Dr. Jürgen Tietz
Alles hat seine Grenzen – auch die Möglichkeiten, Denkmale energetisch zu optimieren. Doch häufig bieten denkmalgeschützte Gebäude weit mehr Dämmpotenzial als vermutet. Der Konflikt zwischen Wärmedämmung und Denkmalschutz ist also keineswegs vorprogrammiert. Und die Energiepolitik nimmt hier durchaus Rücksicht auf konservatorische Belange, wie die seit Sommer 2007 gültige Version der Energieeinsparverordnung zeigt. Sie macht Ausnahmen für Denkmale: „Eine Verpflichtung zur Erstellung eines Energieausweises würde den Modernisierungsdruck auf Baudenkmäler erhöhen. Es droht die Gefahr, dass das Erscheinungsbild oder die Substanz von Baudenkmalen durch ungeeignete und unsachgemäße Wärmedämmmaßnahmen gefährdet werden.“
Angesichts steigender Heizkosten denkt mancher Denkmalbesitzer wohl dennoch über eine Dämmung seines Hauses nach. Hier gilt es, im Vorfeld eine (objektive) Kosten-Nutzen-Rechnung aufzustellen. Zudem beginnt eine energetische Optimierung bereits lange vor einem baulichen Eingriff in ein Denkmal. Der hessische Landeskonservator Gerhard Weiß, der zugleich der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger vorsteht: „Energiesparen fängt meist mit einer besseren Heizung an.“ Und auch bei der Erneuerung der Haustechnik verweist Weiß auf den Bestand der Denkmale. Oft können alte Schächte wie nicht mehr genutzte Schornsteine für neue Leitungen genutzt werden. Daher gilt auch bei der energetischen Optimierung eines Denkmals der Leitgedanke des Bauens im Bestand, der von einer detaillierten Kenntnis des Objektes vor Baubeginn ausgeht.
Schwachstellen beseitigen
Energie-Einsparpotenzial bietet unter anderem die Schwachstelle Fenster: „Das gute alte Kastenfenster ist natürlich optimal“, unterstreicht Weiß. „Doch diese Lösung ist nicht immer zu verwirklichen.“ Jedes Denkmal bedarf einer eigenen Betrachtung und individuellen Lösung. Gleichwohl führt bereits häufig eine Instandsetzung der vorhandenen Fenster und eine Ergänzung durch eine zusätzliche – rahmenlose – Scheibe zu einem funktional befriedigenden und ästhetisch ansprechenden Ergebnis. So wird die Denkmalsubstanz geschont und dennoch die gewünschte Wirkung erzielt.
Welche Dämmsysteme bei Fachwerkhäusern in Verbindung mit unterschiedlichen Heizsystemen Verwendung finden können, hat ein wissenschaftlich begleitetes ökologisches Pilotprojekt in Quedlinburg untersucht. Neben dem Deutschen Fachwerkzentrum waren daran auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sowie die Bundesstiftung Umwelt finanziell beteiligt. So fanden in den unterschiedlichen Geschossen des Quedlinburger Fachwerkhauses unter anderem Holzleichtlehmsteine sowie Kalziumsilikatplatten Verwendung – in Verbindung mit Boden- und Wandheizungen. „Eine gute Alternative zum traditionellen Heizkörper unter dem Fenster ist die Wandtemperierung, sodass im Raum oft keine weiteren Heizkörper mehr notwendig sind“, betont denn auch Gerhard Weiß.
Nicht bei allen Fachwerkhäusern war im Lauf der Geschichte das Fachwerk stets sichtbar. Daher bieten bei ihnen auch eine Außendämmung Möglichkeiten zur Energieeinsparung – zumindest an ihren Wetterseiten, die von jeher meist verkleidet waren. Eine beispielhafte Dämmlösung zeigt ein barockes Fuldaer Wohnhaus, das 2007 für den Hessischen Denkmalschutzpreis nominiert wurde. Dort entschied man sich gegen eine bauphysikalisch häufig als problematisch erachtete Innendämmung. Stattdessen er-hielt die Fassade – nach Reparatur der Fachwerkschäden – einen rein mineralischen Dämmputz. Dafür waren allerdings die Fenster leicht nach vorne zu versetzen, um die bündige Fassadengestaltung zu bewahren.
Gedämmte Moderne
Für Bauten des Historismus erweisen sich Denkmalschutz und energetische Optimierung ebenfalls nicht als Hindernis für eine Umnutzung. Das zeigt das Beispiel eines ehemaligen Gasthauses und Verwaltungsgebäudes im Nürnberger Schlacht- und Viehhof, das zur Kita wurde. Trotz eines zusätzlichen Anbaus hat sich dort dank der Dämmung von Wänden und Dächern der Heizwärmebedarf um etwa 75 Prozent verringert. Das entspricht laut dem Hochbauamt der Stadt Nürnberg einer Emissionseinsparung von rund 80 Tonnen CO2 im Jahr.
Eine „konventionelle“ Außendämmung der Wetter- oder der Nordseite eines Gebäudes ist auch im Fall eines Baudenkmals der Moderne denkbar, wie das Berliner Corbusierhaus zeigt. Dort war freilich das Erscheinungsbild bereits durch eine vorausgegangene Betonsanierung verändert worden. Ansonsten aber verweisen Bewohner und Verwalter des Denkmals einstimmig auf die vergleichsweise günstige Energiebilanz der legendären Wohnmaschine.
Gleichwohl bleiben die Bauten der Moderne Sorgenkinder bei einer denkmalgerechten energetischen Optimierung. Gerhard Weiß: „Bei Bauten der 1950er-Jahre muss in der Regel die Fassade ausgetauscht werden. Hier geht es letztlich um die Beibehaltung der Konstruktion und der Ansicht, des Bildes, aber in den seltensten Fällen kann die Substanz erhalten werden. Eine der wenigen Ausnahmen war das Conti-Hochhaus in Hannover. Hier sind Fenster und Wände ertüchtigt und erhalten. Das ging nur, weil die Bausubstanz insgesamt sehr gut war.“ Eine weitere Ausnahme zeigt „Haus Hardenberg“ in Berlin aus den 1950er-Jahren, das bei der Herrichtung eine Innendämmung erhielt, sodass die Fassade in ihrer ursprünglichen Gestaltung bewahrt wurde.
Dass der Wunsch nach Wärmedämmung dennoch nicht nur die Denkmale selbst gefährden kann, sondern sogar das gesamte Stadtbild, ist derzeit in Hamburg zu erleben: Dort droht das klassische rote Hamburg mit seinen Ziegelbauten der frühen Moderne unter Wärmedämmtapeten zu verschwinden. Noch gibt es keine Lösungen für den Konflikt, die Denkmal- und Klimaschützer, Eigentümer und Mieter gleichermaßen befriedigen würden. Alles hat eben seine Grenzen – auch die Möglichkeiten, Denkmale energetisch zu optimieren.
Weitere Informationen:
Das 2002 gegründete Deutsche Fachwerkzentrum in Quedlinburg versteht sich als überregional wirkende Anlaufstelle für „individuelle Beratungen für ökologisches Bauen“.
Die Propstei Johannesberg in Fulda bietet Fortbildungen in Denkmalpflege und Altbauerneuerung an und veröffentlicht die „Johannesberger Arbeitsblätter“.
Dr. Jürgen Tietz ist Kunsthistoriker und freier Journalist in Berlin.
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