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Zurück Denkmalschutz im Streitgespräch

„Eine Frage der Kommunikation“

Denkmalschutz übertreibe manchmal, meint DAB-Redakteur Roland Stimpel. Er werde im Gegenteil untertrieben, entgegnet DAB-Autor Jürgen Tietz

28.10.201011 Min. 4 Kommentar schreiben
Roland Stimpel, DAB-Chefredakteur

Stimpel: Ungefähr eine Million Baudenkmale in Deutschland verlangen Geld, Sachverstand, angemessene Nutzungen, amtliche Aufmerksamkeit und öffentliche Würdigung – und von allem mehr, als unsere Gesellschaft geben will. Die knappen Ressourcen sind oft willkürlich und zufällig auf die Denkmale verteilt. Wir könnten Denkmale besser pflegen, wenn wir weniger hätten.

Jürgen Tietz, DAB-Autor

Tietz: Maximal drei bis fünf Prozent des gebauten Bestands sind geschützt. Das sind nicht zu viele Denkmale, sondern eher zu wenige. Wir können uns nicht auf wenige Leuchttürme von globaler und nationaler Bedeutung beschränken, wie das zum Beispiel nach dem Entwurf des sächsischen Denkmalgesetzes droht. Deutschland ist groß und hat eine reiche Kulturlandschaft, die wir in ihrer Vielfalt wertschätzen müssen.

Und wenn diese Wertschätzung nicht für alle ausreicht, was dann?

Welchem Bau wollen Sie den Denkmalstatus nehmen? Etwa dem Schulhaus oder Kirchlein im kleinen märkischen Dorf, das man mit ein paar Tausend Euro für die Abdichtung von Dach oder Fenster bis auf Weiteres retten kann? Solche Denkmale gibt es Zigtausende – und sie sind wichtig, um zum Beispiel in schrumpfenden Regionen überhaupt den Charakter eines Ortes zu bewahren und Identität zu stiften. Viele Denkmale schöpfen Mittel aus ihrer unmittelbaren Nachbarschaft – denn beim Denkmalschutz geht es ja nicht allein ums Geld, sondern auch um das bürgerschaftliche Engagement insgesamt vor Ort und für den Ort. Und das würde leiden, wenn nur noch Kirche und Schloss in der Landeshauptstadt Denkmalstatus besitzen.

Klar: Auch unspektakuläre Bauten können lokal von herausragender Bedeutung sein und Initiative wecken. Aber insgesamt droht dem Status „Denkmal“ inflationäre Entwertung, je mehr Bauten ihn erhalten und je beliebiger manche Begründung für den Schutz wirkt. Deren Kern heißt oft nur noch „Zeugnis für …“. Und das ist letztlich jedes ältere Haus.

Der Denkmalbegriff ist in den letzten Jahrzehnten nicht simpler geworden, sondern im Gegenteil komplexer und vielschichtiger. Aber ich verstehe Ihren Einwand: Das erschwert für manche Menschen die Nachvollziehbarkeit, was ein Denkmal ist und warum. Daher ist es besonders wichtig, dass die Denkmalbehörden die Inhalte und Schutzgründe vermitteln. Dafür müssten sie aber personell hinreichend ausgestattet sein. Das ist leider nicht der Fall. Im Gegenteil: Aufgrund von Stellenstreichungen sind heute die Denkmalpfleger in den meisten Bundesländern gar nicht mehr in der Lage, dem ihnen gestellten gesetzlichen Auftrag nachzukommen. In einigen Ländern ist sogar die Inventarisation von Denkmalen ausgesetzt; da droht der Verlust ganzer Denkmalschichten. Wichtige Kommunikationsaufgaben können daher nicht angemessen geleistet werden.

Da sehe ich nicht nur Ressourcenmangel, sondern bei wachsender Zahl der Denkmale auch ein Verblassen des Besonderen. Je mehr Denkmale es gibt, desto weniger unterscheiden sich viele von der Masse der anderen Bauten. Und desto willkürlicher erscheint manchmal ihr Status.

Von Willkür kann wirklich keine Rede sein. Jede Unterschutzstellung muss ausführlich begründet werden; ihr gehen gründliche Recherchen vor Ort, in Akten und Archiven voraus, häufig auch wissenschaftliche Bauforschung.

