Fred Wagner
„Wer als Architekt mit professionellen Bauherren zusammenarbeiten möchte, der muss Hintergrundwissen aus der Immobillienbrache haben“, sagt Burkhard Bienstein. Der Wiesbadener Büroinhaber von Bitsch + Bienstein Architekten hat im vergangenen Jahr eine Fortbildung in Immobilien-ökonomie belegt und findet: Das war eine gute Entscheidung. „Der wichtigste Grund war, das Bedürfnis von Bauherren auf dem Immobilienmarkt besser zu verstehen und mit ihnen auf Augenhöhe zu kommunizieren.“ Durch die Weiterbildung bekomme man ein sehr gutes Rundumwissen, das sich unmittelbar in der täglichen Arbeit anwenden lasse.
Dieser Meinung sind immer mehr Architekten in Deutschland. Sie interessieren sich für ein Studium zum Immobilienökonom oder eine Weiterbildung auf diesem Gebiet. Zum Beispiel für den siebentägigen Lehrgang „Grundlagen der Immobilienökonomie für Architekten und Stadtplaner“, den die Hessische Architektenkammer in Zusammenarbeit mit der IREBS Immobilienakademie anbietet. Grundidee dieser kurzen, aber intensiven Ausbildung: Der Architekt bekommt einen klaren, strukturierten Überblick über sämtliche Teilbereiche der Immobilienökonomie – und vielleicht auch Lust auf ein weitergehendes Studium. Isabella Göring, Architektin und Leiterin der Managementberatung der Architektenkammer Hessen: „Architekten werden heute immer mehr gefordert, die Sprache der Investoren und Bauherren zu verstehen und zu sprechen – genau hier setzt unser Lehrgang an.“
15 Monate berufsbegleitend
So lange dauert das Studium zum Immobilienökonom beim IREBS Institut für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg. Auf dem Lehrplan stehen betriebswirtschaftliche und juristische Grundlagen, Technik und Raumplanung, Finanzierung, Bewertung und Management von Wohn- und Gewerbeimmobilien. Vor 17 Jahren war die IREBS (damals ebs-Immobilienakademie) die erste Institution in Deutschland, die diesen Studiengang anbot. „In den letzten vier Jahren hat sich der Anteil der Architekten stark erhöht, sagt Professor Dr. Karl-Werner Schulte, wissenschaftlicher Leiter der Schule und geistiger Vater der Immobilienökonomie in Deutschland. Inzwischen kommt jeder vierte Teilnehmer des Studienganges aus dem Bereich der Architektur. Studienleiterin Marela Bone-Winkel: „Für die meisten von ihnen ist das Studium auch eine sehr gute Kontaktbörse, die sie im weiteren Berufsleben rege nutzen.“ Vielen Architekten werde erst im Studium klar, was sie überhaupt alles können. Bone-Winkel: „Die denken, sie können nur Architektur und entdecken auf einmal ganz neue Berufsfelder.“ So ist es gar nicht selten, dass Architekten nach der Ausbildung die Seiten wechseln und gegen gute Bezahlung als Projektentwickler in der Immobilienbranche anheuern.
Auch an der Akademie der Immobilienwirtschaft
(ADI) GmbH in Stuttgart kann man Immobilienökonomie studieren. Auch hier dauert das Studium 15 Monate. Wer es erfolgreich abschließt, darf sich „Diplom-Immobilienökonom/in (ADI)“ nennen. So wie der freie Architekt Jan Conzelmann, der seit 2004 ein eigenes Architekturbüro in Herrenberg bei Stuttgart leitet. Seinen Entschluss begründet er so: „Architektur ist eine brotlose Kunst. Architekten wollen immer vom Entwurf leben, aber damit lässt sich in der Regel kein Geld verdienen.“ Das große Manko des Berufsstands sei die vorherrschende Meinung, dass es immer nur um Baukunst gehe, sagt Conzelmann, der selbst aus einer Unternehmerfamilie stammt. Er sehe seine Arbeit als Dienstleistung, die sich aus Baukunst und Wirtschaftlichkeit zusammensetze. Das Studium habe ihm die Augen geöffnet und ihm zu Aufträgen verholfen, die nichts mit Gestaltung zu tun hätten. Conzelmann: „Ich bin nicht mehr auf den Entwurf fixiert, sondern gehe offener und schmerzfreier an die Dinge ran, die ein klassischer Architekt nicht tun würde, zum Beispiel Immobilienbewertungen, Gutachten oder Nutzungskonzepte.“ Das sei ganz wichtig für den Job. „Viele Architekten ziehen für den besten Entwurf ihre letzte Unterhose aus, doch dafür müssen die Grundlagen da sein.“ Das heißt, der Auftraggeber müsse die Entwurfsleistung auch wollen und er müsse vor allem das Geld dafür haben. Genau das würden viele Kollegen falsch machen, die jedes Projekt wie ihr einziges oder letztes behandeln und es deshalb besonders gut machen wollen. Conzelmann: „Gute Architektur kann man nur mit einem Bauherrn machen, der das auch will und mitmacht, sonst stülpt man ihm ein Haus über.“ Das Wichtigste, fasst der Diplom-Architekt und Immobilienökonom zusammen, sind für ihn zufriedene Kunden. Nur von ihnen gebe es Referenzen und Empfehlungen.
Immobilienökonomie für Architekten
- IREBS Institut für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg, Studium der Immobilienökonomie in Rheingau, Berlin, München und Essen, www.irebs.de
- Akademie der Immobilienwirtschaft (ADI) GmbH, Studium der Immobilienökonomie in Stuttgart, Leipzig, Hamburg, Berlin und Frankfurt am Main, www.adi-stuttgart.de