Selten produzierte ein Fachbuch schon ein Jahr vor Erscheinen solche Aufregung: Als Hans Stimmann Berliner Architekten um Material über ihre Stadthäuser bat, verweigerten sich einige jüngere Kollegen in zwei offenen Briefen: „Unsere Projekte basieren auf Eigeninitiative und stehen in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der damaligen Stadtpolitik“, womit Stimmanns Zeit als Senatsbaudirektor gemeint war. Nun ist das Buch erschienen – und es zeigt sich, dass Stimmann und seine Kritiker tatsächlich das Gleiche wollen: engagierte Stadtbürger statt passive Wohnkonsumenten, mehr Vielfalt an Haustypen, Lebensweisen und Eigentumsformen. Dies zeigt sich auch daran, dass ein Stimmann-Kritiker wie Roger Bundschuh im Buch gleich auf elf Seiten in drei Kapiteln vorkommt.
Worum der echte oder scheinbare Konflikt sich dreht, schreibt Dieter Hoffmann-Axthelm: „Funktional entscheidet sich hier nichts, es geht nur um einen Bilderstreit.“ Das steht in Hoffmann-Axthelms historisch-analytischem Buch zum selben Thema im selben Verlag. Mit seinem Materialreichtum und seiner Differenzierung bietet es weit mehr als eine lokale Berliner Baugeschichte: faszinierendes Material zur Frage, wo großstädtisches Wohnen herkommt und wo es hingehen könnte.
Dieter Hoffmann-Axthelm: Das Berliner Stadthaus. 312 Seiten, 28 Euro
Hans Stimmann: Stadthäuser. Handbuch und Planungshilfe. 367 Seiten, 68 € (ab 15.2.: 78 Euro),
Beide Bücher sind erschienen bei DOM-Publishers, Berlin