Auch beim Umgang mit geschützten Denkmalen sind die Maßstäbe nicht immer nachvollziehbar. Mal ist jede Zeitschicht heilig, sodass zum Beispiel beim barocken Berliner Schoeler-Schlösschen die Denkmalbehörde jahrelang die Bewahrung eines Dachaufbaus der Nazizeit verlangte. Mal zählt nicht der Zustand der letzten hundert Jahre, sondern ein älterer Befund, wie etwa beim Rathaus von Malchow in Mecklenburg, das gegen lokalen Protest seinen früheren Anstrich auf dem bis dahin sichtbaren Fachwerk zurückerhielt.

Den Fall kenne ich im Detail nicht. Es kann richtig sein, einen Vorzustand wiederherzustellen, um Bauschäden vorzubeugen – wenn zum Beispiel ein Putz in jüngerer Zeit entfernt wurde und eine Wand darunter leidet. Beim Schoeler-Schlösschen trafen jedoch zwei grundsätzlich andere Auffassungen von Denkmalschutz aufeinander. Manchmal muss abgewogen werden, was erhalten werden kann, oft aus ganz pragmatischen Gründen. Dieses Problem kennt jeder Archivar – und jeder, der eine randvolle Computer-Festplatte hat. Lösen lässt sich das nur in einem Diskurs zwischen den beteiligten Akteuren. Dabei sollte aber stets gelten, so viel historische Denkmalsubstanz zu bewahren wie möglich – auch aus jenen Geschichts­epochen, an die manch einer heute gar nicht mehr erinnert werden möchte. Denkmale sind Dokumente unserer Geschichte und keine freie Verfügungsmasse, um das Geschichtsbild nach Geschmack zu verändern.

Es gibt einen Grundwiderspruch in jenem Denkmalschutz, der alle Zeitschichten würdigen will: Jede Veränderung bis zu dem Moment, in dem ein Bau unter Schutz gestellt wird, ist heilig. Jede Veränderung ab diesem Moment ist eher unerwünscht. Je länger ein Bau schon unter Schutz steht, desto größer wird der Mangel an dem, weswegen er zunächst geschützt wurde: der Dokumentation von Veränderung über die Zeiten hinweg. Das Denkmal ist quasi eingefroren.

Das sind erfahrungsgemäß die wenigsten Denkmale, etwa Schlösser. Aber selbst dort passiert immer etwas – mal eine neue Belüftung in museal genutzten Räumen, mal vielleicht eine neue WC-Anlage. Und bei Bauten mit alltäglicher Nutzung gibt es diesen schockgefrosteten Zustand nach meinen Erfahrungen ohnehin nicht. Auch für die Denkmale ist es besser, wenn der Bau weiterentwickelt wird, statt dass er leer steht und verfällt. Denkmalschutz erfüllt auf der einen Seite das Grundrecht auf Erinnerung, lässt aber auch die Möglichkeit einer zeitgeschichtlichen Weiterentwicklung offen, solange diese nicht gegen das Denkmal gerichtet ist.

Sie nannten das Bedürfnis nach Erinnerung. Da konzentriert sich Denkmalpflege auf die überlieferte Materie, die aber für Laien und ohne Erläuterung nicht immer verständlich und erlebbar ist. Laien wollen und brauchen stattdessen Bilder. Aber ihrer Wahrnehmungsart verweigert sich die Denkmalpflege oft. Bilder des Alten ohne alte Materie sind für sie sogar tabu und werden bekämpft.

Auch der Augenschein spielt eine wichtige Rolle. Aber natürlich ist die Materie der primäre Träger dessen, was die Geschichtlichkeit eines Denkmals ausmacht. Man kann die Erscheinung nicht von der Substanz lösen. Wer das tut, geht von der Überlieferung zur Fiktion.

Ein Schlachtengemälde kann mehr von einer Schlacht erzählen als der authentische Helm, den Jahrhunderte später ein Bauer auf dem Acker findet.

Das kommt auf die Aufbereitung des Helms an. Jede Erzählung ist ein Mosaik, das sich aus verschiedenen Elementen zusammensetzt. Darin ist die Materialität der essenzielle Träger von Informationen – beim Denkmal beispielsweise auf dem Weg der Bauforschung. Je mehr Materie erhalten ist, desto mehr Informationen werde ich haben. Je mehr Veränderungen Materie erfahren hat, desto mehr erfahre ich darüber, wie mit ihr umgegangen worden ist.

Das spricht für sich, aber nicht gegen Bilder.

