Der einzige deutsche Pritzker-Preisträger, der Kölner Architekt Gottfried Böhm, wird in der Berliner Galerie AEDES mit einer Ausstellung geehrt. Pünktlich zu Böhms 93. Geburtstag am 23. Januar wurde die Schau mit zahlreichen Gästen eröffnet. Das Grußwort der deutschen Architektenschaft überbrachte der Präsident der Bundesarchitektenkammer Sigurd Trommer. Hier ein Auszug aus seiner Rede:
Sie, lieber Gottfried Böhm machen uns an Ihrem Geburtstag das Geschenk, Ihre Visionen in einer beeindruckenden Ausstellung hier in der Galerie AEDES studieren zu können.
In einer eher verzagten Zeit in die weite Zukunft zu blicken: Das ist die Herausforderung nicht nur an unseren Berufsstand, sondern an die Gesellschaft insgesamt. Wir stehen am Anfang eines Epochenwandels, in dem die Grundlagen unserer Existenz – von Klima und Energie über Rohstoffe bis hin zu Problemen der Demographie und sozialen Konflikten – neu justiert werden müssen. Dieser Wandel geht uns Architekten im Innersten an. Unsere Antworten darauf müssen unsere Entwürfe, unsere Bilder sein – das erwartet die Gesellschaft von uns. Dafür brauchen wir Courage und Bereitschaft zum Engagement. Und Sie machen uns das vor! Sie schöpfen Ihre Ideen aus einem schier unglaublichen Erfahrungsschatz. Ihr Wirken war für mich immer auch mit Ihrer Persönlichkeit verbunden. Vor rund 30 Jahren, bei meiner Berufung in die Deutsche Akademie für Städtebau, umgab Sie dort eine besondere Aura. In den Veranstaltungen wurden Ihre Beiträge geradezu aufgesogen.
Immer wieder besuche ich „Ihre“ kleine Kapelle „Madonna in den Trümmern“ in St. Kolumba in Köln, die Ende der 1940er-Jahre, mithin in schwierigsten Zeiten, entstand: Die schöne Decke, wie eine Jakobsmuschel, die Verglasung von Ludwig Gies. Damals waren Sie noch keine 30!
Unerreicht Ihre Leidenschaft auch und gerade für die vermeintlich kleinen Aufgaben; unvergessen Ihre Rede anlässlich der Verleihung des Pritzker-Preises im Jahr 1986. Sie sprachen über den Entwurf einer kleinen Kapelle und verzauberten damit die Festgemeinde. Ich erwähne gern den Umbau der Godesburg in meiner Heimatstadt Bonn, oder das Rathaus Bergisch-Gladbach aus den frühen 1970er-Jahren, das für mich als langgedientem Stadtbaurat bis heute als ein Zeichen modernen Bürgerstolzes gilt. Und immer nahe fühle ich mich Ihnen im Hans-Otto-Theater in Potsdam, wo wir mit dem Nationalen Konvent der Baukultur vor einigen Jahren die Bundesstiftung begründet haben.
Das sind meine persönlichen Gottfried Böhms: Bauwerke aus mehr als 60 Jahren, aus denen sich Kraft und Mut für Visionen schöpfen lassen.
Ihre Werke und die Ausstellung zu Ihrem 93. Geburtstag zeigen nicht nur kühne Architektur, sondern auch die seltene Einheit von Person und Lebenswerk, Mut zum weiten Blick, und eine große Demut gegenüber Schöpfung und Gesellschaft. Dafür Dank und beste Wünsche für gesunde und anregende Jahre!
Die Ausstellung in der Galerie Aedes Am Pfefferberg, Christinenstraße 18-19, Berlin-Prenzlauer Berg, läuft noch bis zum 15. Februar 2013. Weitere Informationen finden Sie hier.