte Leistungen die künftige – inhaltlich noch nicht bekannte – HOAI gelten soll. Allerdings ist von einer solchen allgemeinen „Vorratsklausel“ abzuraten: Es finden die Grundsätze der allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendung. Danach sind überraschende und unangemessene Klauseln – nicht nur gegenüber Verbrauchern – unwirksam. Dies gilt insbesondere für eine Formulierung, wonach „im Falle einer Novellierung der HOAI“ ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens die neue HOAI für die noch nicht erbrachten Leistungen gilt.
4. Unproblematische Klauseln
Neben einer möglichen Individualvereinbarung, an die allerdings hohe Ansprüche zu stellen sind, kommt eine allgemein gehaltene Honoraranpassungsklausel in Betracht. Diese könnte lauten, dass „im Falle einer Novellierung der Honorarordnung während der Vertragserfüllung sich die Parteien verpflichten, über eine Anpassung des Vertrages an die neuen Bestimmungen zu verhandeln“.
Die Konsequenz einer solchen Vereinbarung ist, dass bei Bekanntwerden einer HOAI-Novelle für Leistungen, die bis zum Inkrafttreten noch nicht erbracht wurden, die Parteien sich über eine unter Ziffer 2 aufgeführte Vereinbarung verständigen müssen.
Keine unangemessene Benachteiligung des Auftraggebers liegt vor, wenn die Honoraranpassungsklausel größenmäßig auf einen bestimmten Prozentsatz beschränkt wird. Eine solche Klausel könnte wie folgt aussehen: „Es gilt die Honorarordnung in der bei Vertragsabschluss gültigen Fassung. Leistungen zur Erfüllung von Verträgen, die bis zum Inkrafttreten der neuen HOAI-Fassung noch nicht erbracht sind, werden nach der Neufassung der Honorartabelle des § 16 HOAI abgerechnet; die Honorarerhöhung wird auf maximal zehn Prozent, bezogen auf die zum 31.12.2008 geltenden Tabellenwerte, beschränkt. Dies gilt nicht für Architektenleistungen, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss erbracht werden.“
Die Klausel bezieht sich lediglich auf die Anhebung der Honorartafeln, lässt also die üblichen Bestimmungen der HOAI unberührt, etwa den vereinbarten Honorarrahmen, Umbauzuschläge etc. Diese Anpassung, die der Höhe nach begrenzt ist, konkretisiert eine Kostenerhöhung und macht sie deshalb vorhersehbar, sodass die Anforderungen an eine wirksame Honoraranpassungsklausel erfüllt sein dürften. Diese Klausel hindert die Parteien nicht, sofern innerhalb dieser Viermonatsfrist die HOAI-Novellierung mit höheren Tafelwerten verabschiedet wird, dann eine Vereinbarung gemäß § 103 HOAI wie unter 2. ausgeführt zu treffen.
Alfred Morlock ist Rechtsanwalt in Stuttgart.