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Augenfutter

Wie schmecken eigentlich Häuser? Wir haben für Sie probiert.

01.01.20082 Min. Kommentar schreiben

Roland Stimpel

Wolfgang Pehnt serviert als Digestif seiner „Deutschen Architektur“ in fein abgeschmeckter Prosa die sinnlichen Erfahrungen, die Baukunst vermitteln kann: ­„erlebbaren Raum, dosiertes Licht, Klänge und Gerüche, das Gefühl von Nähe und Ferne, Wärme und Kühle, Stabilität und Leichtigkeit“. Alle Sinne sind gemixt – nur der Geschmack fehlt.

Dabei liegt die Einheit von Bau- und Kochkunst offen auf Ess- und Zeichentisch. Pehnts bauhistorisches Menu du Chef muss an dieser Stelle nachgewürzt werden. Das beginnt beim überfetteten wilhelminischem Sauerbraten. Die Antworten hießen Reformbau und Rohkost – kalorienarm, damit die Hausfrau in die Frankfurter Küche passte und Le Corbusier durch seinen 58-Zentimeter-Flur. Dann kam der Blutwurst-am-Boden-Stil, erträglich nur mit Met nach Säuferts Brauentwurfslehre. Auf Wohnungs- und Hungersnot folgten hemmungslose Fress- und Wiederaufbauwellen. Architekten sollen damals Konten gehabt haben wie Ludwig Erhards Bauch. Der International Style brachte Hawaiitoast und Cocktailspieße, später Treibhaustomaten und ebenso aromafreien Sozialbau. Die Postmoderne dekorierte ihre Tellerchen so neckisch wie die Nouvelle Cuisine; schließlich inspirierte Ritter Sport zur Berliner Sandsteintapete.

Drei-Sterne-Architekten von heute kochen global und durcheinander. Das wüste Menü beginnt mit Helmut Jahns wässriger Suppe, die er tiefgefroren aus spitz geformten Tupperschalen kippt. Statt Salat gibt’s Gurke stehend von Norman Foster. Der Hauptgang kommt von Calatravas spiraligem Chicagoer Dönerspieß; in der Regionalküche brät Kollhoff Filet mit krossem Klinker. Auf der Dessertplatte locken Windbeutel à la Coop Himmelb(l)au und von Gehry gestürzte Götterspeise. Sana(!)a schließt den Magen mit einer Käseinnovation aus Essen(!): dem Prototyp des Emmentalers mit eckigen Löchern. Seine Massenfertigung war auf dem Münchener Wiesenfeld geplant, es kommt aber Weißwurst aus der Rathauskantine.

Und Sie, liebe Alltags- und Schwarzbrot-Architekten? Sie haben es immerhin an Weihnachten wieder zu einem Lebkuchenhaus gebracht. Vernaschen Sie es sofort! Sonst kommt noch der Denkmalschutz.

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