Doppelhäuser: Die Hälften müssen baulich passen
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat an die Gestaltungsfreiheit von Bauherren erinnert, die an eine vorhandene Doppelhaushälfte eine zweite anbauen wollen. Dies geschah auf der Basis der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach müssen die Haushälften „in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise“ aneinandergebaut werden. Sonst ist das Vorhaben unzulässig und der Eigentümer der anderen Hälfte hat einen Abwehranspruch dagegen. Die Gebäude müssen derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Sie müssen sich in ihrer Grenzbebauung noch als „gleichgewichtig“ und „im richtigen Verhältnis zueinander“ und daher als harmonisches Ganzes darstellen. Sie dürften nicht disproportional als zufällig an der Grundstückgrenze zusammengefügte Einzelhäuser ohne hinreichende räumliche Verbindung erscheinen. Ein Haus ist nur dann Teil eines Doppelhauses, wenn es zumindest einzelne der baulichen Elemente aufgreift, die dem Nachbarhaus Proportionen und Gestalt geben.
Im jetzt entschiedenen Fall aus Nordrhein-Westfalen trat das Vorhaben über seine gesamte Breite von zwölf Metern um etwa einen Meter gegenüber der rückwärtigen Außenwand der benachbarten Haushälfte vor. Vom Nachbarhaus wich auch seine Grundfläche ab, die geplanten Glasvorbauten an der Straßenseite, Balkone in allen Geschosse, schließlich Firstversatz und Dachneigung, die bei gleicher Firsthöhe zu wesentlich größeren Außenwänden auf den Giebelseiten führten. All das hätte laut Urteil „ein Bauvolumen geschaffen, das nicht mehr den Eindruck einer Doppelhaushälfte, sondern den eines eigenständigen grenzständigen Gebäudes vermittelt, bei dem die Haushälfte auf dem Nachbargrundstück nur als ein Anhängsel in Form eines untergeordneten Anbaus erscheint“. Insgesamt dominiere das Vorhaben die Grundstückssituation in einem solchen Maß, dass von einem wechselseitigen Abgestimmtsein der Teilbaukörper nicht mehr ausgegangen werden könne. Das Gericht hob deshalb auf die Nachbarklage hin die Genehmigung auf.
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.4.2012, 10 A 1035/10
Spielhalle: Scheinbares Trennen nützt nichts
Wird eine Spielhalle scheinbar in zwei Bereiche geteilt, die aber funktionell zusammenhängen, dann gilt als Maß für die Größe die addierte Fläche beider Bereiche. Das entschied das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Die Nutzung von Grundstücken für Vergnügungsstätten ist in Kerngebieten ohne Einschränkung zulässig. In besonderen Wohngebieten, Misch- und Gewerbegebieten ist sie aber unzulässig, wenn die Spielhallen „kerngebietstypisch“ sind. Das gilt laut Rechtsprechung ab einem Richtwert von 100 Quadratmetern für die Spielhallennutzfläche. Die Größen mehrerer benachbarter Spielhallen können hierfür unter Umständen addiert werden. Dies gilt auch dann, wenn diese Spielhallen gewerberechtlich nach der Gewerbeordnung als getrennte Einheiten beurteilt werden, denn das bindet nicht die bauplanungsrechtliche Einschätzung. Für sie ist maßgebend, ob der Gesamtkomplex dem Benutzer als Einheit erscheint. Dies hat das Gericht in dem entschiedenen Fall bejaht. Die beiden Spielbereiche werden nach außen einheitlich unter demselben Namen geführt und weisen zwei in einem Windfang gelegene, unmittelbar nebeneinanderliegende Eingänge an der Vorderfront des Gebäudes auf. Es existieren für beide Spielbereiche nur ein Aufsichtsbereich, ein Abstellraum und ein Lager. Außerdem sind die beiden Bereiche durch eine Tür verbunden, die dem einen Spielbereich über den anderen Spielbereich einen zweiten Rettungsweg vermittelt. Weil sich nach alledem in dem entschiedenen Fall die Spielbereiche nach außen und für den Besucher als funktionale Einheit darstellten und bei einer Addition ihrer Nutzflächen der Richtwert weit überschritten wurde, sah das Gericht eine hier unzulässige kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Unmaßgeblich war, dass ihre gemeinsame Zu- und Abfahrt auch noch von Dritten genutzt wurde.
