Von Fred Wagner
„Viele Architekten denken, dass gute Visualisierungen ein gutes Programm und ein schneller Rechner reichen“, sagt der Dortmunder Architekt Marco Lachmann-Anke. „Doch das ist wie bei der Fotografie. Die beste Ausrüstung nutzt nichts, wenn man nicht weiß, wie man ein Bild aufbauen und gestalten muss.“ Wichtigste Voraussetzung für überzeugende Renderings ist nicht Technik, sondern das Wissen um die Wirkung von Bildkomposition, Farbe, Perspektive und Kontrast. Lachmann-Anke hat sich als Architekt auf die Visualisierung von geplanten Gebäuden spezialisiert hat und arbeitet damit in einem stark wachsenden Markt – für Architekturbüros, Bauträger, Projektentwickler und öffentliche Bauherren.
Herkömmliche Architekturzeichnungen reichen vielen Auftraggebern längst nicht mehr; realistisch wirkende Bilder künftiger Bauten sind inzwischen Standard – ebenso der Begriff „Rendering“, der sich für sie eingebürgert hat. Die virtuelle, dreidimensionale Konstruktion des Gebäudes im Computer ermöglicht unterschiedliche Ansichten und Perspektiven, Materialien und Lichtstimmungen, lange bevor die Realisierung beginnt. Preiswerte, relativ leicht erlernbare Programme wie ArCon oder SketchUp treiben die Entwicklung weiter voran.
Mehr Herz als Verstand
Der Architekt und Rendering-Produzent Marco Lachmann-Anke von Visualtektur in Dortmund meint: „Ein gutes Rendering muss auch das Herz ansprechen, nicht nur den technischen Verstand oder die künstlerische Neigung.“ Nach seiner Beobachtung denken Architekten oft an etwas besonders Reduziertes, dagegen wollen Immobilienleute eher „blumige“ Bilder. Ein gutes Rendering versucht nach seiner Ansicht nicht in jedem Detail realistisch zu wirken, sondern nur da, wo das dem Betrachter nicht auffällt. Denn dieser weiß ja, dass das Rendering kein Foto ist, und reagiert allergisch auf Versuche, ihm das noch nicht reale als scheinbare Wirklichkeit unterzuschieben. Zwar lassen sich mit modernen Programmen auch organischen Formen aus der Natur und sogar Menschen nachbilden, aber diese wirken meist unecht. „Das menschliche Auge empfindet jede Abweichung vom Natürlichen als falsch und unangenehm“, sagt Lachmann-Anke.
Für Stefan Sauer, Architekt und Geschäftsführer der 3D Betrieb GmbH in Würzburg, ist eine Visualisierung dann gut, wenn der Kunde am Ende mit ihr zufrieden ist. Sauer: „Er wird in unserer mehrstufigen Projektabwicklung so weit wie möglich in den Visualisierungsprozess einbezogen.“ Beispielsweise bekommt der Auftraggeber zu Beginn die Screenshots des CAD-Modells zu Überprüfung. Danach werden Kameraposition und Perspektive festgelegt. Auch hier bekomme der Kunde erste Aufnahmen. Im dritten Schritt werden Previews gemacht, bei denen es letzte Korrekturmöglichkeiten gibt. Sauer: „Am Ende bekommt der Kunde nicht einfach ein fertiges Werk vorgesetzt, sondern war an der Entstehung des Renderings maßgeblich beteiligt.“
Auch Stefan Sauer berichtet, dass Immobilien-Unternehmer andere Anforderungen an Renderings haben als Architekten. Diese möchten ihr Werk in den Vordergrund stellen. Die Ausstattung des Gebäudes sei eher uninteressant. Immobilien-Leute dagegen wollen das Haus opulent präsentieren, am liebsten im Grünen mit vielen Terrassemöbeln und Sonnenuntergang. Sauer: „Die wollen nicht die Architektur verkaufen, sondern die Vorstellung, dort zu leben.“
