Wir sind reich an Baudenkmalen, aber es sei zugegeben: Manche erscheinen uns im Arbeitsalltag zunächst lästig. Wo Denkmalschutz wirkt, sind zeitgenössische Gestaltung, Funktionalität, Ökonomie und auch Ökologie häufig nur eingeschränkt umsetzbar. Wir Architekten sollten das nicht nur als Einschränkung sehen, sondern Denkmalpflege als das begreifen, was sie in ihrem Kern ist: eine Würdigung von Architektur und Baukultur und damit des Wirkens unseres Berufsstandes in der Vergangenheit. Das Baudenkmal spiegelt den Geist seiner Zeit wider, stärkt die Vertrautheit mit dem Ort, und oft ist es schlicht schön. Letztlich ist sein Schutz in der Regel sogar ökonomisch und ökologisch sinnvoll, weil Umgang mit überkommener Substanz nachhaltig ist.
Wiegt das mehr als die vordergründige Brauchbarkeit? Da steht schon das nächste Thema an. Nur ein genutztes Denkmal ist auf Dauer auch ein lebendiges Denkmal. Damit es leben kann, müssen drei sich finden: erstens der verantwortungsbewusste Eigentümer, zweitens der für Denkmale aufgeschlossene Architekt, der seinen Einfallsreichtum und ganzheitlichen Ansatz für eine Synthese von Bau und Nutzung aufbringt. Und drittens der Denkmalpfleger, der auf Basis seiner Sachkenntnis auch das gewisse Gespür für das richtige Maß von Konservieren und Verändern, für Bewahren und Preisgeben mitbringt.
Die gesellschaftliche Basis ist da: Unzählige Liebhaber, Vereine, Bürgerinitiativen und Stiftungen engagieren sich in dem Metier. Diese Zivilgesellschaft braucht hier auch einen starken Staat. Nur er kann das allgemeine Interesse an einer langfristigen Bewahrung des Kulturguts gegen kurzfristige und individuelle Interessen an einer bequemeren Lösung durchsetzen. Ein auf diesem Feld beherzter Staat ist kein totalitärer Staat, im Gegenteil: In den ostdeutschen Bundesländern konnte mit dem Einzug der Demokratie und natürlich auch neuer wirtschaftlicher Verhältnisse der Verfall vieler alter Häuser und Städte gebremst und gestoppt werden; vielerorts hat neues Leben begonnen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben das wirksam flankiert.
Wenn es jetzt wie in Sachsen darum geht, diese zu modernisieren, letztlich den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, dann sollte nicht ein Paradigmenwechsel die seit gut zwanzig Jahren in Sanierung befindliche Denkmallandschaft erschüttern, sondern es müssen Wege gesucht werden, die Reduzierung der Verwaltungsaufgaben fachlich zu kompensieren. Zur Diskussion steht hier eine Übertragung von Aufgaben an qualifizierte Dritte, ein in anderen Bereichen auch der baulichen Betätigung erfolgreich beschrittener Weg. Die fachliche Bewertung eingereichter Anträge oder angezeigter Änderungen und die qualifizierte Vorbereitung von Verwaltungsentscheidungen – das sind keine undenkbaren Aufgaben für Architekten, vielmehr ein Angebot des Berufsstandes. Und ein Bekenntnis, sich den wandelnden Anforderungen der Gesellschaft zu stellen. Wenn sich der Staat zurückzieht, das Feld aber nicht unbestellt bleiben darf, dann müssen und können andere die Lücken schließen. Wir können Verantwortung übernehmen für das Objekt und in der Beurteilung der Vorstellungen von Kolleginnen und Kollegen. Für viele von uns möglicherweise ein neuer Gedanke. Sicher aber mehr als gerechtfertigt für die Bewahrung des baukulturellen Erbes.
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