Text: Ulrike Meywald
Mit Container-Modulen lassen sich in kurzer Zeit und mit relativ wenig Lärm und Dreck neue Räume schaffen. Durch den hohen Vorfertigungsgrad bis zu 90 Prozent ist das Projekt oft schon innerhalb weniger Wochen realisiert. Häufig sind die Facharbeiter der verschiedenen Gewerke ein eingespieltes Team. Die Auftragnehmer der bauausführenden Gewerke, wie Fliesenleger oder Installateure, haben mit den Modulbaufirmen meist einen festen Rahmenvertrag. Das motiviert, nur die besten Fachkräfte für solche Projekte zu entsenden und bringt oft höhere Qualität als die Einmal-Kooperation beim konventionellen Bauen. Viel preiswerter als traditionelle Bauweisen ist ein Modulbau allerdings nicht. Wie beim konventionellen Bauen sind auch für Modulbauten alle bautechnischen Nachweise für eine funktionierende Tragkonstruktion, den Brand-, Schall- und Wärmeschutz sowie die energetischen Anforderungen zu erbringen. Diese planerischen Leistungen fallen ins Aufgabengebiet des Architekten; nur die Arbeitsweise unterscheidet sich. Da die Ausschreibung bereits nach Abschluss der Leistungsphase 3 erfolgt, muss das Projekt bis dahin detailliert ausgearbeitet sein. Ab Leistungsphase 4 ist der Modulhersteller zuständig; nur gestalterische Details fallen formal noch in den Verantwortungsbereich des Architekten. Das heißt, die Planung dafür ist bereits während der Leistungsphase 3 zu erbringen. Auftraggeber und Architekten bleibt dadurch nur wenig Spielraum, festgelegte Details noch einmal zu ändern. Da die Container-Module weitestgehend fertiggestellt auf die Baustelle geliefert und vor Ort nur noch miteinander verbunden werden, sind Planänderungen während des Bauens unverhältnismäßig teuer. Andererseits treten wesentlich weniger Probleme bei der Bauausführung auf. Dietrich Kappler vom Nürnberger Büro Baum- Kappler Architekten, das mehrere Bauten aus Containern realisiert hat: „Beispielsweise ist durch die Werksfertigung ein schief eingebauter Estrich, den normalerweise die Folgegewerke ausgleichen müssen, nahezu ausgeschlossen.“
Container-Turm von Freitag-Taschen: Das schweizer Unternehmen wählte für seinen Flagship-Store in Zürich wiederverwendbare Übersee-Container, weil auch seine Produkte aus Altmaterialien, wie beispielsweise LKW-Planen, bestehen.
Suchen und finden
Das Bauen mit Container-Modulen zählt für viele Architekten nicht zu den erstrebenswerten Aufgaben – zu eingeschränkt sei man bei der Gestaltung. Dietrich Kappler reizt dagegen die Aufgabe: „Man muss prüfen, wo Spielräume entstehen, und diese dann auch nutzen.“ Um das uniforme Erscheinungsbild zu kaschieren, bietet sich zum Beispiel eine Vorhangfassade aus Klinkern oder anderen Bekleidungen an. Auch Hochschulen arbeiten an kreativen Lösungen. An der Bauhaus-Universität Weimar lobte Professor Karl-Heinz Schmitz zusammen mit dem Modul-Hersteller Algeco einen internen Studentenwettbewerb aus. „Schon die holländischen Strukturalisten verwendeten Module. Doch die Gebäude erlangen nur dann eine städtebauliche Relevanz, wenn sich die Architektur nicht allein auf die Wiederholung des Moduls beschränkt.“ Deshalb sollten die Studenten die gestalterischen Freiheiten der Bauweise ausloten und einen Entwurf für die Erweiterung des Universitätsgebäudes erstellen. Bei den Gewinnern Daniel Kleber und Paco Bijan-Irani lobte die Jury vor allem die gestalterisch gelungene effiziente Stapelung der Container. Im Vergleich zu anderen Projekten wird das Erdgeschoss in ihrem Entwurf nur wenig bebaut. Das schafft überdeckte Außenflächen, die sich für Veranstaltungen oder Feste im Freien eignen. Basis aller Projektarbeiten war der Bau-Container, der aufgrund seiner einheitlichen Kantenlängen sicherstellte, dass in jedem Entwurf mit denselben Grundlagen gearbeitet wurde.
Lässig und recycelbar
Auch ausrangierte Übersee-Container bieten beachtliches Potenzial. In Zürich entstand daraus unter anderem der Flagship-Store von Freitag-Taschen, den Spillmann Echsle Architekten entwarfen. Siebzehn dieser rostigen Kisten wurden hier zu vier Verkaufsebenen mit Aussichtsplattform gestapelt. Die Wahl gebrauchter Container entspricht den Produkten der Firma: Freitag produziert seit 1993 Taschen und Accessoires aus gebrauchten Materialien, wie Lkw-Planen oder abgewetzten Fahrradschläuchen.
Die mögliche Wiederverwertung war auch für Graft Architekten (Berlin, Beijing und Los Angeles) bei den Kunsthallen des Kunst-Kommunikations-Netzwerkes Platoon entscheidend. Lars Krückeberg, Gründungsmitglied bei Graft: „Übersee-Container sind global verfügbar und können an jedem x-beliebigen Ort auf- und wieder abgebaut werden.“ Das erste Projekt entstand 2008 im südkoreanischen Seoul. Hier behauptet sich das im Platoon-typischen Tarngrün gehaltene Gebäude im teuersten Viertel an exponierter Stelle neben dem Prada-Store und weiteren Luxusmarken. 2012 wurde im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg die zweite Kunsthalle aus 40 übereinander gestapelten Übersee-Containern positioniert. Mit solchen Konzepten lassen sich urbane Standorte gewinnen und junge Leute ansprechen.
Architektur und Kosten
Laut Krückeberg ist die Arbeitsweise des Architekten ähnlich wie bei anderen Projekten: „Es gibt eine Aufgabenstellung und ein Budget – nur das Baumaterial ist vorgegeben.“ Zugleich warnt er vor der Illusion, mit ein paar gestapelten Containern sei schnell ein günstiges Gebäude fertig. Die bauliche Nachrüstung hängt stark von der geplanten Nutzung ab. Anders als Baucontainer besitzen Übersee-Container keine variablen Maße: Höhe und Breite sind immer gleich, nur die Länge variiert. Mit der Größe ist auch die statische Tragfähigkeit vorgegeben. Deshalb sollte man nur unbedingt notwendige Veränderungen vornehmen, sonst steigen die Kosten unverhältnismäßig hoch. Um zum Beispiel in die Kunsthalle in Seoul Oberlichter und Galerien integrieren zu können, war eine statische Sekundärstruktur erforderlich. Benötigt eine Nutzung keine Dämmung oder sommerliche Kühlung, lassen sich aber auch Kosten sparen.
Ulrike Meywald ist freie Baufachjournalistin in Münster.
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