Text: Theresa Keilhacker
Das „Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude (BNB)“ soll Nachhaltigkeitsaspekte für diese Gebäude ganzheitlich betrachten und bewerten. Es enthält mittlerweile Bewertungskriterien für Büro- und Verwaltungsgebäude in Neubau und Bestand, für Außenanlagen sowie für den Neubau von Unterrichts- und Laborgebäuden. Der erste Kriterienkatalog des BNB für Büro- und Verwaltungsgebäude ist vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB) entwickelt worden.
Seit dem ersten Quartal 2011 steht das BNB zur Verfügung. Es ist frei zugänglich: Die Fortschreibung und die Aktualisierung der Nachhaltigkeitskriterien und Systemregeln werden auf der Website www.nachhaltigesbauen.de veröffentlicht. Für Baumaßnahmen des Bundes ist die Anwendung des BNB nach einem Begleiterlass des Ministeriums verbindlich. Die Bemühungen der Bundesregierung sind auf ein wissenschaftlich fundiertes und planungsbasiertes Bewertungssystem für nachhaltige Gebäude ausgerichtet. Es zeichnet sich aus durch die umfassende Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden unter Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Qualität sowie der technischen und prozessualen Aspekte. Das Bewertungssystem ist transparent und objektiv nachvollziehbar; damit spiegelt es auch die internationalen Entwicklungen wider.
Die Bewertungsgrundlagen und -methoden basieren in der Regel auf deutschen Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen sowie nationalen Normen und Leitfäden für den Nichtwohnungsbau. Dritte können das BNB freiwillig nutzen; das Ministerium kann weitere Bewertungssysteme anerkennen. Für beides gibt es ein Regelungsverfahren, das mit der Bekanntmachung über die „Nutzung und die Anerkennung von Bewertungssystemen für das nachhaltige Bauen“ vom 15. April 2010 publiziert wurde.
Der Markt im Bereich Siegelvergabe wurde damit mehreren privaten Anbietern neben der DGNB geöffnet. Zum Beispiel wurde der „Zertifizierung Bau GmbH“ im Herbst 2012 die Anerkennung durch das Ministerium erteilt.
Beim Bund werden nach einem vorgegebenen Curriculum laufend eigene Mitarbeiter zu BNB-Koordinatoren ausgebildet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Koordinierung der Bewertung des Nachhaltigen Bauens auf Bauherrenseite. Die Ausbildung durch die DGNB richtet sich an eine andere, spezialisierte Zielgruppe, die die Zertifizierung als ein privatrechtliches Geschäftsmodell betreibt. Diese Ausbildung ist inhaltlich gestuft (Consultant/Auditor) und bietet unterschiedliche Vertiefungsoptionen.
Auch einige Architektenkammern bieten Aus- und Fortbildungen an – als erste die Kammer Berlin im März 2012 mit einem achttägigen Lehrgang „Koordinator Nachhaltiges Bauen auf Basis des BNB-Systems“. Das Angebot zielt nicht auf eine berufliche Spezialisierung als Auditor, sondern will möglichst vielen Architekten die Grundkenntnisse für nachhaltiges Planen und Bauen vermitteln.
Unklar ist jedoch immer noch, wie es um die tatsächliche Performance der nachhaltig geplanten Gebäude in der Betriebsphase und im gesamten Lebenszyklus steht. Ergebnisse zum Soll-/Ist-Vergleich werden bisher weder von der Privatwirtschaft noch auf dem Informationsportal Nachhaltiges Bauen des Bundes transparent und öffentlich zugänglich gemacht. Die Ergebnisse des Projekts „Monitoring der Energieeffizienz der Berliner Bundesbauten“ als Teilaspekt nachhaltigen Bauens sind unbefriedigend: Die bisher veröffentlichten Berichte lassen an keiner Stelle Rückschlüsse darauf zu, wie ergriffene Maßnahmen zu Energiespar-Erfolgen und größerer Wirtschaftlichkeit geführt haben.
Der letzte Bericht „Fortführung des Monitorings Energieeffizienz der Berliner Bundesbauten“ wurde im Jahr 2008 vorgelegt. Seit dem Jahr 2009 wird für die Berliner Parlaments- und Regierungsbauten kein separater Monitoring-Bericht mehr erstellt; die Energieverbrauchsdaten dieser Gebäude werden nunmehr im Energie- und CO2-Bericht der Bundesregierung erfasst. Größte Schwachstellen sind die fehlende Datenkompatibilität verschiedener Akteure und die geringe Akzeptanz der Betriebsüberwachung. Zudem ist das Nutzerverhalten teilweise unbekannt bis kontraproduktiv. Alle Akteure müssten nunmehr helfen, das BNB den realen Praxisanforderungen anzupassen. Dazu würde sicherlich auch gehören, den einen oder anderen Steckbrief zu vereinfachen. Im Neubau könnten die KfW–Förderprogramme um das Modul „Monitoring in der Betriebsphase“ erweitert werden.
Um eine Vorbildrolle zu erfüllen, müsste ein einmal definiertes Berichtswesen mit gleichen Daten und auf gleicher Basis über mehrere Jahre einheitlich durchgeführt werden. Nur mit einer transparenten Datenlage können wir das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen ständig verbessern und damit auch wirklich nachhaltige Gebäude schaffen.
Theresa Keilhacker ist Vorsitzende des Fachausschusses „Nachhaltiges Planen und Bauen“ der Architektenkammer Berlin.
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