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 12.7.2012, 9 K 1407/10
Nebenanlagen dürfen sich auf anderen Grundstücken befinden
Nebenanlagen zu einem Gebäude müssen sich nicht auf demselben Grundstück wie dieses befinden, um zulässig zu sein, entschied das Oberverwaltungsgericht Saarland. Es hielt daher ein Brennholz-Lager für drei Häuser in einem reinen Wohngebiet für zulässig, das auf einem anderen Grundstück geplant war. Ein Nachbar hatte geltend gemacht, die Nutzung stelle eine Nebenanlage im Sinne von § 14 BauNVO dar und deren Zulässigkeit setze voraus, dass sie einem Wohnhaus auf demselben Grundstück diene. Für das Gericht ist dies jedoch keine Voraussetzung für die Zulässigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen Nebenanlagen zwar das Merkmal der Unterordnung sowohl in räumlich-gegenständlicher als auch in funktionaler Hinsicht erfüllen. Hierbei kommt es auf den primären Nutzungszweck der Grundstücke in dem Baugebiet an sowie auf die Bebauung, die diesem Nutzungszweck entspricht. Ihm müssen die Nebenanlagen in ihrer Funktion und in ihrer Größe dienend zu- und untergeordnet sein (siehe insoweit auch das hier oder im DAB-Heft 12/2011 auf Seite 42 erwähnte Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 5.4.2011, 5 S 194/10). Diese Zu- und Unterordnung kann aber nach dem aktuellen Urteil auch gegeben sein, wenn das Bezugsobjekt, im entschiedenen Fall die drei Wohnhäuser, auf einem anderen Grundstück steht. Entsprechendes ist bereits für die Zulässigkeit von Garagen und Stellplätzen anerkannt: Der in § 12 Abs. 2 BauNVO enthaltene Begriff des „Bedarfs“, der durch die zugelassene Nutzung begründet ist, sei nicht grundstücks-, sondern gebietsbezogen zu interpretieren. Also dürften benachbarte Grundstücke in Anspruch genommen werden. Insofern sind untergeordnete Nebenanlagen ebenso zu behandeln wie Stellplätze und Garagen. Die Nachbarklage blieb erfolglos.
Oberverwaltungsgericht Saarland, Beschluss vom 24.5.2012, 2 A 395/11
Stellplätze bilden keine Baulinie für einen Hochbau
Der Anbau eines Windfangs vor ein Wohnhaus ist nicht unter Berufung auf eine angebliche Baulinie genehmigungsfähig, die durch Stellplätze gebildet werde. Lediglich die Wände von Hauptgebäuden könnten als Baulinie in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche betrachtet werden, entschied das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt. Der geplante Windfang füge sich nicht in die nähere Umgebung ein, was aber für die Zulassung in einem unbeplanten, im Zusammenhang bebauten Ortsteil Voraussetzung wäre. Das Gericht beantwortete zunächst die Frage, welcher Bereich als nähere Umgebung anzusehen ist. Der maßgebliche Bereich mit Blick auf das Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche ist nach dem Urteil deutlich enger zu begrenzen als beispielsweise bei der Art der baulichen Nutzung. Denn die Prägung, die von der Stellung der Gebäude ausgeht, reicht im Allgemeinen deutlich weniger weit als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung. Das kann dazu führen, dass bei der überbaubaren Grundstücksfläche nur wenige Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden – unter Umständen sogar nur zwei. Dagegen sind bei der Art der baulichen Nutzung oft sogar mehrere Straßenzüge in den Blick zu nehmen. Etwaige Stellplätze zwischen Straße und vorderer Gebäudewand sind für die Prägung ohne Belang. Sie sind es ebenso wenig bei der Frage nach einer faktischen vorderen Baulinie in dem so begrenzten Bereich. Denn die Stellplätze könnten auch in einem beplanten Bereich außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind, Denn dann seien sie auch im nicht beplanten Innenbereich außerhalb der durch faktische Baugrenzen markierten überbaubaren Grundstücksfläche nicht generell unzulässig. Gehe es bei der Baulinien-Frage um die Überbauung einer Grundstücksfläche, könnten lediglich Hauptgebäude Bedeutung haben. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe wies das Gericht die Klage auf Genehmigung des Windfangs ab.
Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4.7.2012, 2 L 94/11n
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