Autohaus-Glaspaläste mitzufinanzieren, habe ich mich schon immer geweigert und deshalb von jeher meine Hinterhofwerkstatt angesteuert, um mich des dort unvergleichlichen Kundendienstes zu erfreuen. Doch nun bin ich selbst Besitzer eines Glashauses. Als Pfarrer auf dem Lande, der vor einiger Zeit den Neubau seines Pfarrhauses bezogen hat. Transluzent sei die Bauweise, so hat es ein Architekturprofessor formuliert.
Mit den fast wandfüllenden Fensterelementen von der Decke bis knapp über den Parkettboden fühle ich mich wie im Aquarium und verstehe nicht, warum ein Gelehrter Transluzenz und Transparenz nicht auseinanderhalten kann. Denn Fenster sind ja bekanntlich nicht nur licht-, sondern auch blickdurchlässig. So kann meine Kirchengemeinde jederzeit Einblick in das Leben ihres Pfarrers nehmen. Was macht er gerade? Schreibt er an seiner Sonntagspredigt oder lümmelt er sich auf dem Sofa? Küsst er seine Sekretärin? Trinkt er Wasser, obwohl er neulich Wein gepredigt hat?
In seiner dezenten optischen Penetranz wirkt das Gebäude fast unaufdringlich und trotzdem schick-modern. Doch wo Riesenfenster den Raum dominieren, fehlt Stellfläche. So mussten etliche Bücherregale in den Keller verbannt werden, mitsamt den dazugehörigen Büchern. Der Trend zum offenen Wohnen lässt kaum noch Wandfläche, um Bilder aufzuhängen.
Stattdessen allüberall: Licht, Licht, Licht. Auch wenn mancher Pfarrer berufsbedingt eine Vorliebe für Lichtmetaphorik pflegt („Wir tragen nun symbolisch eine Kerze zum Altar …“), bleiben Ozonloch und Melanom als Mahnungen an das schädigende Potential der Sonne. Diese kann nicht platonisierend auf ein Hoffnungszeichen für im Dunkeln lebende Höhlenbewohner reduziert werden, sondern trägt bei transluzenter Bauweise ihren Teil zur Zerstörung wertvoller Kulturgüter bei. Die Buchrücken der verbliebenen Bücher bleichen ebenso aus wie die Papierinlays der geliebten CD-Sammlung; die Farben der Aquarelle verlieren an Brillanz. So beschädigt moderne Architektur althergebrachte Kultur – in optisch penetranten Gebäuden mit transluzenten Räumen.
Michael Fragner ist Pfarrer in Geroldshausen.
Warum denn hier der Bezug zu Autohaus-Glaspalästen? Das verstehe ich nicht ……..
Pierre Witmann