Vor Kurzem haben sich viele über einen Kunstfälscher erregt: Bis dahin für echt gehaltene Pechsteins waren plötzlich nicht mehr Pechsteins, vorgebliche Giacomettis keine Giacomettis mehr. Aber den gleichen Leuten scheint es egal zu sein, ob ein Berliner Schloss von Andreas Schlüter ist oder nicht.

Pechstein und Giacometti sollen selbst den Pinsel geschwungen haben, oder auch nicht. Schlüter hat den Bildschmuck am Berliner Schloss entworfen, aber nicht selbst geformt. Das haben andere vielleicht drei Jahre später gemacht – wieder andere machen es vielleicht 300 Jahre später.

Den Unterschied macht, dass ein Schloss von heute vorgeben würde, aus der Schlüter-Zeit zu sein.

Man kann die Originalmaterie hoch schätzen – aber warum das Bild so niedrig?

Mit ihm lässt sich in unserer bildfixierten Welt oft schneller eine Wirkung erzielen. Die Geschichte lässt sich aber nur mithilfe von Materie aufklären und vermitteln, die Informationen über die vergangenen Zeiten enthält. Das bedarf unter Umständen einer Erklärung, eröffnet aber eine ganz andere Faszination und Offenbarung.

Dafür hat die Überlieferung von Materie unstreitig ihren Sinn. Aber sie hat keinen Monopolanspruch, sie darf zum Beispiel die Übermittlung von Geschichte durch Bilder oder Nachbauten nicht tabuisieren. Es gibt inzwischen reihenweise Kopien von Shakespeares Globe Theatre. Kein Stück Holz ist aus der Shakespeare-Zeit. Aber man kann darin viel mehr über die damalige Theaterpraxis erfahren, als wenn man in London am Originalort noch ein 400 Jahre altes Holzstück fände.

Man kann Nachbauten auch als künstlerisches Mittel einsetzen, indem man zum Beispiel die Doublette von Goethes Gartenhaus durch Thüringen wandern lässt. Solange jeder weiß, dass das nicht Goethes Gartenhaus ist, bin ich dabei schmerzfrei. Ein Problem wird es, wo zwischen dem einen und dem anderen nicht mehr unterschieden wird – wo am Ende Kinder vor einem Baumarkt stehen und sagen, der sei von Gropius, weil da „Bauhaus“ dransteht. Aber viele Gebäudekopien geben vor, einen Denkmalstatus zu besitzen, der ihnen nicht zukommt.

Welches rekonstruierte Haus der letzten Jahrzehnte tut das?

Die Frauenkirche in Dresden wird es lautstark tun, wenn sich erst die Farbe der originalen und der neuen Steine angeglichen hat und man den Unterschied nicht mehr sieht. In Frankfurt tut es die sogenannte Alte Stadtbibliothek, die aber nicht alt ist, sondern von Christoph Mäckler vor ein paar Jahren einem kriegszerstörten Haus nachgebaut wurde.

Über das Baualter kann man ja informieren. Wo man es zu wenig tut, drohen auch manche materiell authentischen Denkmale zu lügen. Dazu ein Gedankenspiel: Wäre im Berliner Palast der Republik kein Asbest gewesen, dann stünde er heute im Reiseführer als „Originaldokument der DDR“. Und was für eins: transparent, offen, einladend, entspannt, konsumfreudig. Dabei war er schon damals als Kontrast zum Alltag der DDR angelegt, nicht als deren Repräsentanz.

Genau das ist der Punkt. Er würde wenig über den Alltag erzählen, aber viel über das Selbstbild, das die DDR von sich erzeugen wollte. Der Palast würde nicht lügen, sondern seinen eigenen Teil der Geschichte erzählen. Und nur mithilfe unterschiedlicher Erzählungen kommt man zu einem Bild, das der Komplexität der Wirklichkeit entspricht.

Aber der Palast würde andere Erzählungen übertönen, so prominent wie er und sein Standort wären. Man müsste extrem großen Stimmaufwand betreiben, damit diese Geschichte nicht dominiert. Schließlich könnte man nicht jeden Palastbesucher anschließend in die Straßenbahn setzen, die ihn dann eine Stunde lang ostwärts durch Plattenbaugebiete fährt.

Ich kann nachvollziehen, dass man diese Geschichte nicht so stehen lassen will. Aber wenn Sie solche Aussagen nicht mögen, müssen Sie auch gegen die Rekonstruktion des Berliner Schlosses sein. Es zeigt doch nicht das Leben der armen Preußen im vierten Hinterhof.

