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Für fast alles verantwortlich

Wie umfassend die Haftpflicht von Architekten ist, zeigen aktuelle Urteile. Sie müssen selbst Tatsachen mitteilen, die ihnen später zur Last gelegt werden können

31.12.20124 Min. Kommentar schreiben

Text: Kerstin Grigat

Baumängel: Planer muss auch eigene Fehler offenlegen

Der umfassend beauftragte Planer hat dem Auftraggeber noch nach der Beendigung seiner eigentlichen Tätigkeit bei der Behebung von Baumängeln zur Seite zu stehen. Er ist also verpflichtet, den Ursachen von Baumängeln nachzugehen – auch ohne Rücksicht darauf, dass er womöglich selbst haftet. Als Sachwalter des Auftraggebers muss er die Ursachen sichtbar gewordener Baumängel unverzüglich und umfassend aufklären und den Auftraggeber sachkundig vom Ergebnis und der Rechtslage unterrichten, die sich daraus ergibt. Dabei muss der Planer den Auftraggeber gegebenenfalls auch darauf hinweisen, dass dieser Ansprüche gegen ihn selbst geltend machen kann. Verletzt der Planer diese Pflichten, kommt es zur sogenannten Sekundärhaftung. Denn durch das pflichtwidrige Unterlassen jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Planer möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, verstößt er gegen seine Vertragspflichten. Dies begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt.

OLG München, Urteil vom 17.07.2012 –13 U 4106/11 Bau


Bautenstandsbericht: Planer haftet gegenüber Erwerber

Hat der Planer nach seinem Vertrag mit einem Bauträger Bautenstandsberichte zu erstellen, dann entfaltet dieser eine sogenannte Schutzwirkung zugunsten der Erwerber. Dies bedeutet, dass der Planer für unrichtige Bautenstandsberichte gegenüber Erwerbern unmittelbar haftet, obwohl kein Vertrag zwischen Planer und Erwerbern besteht. Denn Bautenstandsberichte sind für den Planer erkennbar dazu gedacht, die Erwerber (bzw. die finanzierenden Banken) zu Zahlungen zu veranlassen. Sind die Berichte zudem offensichtlich falsch, muss die Haftpflichtversicherung des Planers nicht eintreten.

OLG Dresden, Beschluss vom 14.08.2012 – 4 W 734/12


Abweichung von den Regeln der Technik: umfassend aufklären

Schlägt ein Planer ein von den anerkannten Regeln der Technik abweichendes System zur Ausführung vor, darf er sich nicht darauf beschränken, dem Auftraggeber die Unterschiede zwischen der herkömmlichen Herstellung und der davon abweichenden Ausführungsart zu erläutern. Er muss ihn vielmehr umfassend darüber aufklären, welche Risiken und Folgen eine nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Planung mit sich bringen kann. Hat der Auftraggeber den Planer als Sonderfachmann hinzugezogen, entfällt diese Aufklärungspflicht auch dann nicht, wenn der Auftraggeber selbst fachkundig ist. Eine unterlassene Aufklärung kann zudem zu einem Verlust des Versicherungsschutzes aus der Berufshaftpflichtversicherung führen.

OLG München, Urteil vom 14.04.2010; Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH-Beschluss vom 14.06.2012 – VII ZR 75/10 zurückgewiesen


Unternehmer versäumt Aufklärungspflicht – Planer haftet trotzdem

Ein beauftragter Planer kann zur Haftung herangezogen werden, auch wenn ein Unternehmer am Bau seine Aufklärungspflicht gegenüber einem anderen versäumt. Im hier entschiedenen Fall hätte der Vorunternehmer den Nachunternehmer darauf hinweisen müssen, dass nach Aufbringung des Wärmedämmverbundsystems der regensichere Anschluss auf die untere Abdichtung nicht mehr angebracht werden kann. Der Unternehmer erfüllte diese Hinweispflicht nicht. Trotzdem kann nach dem Urteil seine Haftung wegen der überwiegenden Verantwortung des vom Auftraggeber beauftragten Planers nahezu ausgeschlossen sein.

OLG München, Urteil vom 17.07.2012 –13 U 658/11


Verjährungsbeginn bei unmöglicher Vertragserfüllung

Ein Planer war mit den Leistungsphasen 1 bis 9 nach § 15 HOAI der bis 2009 gültige Fassung beauftragt. Die Bauleistungen wurden abgenommen, seine Planerleistungen higegen nicht. Nachdem die Gewährleistungsfristen der Handwerkerleistungen abgelaufen waren, zeigten sich Mängel an den Arbeiten, die von ihm geplant und überwacht worden waren. Dementsprechend machte der Auftraggeber Schadensersatzansprüche gegen den Planer geltend. Diese wies der Planer jedoch unter Berufung auf die Verjährung seiner Planerleistungen zurück. Das Gericht gab ihm Recht. Denn nach Ablauf der Gewährleistungsfristen für Handwerkerleistungen kann der Planer die im Rahmen der Leistungsphase 9 zu erbringende Prüfung auf Mangelfreiheit des Gewerks nicht mehr erbringen. Deshalb kommt eine Erfüllung des Planervertrages wegen Unmöglichkeit nicht mehr in Betracht. Die Folge: Mit dem Ende der Gewährleistungsfristen für Handwerker beginnt die Verjährung hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegen den Planer zu laufen.

OLG München, Urteil vom 17.07.2012 –13 U 4106/11 Bau

Kerstin Grigat ist Rechtsanwältin in München.

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