Auch in Wettbewerben helfen Rederings oft. Hier sollen Sachpreisrichter, aber oft vor allem jurierende Architektenkollegen überzeugt werden. Daher sollten hier zum Beispiel bei Innenraum-Renderings nur solche Möbelklassiker oder Designobjekte verwendet werden, die dem aktuellen Architektengeschmack entsprechen. Sauer: „Bitte keine klassische Wohnlandschaft, wie man sie heute in jedem Wohnzimmer findet. Die Darstellung des Entwurf sollte sehr reduziert sein. Material, Licht und einen gute Perspektive stehen im Vordergrund.“
Stimmigkeit im Bild mit Platz für Abstraktion
Gerd Knobling in Düsseldorf produziert seit zehn Jahren 3D-Visualisierungen und Filme für Marketingzwecke und Architekturwettbewerbe. Auch für ihn sind das Licht und die Perspektive entscheidend für eine gute Visualisierung. Zu seinen Kunden gehören unter anderem RKW und HPP Architekten. Knobling: „Eine gute Wettbewerbs-Visualisierung ist letztendlich nicht ein fotorealistisches Rendering, sondern eine Stimmigkeit im Bild, die auch eine Abstraktion und Interpretation des Entwurfsgedankens zulässt.“ Ein wichtiger Punkt sei das Licht. „Wenn das Licht konsequent belassen wird, also nur mit einer Sonne oder der richtigen Beleuchtung gearbeitet wird, dann wird das entstehende Bild in sich konsequenter als eines, das nachträglich in Photoshop aufwendig nachretuschiert ist.“
Reinhard Windt in Jülich beschäftigt sich seit 20 Jahren mit Visualisierungen. Seit einem Jahr bietet der Architekt über Partner die Erstellung von 3D-Visualisierungen und Renderings für Dritte an. Seiner Meinung nach gibt es keine allgemeingültigen Parameter für ein gutes Rendering, sondern es kommt eher darauf an, ergebnisorientiert zu arbeiten. Windt: „Brauche ich die Perspektive, um zum Beispiel einen Wettbewerb zu gewinnen, sollte das Ergebnis zwar gut sein, oft aber auch so schnell und preiswert wie möglich erzielt werden.“
Weniger ist dann oft mehr. Mann solle sich auf zwei bis drei aussagekräftige Ansichten beschränken und diese dann besonders gut machen oder machen lassen. Die Wirkung einer gerenderten 3D-Perspektive hänge natürlich ganz stark von den Farben, der Materialwahl und der plastischen und der fotorealistischen Darstellung ab. Auch Tools für Reflexe, Spiegelung und Brechung seien wichtig. Das menschliche Auge erwartet immer irgendeinen Schatten, eine Spiegelung eines Baums in einer Fassade und die Brechung des Lichtes durch Luft, Wasser oder Glas. Reinhard Windt: „Da lässt sich das Auge nicht täuschen.“
Schlechte Renderings könnten zum Beispiel durch einen unglaubwürdigen und damit falschen Betrachtungsstandpunkt entstehen. „Auch eine aufwendige Zeichnung wirkt unrealistisch, wenn der Betrachtungsstandpunkt unrealistisch ist. Vogelperspektiven, Fischaugeperspektiven, Froschperspektiven und Parallelperspektiven kennt das menschliche Auge nicht. Sie sollten laut Windt vor allem genutzt werden, um etwas sonst gar nicht Verstandenes zu erklären oder zu zeigen. „Zum Beispiel die Vogelperspektive, wenn der Investor zeigen möchte, dass das Grundstück komplett bebaut ist oder wenn es um einen Innenhof geht, der in folgenden Bildern nicht als solcher erkennbar ist.“ Richtig sei der Betrachtungswinkel aus Augenhöhe, allenfalls mit leichter Neigung nach oben oder unten.