Von Jürgen Mrosko
Vor 1920 gab es nur geringe Anforderungen an die Bauphysik. Wärmedämmung und Schallschutz waren noch kein Thema. Die Konstruktionen sind eher einfach ausgeführt, Kellerwände häufig noch nicht abgedichtet. Besonders beachten sollte man Putzschäden und Risse sowie die Spenglerarbeiten. Vorteil dieser Gebäude: es gibt eigentlich keine problematischen Baustoffe.
In den 1930 er Jahren sind die Folgen der Weltwirtschaftskrise auch bei den Gebäudetypen zu erkennen. Minimale Raumgrößen und -höhen werden häufig auf großen Grundstücken realisiert, da der Garten der zusätzlichen Versorgung mit Lebensmitteln dienen sollte. Heute sind diese Grundstücke begehrt, da sie meist noch ein Potential für Anbauten haben und einen großen Freiraum bieten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde meist mit minimalen Materialeinsatz gebaut. Häufig wurde Ziegelsplit mit Beton vermischt. Dämmung oder, Schallschutz spielten keine wichtige Rolle. Erste Entwicklungen der Bauchemie wurden auf den Markt gebracht. Asbestplatten, Ölanstrich, Bitumenkleber und viele andere problematische Baustoffe kamen zum Einsatz. Bei einem Haus aus dieser Zeit sind auf jedem Fall sorgfältige Schadstoffuntersuchungen zu empfehlen, besonders wenn die Bauherren einen hohen Anteil an Eigenleistung einbringen wollen.
In den 1960er und 70er Jahren setzte sich Beton als Baustoff immer mehr durch. Kellerwände wurden abgedichtet und Drainagen vorgesehen. Die Ölheizung wird Standard. Wärmedämmung und Isolierverglasung spielten keine Rolle. Ein relativ sorgloser Umgang mit der Baustoffchemie war üblich. Flachdächer wurden mit den ersten Abdichtungsbahnen versehen, welche letztendlich ihren schlechten Ruf verursachten. Der Typus des Bungalows wurde aus Amerika importiert, der Umgang mit dem Grundstück war oft verschwenderisch. Heute lässt sich auf manche Bungalows nachträglich ein Geschoss aufsetzen, entweder als eigene, abgeschlossene Wohnung oder als Erweiterung der Bestandswohnung.
Erst ab den 1980er Jahren wurden Schall- und Wärmeschutz wichtige Planungsthemen. Mineralwolle in den Dächern setze sich durch, allerdings häufig ohne rechtes Verständnis für die bauphysikalischen Folgen, etwa Tauwasseranfall im Dachstuhl mit entsprechend angefaulten Holzkonstruktionen. Oft müssen Bauherren ein fertig ausgebautes bzw. verkleidetes Dachgeschoss wieder zurückbauen, um dann für viel Geld eine zeitgemäße Dämmung einzubauen und vor allem eine technisch korrekt abgestimmte Bauteilfolge zu realisieren. Der Wohlstand dieser Zeit lässt sich ablesen an den immer vielfältigeren Baumaterialien, welche durch ungehemmten Einsatz meist das gesamte Sortiment der Baumärkte in einem Gebäude repräsentieren. In Ostdeutschland war auch ein Großteil der Einfamilienhäuser bis 1990 mangels Materialien und Handwerkern veraltet und verschlissen. Seitdem wurde der größte Teil saniert und modernisiert – mit sehr unterschiedlichen Qualitätsstandards und Ergebnissen.
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