Von Michael Sudahl
Ein Zimmermann aus dem Schwarzwald gibt sich in seinem Prospekt als Allrounder aus: Er übernimmt von der ersten Skizze bis zur Ausführung alle Arbeiten, wenn Bauherren ihren Dachstuhl aus- oder umbauen wollen. Ein Maurer aus Hessen wirbt auf seiner Website damit, dass er Einfamilienhäuser um ein Vollgeschoss aufstockt und dabei alle Leistungen aus einer Hand liefert, inklusive Planung und Baugenehmigung. Doch mit diesen Offerten verstoßen die ehrgeizigen Handwerker gegen die jeweiligen Landesbauordnungen (LBO).
Jährlich rund hundert Verstöße
Im Land Baden-Württemberg ist beispielsweise unter Paragraph 43 geregelt, wer neben Architekten, Innenarchitekten, Bautechnikern und -ingenieuren als Entwurfsverfasser Bauvorlagen und Ausführungsplanungen erstellen darf. Friedrich Pfeffer, Geschäftsführer der Wettbewerbszentrale im Schwabenland, verweist aber auf Absatz vier: „Maurer, Betonbauer, Stahlbetonbauer oder Zimmerer, die eine Meisterprüfung abgelegt haben, können ebenfalls als Entwurfsverfasser auftreten“, sagt Pfeffer.
Allerdings dürfen die Genannten nur bis zu einem bestimmten Umfang Pläne erstellen. Im Südwesten fallen unter die sogenannte kleine Bauvorlagenberechtigung Wohngebäude mit einem Vollgeschoss bis zu 150 Quadratmeter Wohnfläche, eingeschossige Gewerbegebäude mit bis zu 250 Quadratmetern Grundfläche bis zu einer Wandhöhe von bis zu fünf Metern und landwirtschaftlich genutzte Gebäude bis zu zwei Vollgeschossen mit gleicher Grundfläche wie die Gewerberäume. „Für alles, was über diese Größen hinausgeht, ist es den Handwerkern verboten, Bauvorlagen zu erstellen“, verdeutlicht Rechtsanwalt Pfeffer.
Etwas anders regelt die hessische Bauordnung (HBO), wer bauvorlageberechtigt ist. Zwar sind auch hier die Maurer, Betonbauer und Zimmerleute mit Meisterbrief berechtigt, als Entwurfsverfasser Pläne einzureichen, allerdings in anderen Größenordnungen. So dürfen von ihnen geplante Wohngebäude in Hessen nicht mehr als zwei Wohnungen haben und müssen kleiner als 200 Quadratmeter sein. Andere Bundesländer schränken die Handwerker noch stärker ein. In der Bauordnung von Nordrhein-Westfalen etwa sind als Entwurfsverfasser gar keine Handwerksmeister zugelassen, Gleiches gilt für Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein.
Dass diese Grenzen trotzdem oft von Handwerkern überschritten werden, wissen Pfeffer und seine Kollegen. Bundesweit landeten den Wettbewerbshütern im Jahr 2011 rund 100 Fälle auf dem Tisch. Wenn ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, flattert den Handwerkern eine Unterlassungsaufforderung ins Haus. 219,35 Euro sind dann als Aufwandsentschädigung sofort fällig. Und in der Unterlassungserklärung, die der Sünder unterschreiben soll, setzt die Wettbewerbszentrale mindestens 4.000 Euro Vertragsstrafe an, die bei Wiederholung fällig wird. Aktiv werden die Rechtsanwälte, wenn sie Hinweise von den Architektenkammern bekommen, die Mitglieder bei der Wettbewerbszentrale sind.
Nicht nur Handwerker sündigen
Sehr bedauerlich: Nicht nur Handwerker sind Sünder. Im letzten Jahresbericht der Wettbewerbshüter (2010) ist zu lesen, dass die Anwälte mehr als 150 Beschwerden und Anfragen aus der Branche „Architekten und Ingenieure“ bearbeiteten. Schwerpunkt waren Verstöße gegen das Architektengesetz und Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze.
Michael Sudahl ist freier Fachjournalist in Stuttgart.
Guten Tag,
Ich bin Dipl.-Ing. (FH) Architektur, Studienabschluß Diplom an der FH Münster
im Jahr 1978.
Bin ich nach wie vor bauvorlageberechtigt – ohne Mitglied einer Kammer zu
sein. Ich habe seit über 30 Jahren Bauvorlagen eingereicht – aber jetzt wird
von der einen oder anderen Behörde eine Kammermitglöiedschaft verlangt.
Ist das Rechtens ? Ich ging bislang immer von „Besitzstandswahrung“ aus -da ich nach meinem Studium und 4 Jahren Praxis in Arch.-Büros – schon Bauanträge seinerzeit ab 1982 eingereicht habe. Danke für ihre Info. Keiner
kann mir bislang weiter helfen….Das wäre wirklich sehr hilfreich. Gruß Schulte