Von Cornelia Dörries
„Design ist heutzutage zu einer Krücke des Marketings verkommen.“ Zu einer solchen Erkenntnis kann sich nur ein Designer wie Philippe Starck durchringen. Einer, der bereits früh erkannte, dass die Kunst in der „Ethik des Weglassens“ besteht. Schon bei seiner legendären Zitronenpresse hat er ja nahezu alles weggelassen, mit dem sich eine Zitrone auspressen ließe.
Doch inzwischen hat er sich von der Erfindung formschöner Gebrauchsgegenstände ganz verabschiedet. Er macht jetzt in Immobilien. Zusammen mit dem Engländer John Hitchcox betreibt er das Unternehmen „yoo“: schlüsselfertige Design-Apartments, konfektioniert für den globalen Hochpreissektor. Getreu seiner Devise: „Die einzige Eleganz liegt in der Vervielfältigung“, und auch, weil die zahlungskräftige Kundschaft weder Nerven noch Zeit hat, sich unnötig lange mit der Einrichtung ihres neuen Habitats zu beschäftigen, gibt es die von Starck gestalteten Wohnungen der Einfachheit halber nur in vier Kategorien: Die mit viel Holz sind für die Zielgruppe „Natur“; richtig erkannt wurde auch die Vorliebe der „Minimal“-Performer für aseptisches Zinkweiß, und spätestens beim Anblick von Kaschmirplaids und Kuschelsofa fühlen sich die wählerischen Adepten der Linie „Classic“ gut aufgehoben. Allein die Konsumenten des „Culture“-Segments lassen uns etwas ratlos zurück. Angeblich finden sie mit Verbandszeug umwickelte Ess-Stühle toll.
Aber egal. Raumausstattung kann so einfach sein. Und warum sollen sich moderne Menschen auch monatelang mit spinnerten Innenarchitekten und deren vermessenen Ideen herumschlagen, wenn ein beherztes Votum für eine Prêt-à-porter-Möblierung von Starck reicht und man danach ein über jeden Zweifel erhabenes „branded home“ sein Eigen nennen kann? Das Geschäft, so ist zu hören, läuft bombig. Nehmen Sie sich ein Beispiel: Für eine Handvoll serienreifer Entwürfe ist nämlich nur ein bisschen Vulgärsoziologie vonnöten. Der Erfolg kommt dann ganz von selbst. Fragen Sie Philippe Starck.