Soeben abgeschlossen ist die Restaurierung der Geschwister-Scholl-Schule von Hans Scharoun im westfälischen Lünen. Der legendäre Bau von 1956 bis 1962 mit seinen „Klassenwohnungen“, der zentralen „Schulstraße“ zur Innen-Erschließung und dem ambitionierten Farbkonzept wurde jetzt drei Jahre lang aus Mitteln der Wüstenrot-Stiftung restauriert. Die kürzlich verblassten oder verschwundenen Farben sind zurückgekehrt, ebenso das System der Luftheizung, der Linoleum-Boden, Leuchten im Stil der Bauzeit und vieles mehr. Verantwortlich für die denkmalgerechte Restaurierung war das Büro Profs. Spital-Frenking + Schwarz Architekten und Stadtplaner BDA aus Lüdenscheid. Zum Abschluss der Restaurierung spielte das „Scharoun-Ensemble“ aus dem prominentesten Bau des Urhebers, der Berliner Philharmonie. Die Wiedereröffnung ist am 29. April.
Die großzügige Pausenhalle bildet das Rückgrat des früheren Mädchengymnasiums, ist „teils Ort, teils Weg“ (Hans Scharoun), und als Schulstraße mit unterschiedlichen öffentlichen Elementen – Pflanzbeeten, Trinkbrunnen, Sitzgelegenheiten – ein kommunikativer Ort. Scharoun hat seinerzeit für die Schülerinnen der unterschiedlichen Jahrgänge Klassenwohnungen konzipiert, die durch ihre unterschiedliche Offenheit dem allgemeinen Schulleben gegenüber, dem jeweiligen Entwicklungstand der Kinder und jungen Erwachsenen entsprachen. Sein Ziel war es, die geistige und seelische Entwicklung der Mädchen in einer weitgehend familiären Umgebung zu ermöglichen. Jede Klassenwohnung besteht aus einer Raumfolge von Garderobe, Klassenraum, Gruppenraum sowie einem ihr zugeordneten Freibereich.
Lichtkonzept und Luftheizung
Ziel der Instandsetzung war es, die Scharoun ́sche Architektur wieder erlebbar zu machen: räumliche Zusammenhänge, die zum Teil verbaut waren, wurden wiederhergestellt und nachträgliche, störende An- und Einbauten zurückgebaut. Gleichzeitig ist das ursprüngliche, sehr differenzierte Lichtkonzept, das unterschiedliche Helligkeiten, Tageslichtstreuungen und Beleuchtungssituationen vorsieht, nun wieder erfahrbar. Hierzu wurden etwa die ursprünglichen Oberlichtverglasungen, die durch den Einsatz von Ornament- und satiniertem Glas einen diffusen Lichteinfall ermöglichten, durch eine baugleiche Isolierverglasung ersetzt. Der große Bestand an bauzeitlichen Leuchten wurde technisch ertüchtigt, fehlende Exemplare an wesentlichen Stellen durch originalgetreue Nachbauten ergänzt. Ein Schwerpunkt der Sanierungsarbeiten war es, so die Architekten, die Oberflächen des Schulgebäudes instand zu setzen. So ist der Bodenbelag, bauzeitlich ein silbergraues Linoleum, als Sonderproduktion in der ursprünglichen Farbe angefertigt und wieder verlegt worden. Die bauzeitliche Luftheizungsanlage der Geschwister-Scholl-Gesamtschule ist eine der Baukörpergliederung angepasste, technikgeschichtliche Besonderheit. Diese war bereits in den 1950er Jahren sehr fortschrittlich konzipiert und wurde nun mit neuester Technik ertüchtigt. Hierzu wurden die zwischenzeitlich installierten, zentral gesteuerten Radiatoren zurückgebaut. Das bauzeitliche Heizkonzept, das für jeden Klassenraum eine separate Regelung vorsah und neben einer guten Lüftung durch die Fußbodenheizung auch eine hohe Behaglichkeit erzielte, wurde mit modernen Klimageräten revitalisiert. Besondere Bedeutung kam bei der Instandsetzung auch der elementaren Beziehung zwischen Innen- und Außenraum zu: durch die Rückführung der Außenanlagen auf ein dem Gebäude angemessenes Maß sowie die Sanierung von Oberflächen (Bodenbeläge, Sitzbänke, Rankgitter, Sonnenschutzelemente) stehen Architektur und Außenraum jetzt wieder in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander.
Die Bauherren-Gemeinschaft aus Wüstenrot Stiftung und Stadt Lünen finanzierte die Maßnahme. Durch zusätzliche Fördermittel aus dem Investitionspakt zur energetischen Erneuerung sozialer Infrastruktur von Bund und Land standen insgesamt rund 8,6 Mio. Euro für die Sanierung der 6450 Quadratmeter großen Schule für heute 570 Schüler zur Verfügung.
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