Das Schloss hat nie den Anspruch erhoben, das Volksleben zu repräsentieren. Der Palast der Republik schon.

Das ist alles eine Frage der Information und Kommunikation. Aber die setzt immer originale Anschauung voraus. Im Übrigen: Wäre der Palast erhalten geblieben, sähe er heute vermutlich anders aus als zu Honeckers Zeiten. Da hätte es bestimmt bald nach 1990 einen Wettbewerb zur Optimierung und Aneignung durch die neue Zeit und Nutzung gegeben. Vielleicht wäre er heute eher ein sehr spannendes Zeugnis der Nachwendezeit und der Aufarbeitung von DDR-Vergangenheit als ein Zeugnis der DDR selbst.

Zu einem ganz anderen Thema: dem Verhältnis von Architekten und Denkmalschutz. Ich finde es sehr erfreulich, wie sich der Berufsstand für den Erhalt wertvoller Bauten engagiert.

Ich bin nicht ganz so erfreut. Viele Architekten haben bis heute nicht verstanden, worum es geht. Es fehlt oft das Bewusstsein für die nötige Behutsamkeit im Umgang mit dem Bestand. Es fehlt das Verständnis dafür, dass nicht nur bei Denkmalen, sondern auch bei Sanierungen generell die Bauforschung zu einem besseren Ergebnis führen kann – für das Gebäude, nicht nur für den Denkmalschutz.

Ich sehe viel Sensibilität und Respekt auch bei zeitgenössischen Ergänzungen.

Die gibt es, aber es gibt auch oft die Angst, entwurflich eingeschnürt zu sein im Kontext eines historischen Bauwerks, die Angst, keine eigene Duftnote hinterlassen zu dürfen. Da bräuchten Architekten mehr Demut.

Selbstbewusstsein ist nicht erlaubt?

Doch – aber in der Auseinandersetzung mit dem Vorhandenen und dem Kontext. Zum Beispiel so, wie Helmut Dietrich das beim Angelika-Kauffmann-Museum in Schwarzenberg in Österreich geleistet hat. Dem Haus von 1556 wurde im lange Zeit ungenutzten Wirtschaftsteil in Maßarbeit ein Museum eingefügt, das die hohen technischen Anforderungen an Museumsbauten erfüllt und dennoch den Dialog mit dem Alten auf Augenhöhe führt. Aber das geht nur mit viel Verständnis für Baugeschichte.

… die gelehrt wird.

Ich unterrichte selbst und habe da wenig Hoffnung. Die meisten Architekturstudenten kennen die Grundlagen der Baugeschichte kaum und manche wollen sie auch gar nicht kennenlernen.

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4 Gedanken zu „„Eine Frage der Kommunikation“

  1. ich glaube der denkmalschutz hat noch nicht begriffen in welchem jahrhundert wir leben: dem jahrhundert des klimawandels !
    alles, aber auch alles hat sich diesem menschheitsbedohenden problem unterzuordnen.
    jedes einzelne nicht klimagerecht gedämmte haus in deutschland verurteilt einen menschen in bangladesch oder der südsee wenn nicht zum tod, sodoch zu leid und elend.
    lassen sie uns unsere denkmäler für hundert jahre warm einpacken, und wenn wir es geschickt angestellt haben (TJI-trägerfassaden ohne oberflächenzerstöhrung) dann wieder auspacken.
    till ratzeburg, architekt, berlin

