Text: Axel Plankemann
Eine HOAI-Novelle steht an. Kontrovers diskutiert wurden nach der letzten Novelle vor vier Jahren Fallkonstellationen, in denen vorher sogenannte Stufenverträge abgeschlossen worden waren – also Verträge, in denen dem Architekten zunächst nur ein beschränkter Teil von Architektenleistungen verbindlich übertragen wird. Welche HOAI gilt dann nach einer Novelle? Nach einem aktuellen Urteil des Landgerichts Koblenz (4 U 103/12 vom 28.2.2013) diejenige, die zum Zeitpunkt der Beauftragung der jeweiligen weiteren Stufen gilt – also im Falle von Honorar-Erhöhungen in der Regel die für Architekten günstigere. Das Urteil vom 28.2.2013 ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Für die letzte Novellierungsrunde hatte § 55 der HOAI von 2009 ausdrücklich festgestellt, sie gelte nicht für Leistungen, die vor ihrem Inkrafttreten vertraglich vereinbart wurden; insoweit sollten die bisherigen Vorschriften anwendbar bleiben. Auf den ersten Blick erscheint diese Regelung klar, wenn auch möglicherweise nicht vorteilhaft für die Architekten mit langfristigen Architektenverträgen.
Immer wieder umstritten waren die Rechtsfolgen für Stufenverträge. Musterbeispiel einer solchen Vertragsregelung sind die Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau). Vermehrt nutzen auch gewerbliche Auftraggeber Stufenverträge. In ihnen wird in der Regel nur die jeweils beauftragte erste Stufe wirksam vertraglich übertragen. Eine Weiterbeauftragung wird vom Bauherrn lediglich in Aussicht gestellt. Die Planer müssen sich dagegen verpflichten, weitere im Vertrag genannte Leistungen zu erbringen, wenn solche innerhalb von 24 Monaten nach Beendigung des ersten Leistungspakets übertragen werden.
Die Auftraggeber gehen bislang davon aus, dass sich auch bei solchen Stufenverträgen an der Verbindlichkeit der ursprünglichen HOAI nichts ändert, wenn weitere Leistungen nach Inkrafttreten einer neuen HOAI-Fassung beauftragt werden. Sie stützen sich dabei insbesondere auf ein Urteil des BGH vom 27.11.2008 (siehe hier). Allerdings hatte seinerzeit der Bundesgerichtshof gerade nicht die hier interessierende Frage geklärt. Gegenstand des damaligen Rechtsstreits war vielmehr, ob eine Honorarvereinbarung nach § 7 Abs. 1 HOAI auch dann wirksam getroffen wurde, wenn sie schriftlich bei Abschluss des Grundvertrages erfolgte, das heißt vor Beauftragung weiterer Stufen. Der BGH hatte gerade nicht entschieden, dass bereits mit dem Grundvertrag ein Vertragsabschluss auch über die später abzurufenden Leistungen zustande kommt. Dies hat das Landgericht Koblenz jetzt mit erfreulicher Deutlichkeit herausgearbeitet. Nach Auslegung der Vertragsurkunde gelangte das Gericht zu dem Schluss, dass bei vertraglich geregelter stufenweiser Beauftragung ein wirksamer Architektenvertrag nur hinsichtlich der jeweils tatsächlich bereits beauftragten Stufe vorliegt (so auch Matuschak in: Irmler, HOAI-Praktikerkommentar, Rn 15 zu § 7).
Die bloße Absicht der Parteien, weitere Architektenleistungen auf der Grundlage nachfolgender Einzelwerkverträge in Anspruch zu nehmen, stelle gerade noch keine tatsächliche Beauftragung der weiteren Leistungsphasen dar. Denn eine solche Weiterbeauftragung erfolge lediglich optional und ungewiss, was jedenfalls gegen einen Rechtsbindungswillen beider Parteien hinsichtlich weiterer Leistungen spricht. Auch wenn sich der Architekt zur Übernahme weiterer Leistungen verpflichte, so könne darin zwar eine befristet verbindliche einseitige Angebotserklärung auf Abschluss eines (weiterführenden) Werkvertrages gesehen werden.
Da aber gerade noch keine korrespondierende Annahmeerklärung der Auftraggeberseite für Folgeleistungen zum Zeitpunkt des ersten Vertragsschlusses vorliege, könne nicht bereits mit dem Grundvertrag ein Vertragsschluss über die noch nicht beauftragten Leistungsteile unterstellt werden. Dies gelte insbesondere dann, wenn wie beim zu entscheidenden Fall im Grundvertrag weder eine detaillierte und abschließende Beschreibung der zu übertragenden weiteren Leistungen erfolgt noch deren Honorierung geregelt wird. Auch wenn es sich bei dem Urteil lediglich um eine erstinstanzliche Entscheidung handelt, die zudem noch nicht rechtskräftig ist, überzeugt die Urteilsbegründung durch schlüssige Argumentation.
Axel Plankemann ist Rechtsanwalt in Hannover.
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu:
Das Urteil des LG Koblenz scheint klar formuliert, wird jedoch von öffentlichen Auftraggebern ignoriert, wie ich in zwei aktuellen Auseinandersetzungen feststellen muss.
Kennt denn jemand eine Anordnung aus dem Bereich der öffentlichen Auftraggeber über den Umgang mit der Änderung zur HOAI 2013, 2009 war hier ja noch davon gesprochen worden, dass bei Stufenverträgen grundsätzlich die ursprünglich, d.h. bei Vertragsabschluss gültige HOAI heran zu ziehen ist. Das müsste sich doch nach dem Urteil LG Koblenz geändert haben !?