    Antworten
  2. Lässt man die Frage des tatsächlichen “amtlichen Denkmalschutzes” einmal außer acht, geht es im Kern doch um die Frage, wie viel Bewahrung und Erinnerung können und wollen wir uns leisten, in einem Land, das durch den letzten Krieg schon unzähliger Denkmale beraubt wurde? Gibt es überhaupt eine Denkmalkultur in Deutschland? Wird der Denkmalschutz als Vehikel für staatliche Leistungen oder als Investitionshindernis gesehen?
    Bei Gebäudedenkmalen gelten doch oft nur noch die Fassaden als schützenswert. Dahinter wird ein neues Haus gebaut und die Hülle daran befestigt. Andere Denkmale werden teilweise abgerissen und zusammen mit einem An- und Neubau verfälscht, wie etwa die Frankfurter Großmarkthalle von Martin Elsässer, die der Frankfurter Volksmund “Gemieskerch“ (Gemüsekirche) nannte. Bald sitzt hier die EZB mit einem Turm von coophimmelb(l)au Oder das traditionsreiche Rundschauhaus > gleich komplett abgerissen. Und ob der Neubau an gleicher Stelle überhaupt kommt steht in den Sternen. Demgegenüber wurde das Thurn und Taxis Palais “vorbildlich” saniert/rekonstruiert, um dann leer zu stehen. Im Innenhof finden nun drittklassige Modeschauen und LEGO-events statt. Von der ursprünglich geplanten Gastronomie, dem Festsaal für Bankette und Hochzeiten ist nichts zu sehen. Denkmale ohne Nutzung braucht niemand. Aber die völlige Preisgabe des Denkmalschutzes ist genauso falsch. Und: Baudenkmale müssen sich entwickeln dürfen, solange sie nicht entstellt werden. Auch historische Gärten und Parks sind Denkmale und verändern sich allein durch Wachstum täglich. Ihre Funktionalität muss für die jeweilige Gegenwart gegeben sein.
    Gebäude, Stadtviertel, Grünflächen, Einzel- und Personendenkmale erzählen uns Geschichten darüber, wer wir sind, wohin wir gehören und sie vermitteln ein Gefühl darüber, wo wir zu Hause sind. Mit allem, was zerstört oder entfremdet wird, geht auch ein wenig von diesem Gefühl verloren.

    Antworten
  3. Ein endgültiges Urteil werde ich mir in zwei Wochen bilden, wenn ich mir den Kollegenbau in Erfurt angeseh’n habe. Wenn dann noch möglich, werde ich mich hier noch’mal verbreiten. Das im Architektenblatt veröffentlichte Photo ist nicht sehr aussagekräftig, handelt es sich hinter dem Neubau um eine inzwischen und vor allem zukünftig als Fußweg genutzte Baulücke? Wie sieht’s vorn‘, d.h. links von dem Gebäude aus?
    Heute nur soviel:
    1. In einer Zeit, in der lächerliche Rekonstruktionen, wie gegenüber des Frankfurter Römers oder jetzt anstatt des abgerissenen technischen Rathauses Disneyland-Bauten erreichtet werden, ist es sicher erfreulich, wenn nicht historisierend (also verlogen!), sondern der Zeit entsprechend beste Architektur geplant wird. Aber ist das hier so?
    2. Was würde aus der Pergamentergasse, wenn mehrere derartige Bauten dort entstünden. Also solche, die auf die Architektursprache des Umfelds keine oder nur noch sehr begrenzt eingehen würden? Sie stürbe einen bitteren Tod! Das Bauwerk der Kollegen Mester & Deckert lebt von der Nachbarbebauung; selbst ist es eher eine Wunde im Herzen der Erfurter Altstadt. Und wie ich hoffe, eine einmalige Entgleisung!
    3. Der kürzlich verstorbene Harald Deilmann hat „Am Drubbel“ in Münster (Westfalen) schon vor mehreren Jahrzehnten ein wunderbares Beispiel dafür geliefert, wie so’was geht; beim Haus zur Rose in Erfurt scheint mir das nun wirklich nicht der Fall zu sein.
    4. Es gilt auch hier – Provokation ersetzt nicht Qualität! An dieser Stelle hätte ich mir einen Deilmann gewünscht oder selbst gern‘ den Auftrag übernehmen dürfen.
    Ganz bestimmt hätt’s die alberne Alukettengardine ebensowenig gegeben, die seitens der Kollegen sicher sehr bald durch einen geeigneteren Abschluß ersetzt wird (im Laufe der Zeit werden Deckert & Mester die Lust an der ständigen Reparatur und der Unratsbeseitigung verlieren) wie diese Fensterbänder. Wenn schon Fensterbänder, dann sicher das höhere im I. OG und das niedrigere darüber.
    Ulrich Krüger-Limberger
    Architekt AKH
    65527 Niedernhausen

    Antworten
  4. Inzwischen hab‘ ich mir das Gebäude in natura angeseh’n; es ist noch viel schlimmer als befürchtet. Ich kann nur hoffen, daß die Erfurter Denkmalspflege (und die Baubehörde) aus dieser unverzeihlichen Entgleisung lernt und so’was niemals mehr genehmigt!
    Ulrich Krüger-Limberger
    Architekt AKH
    65527 Niedernhausen (Hessen)

    Antworten

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