Text: Michael Sudahl und Daniela Reichart
Niedriger Energieverbrauch, wenig Verschleiß, einfaches Putzen und Reparieren – das Vokabular für ein effizientes Facility-Management (FM) ist vielen Architekten längst vertraut, die für gewerbliche und öffentliche Bauherren planen. „Die Nutzungs-Szenarien von Gebäuden werden immer komplexer“, sagt die FM-Expertin Elisabeth Krön, gelernte Architektin und Professorin für Projektmanagement und Bauökonomie in Augsburg. „Es hat immer den Betreiber im Blick, etwa seine Wartungsprozesse und die Instandhaltung.“ Krön rät: „Dazu müssen Architekten noch mehr aus Nutzersicht, an Ergonomie und in Abrechnungseinheiten denken.“ Auch die neue HOAI nennt erstmals den Begriff FM. Wenn auch nicht beim Entwurf, sondern nur unter den besonderen Leistungen in Phase 8 als Dokumentation für „computer-aided Facility Management-Konzepte“. Architekten müssen in diesem Punkt weiterhin ihre Bauherren überzeugen, dass ein zusätzliches Honorar für FM-freundliches Planen wegen der steigenden Komplexität sich im Betrieb vielfach auszahlt.
Planenden Architekten empfiehlt Elisabeth Krön Struktur-Werkzeuge wie das sogenannte Raumbuch. Dieses setzt früh in der Planung an. „Denn selten funktioniert der Übergang von der Bau- in die Betriebsphase so reibungslos, dass Bauherren umgehend ihre Daten pflegen, sinnvoll ausschreiben und den Verbrauch messen können.“ Krön bespricht mit Architekten in ihren Seminaren unterschiedliche Aspekte – etwa anhand der Themen Reinigung und Instandhaltung. Und sie gibt den Teilnehmern Handwerkszeug wie das Planen und Berechnen von Nutzungskosten mit auf den Weg. Auch die Datenpflege solle schon während des Planens Thema sein. So erbringen Architekten geforderte Dokumentationen vollständig, aber mit möglichst wenig Zusatzaufwand.
„Wenn nicht FM-gerecht geplant wird und Lücken in der Dokumentation auftreten, entstehen immer enorme Sanierungskosten“, weiß Bausachverständiger Tobias Hanspach. Etwa bei einer Tiefgarage wurde der Westfale aus Iserlohn von Facility-Managern ohne Architekten-Hintergrund erst beauftragt, nachdem jahrelang die Schäden unterschätzt worden waren. Mittlerweile hatten sich unzählige Risse gebildet. „Grund dafür waren mangelhafte Detailplanungen und eine falsch ausgeführte Betonoberfläche.“
Denn Öl, Schmelzwasser, Bremsflüssigkeiten oder deren Überreste sorgen selbst bei beschichteten Böden für Schäden. Deshalb muss ein Teil des Betonbodens ohne Epoxidharz- oder Polyurethan-Schicht wie im Fall der Tiefgarage teuer abgetragen werden. „So übersteigen Energie- und Wartungskosten eines Gebäudes bereits nach fünf Jahren die Investitionskosten. In derselben Zeit rechnen sich Kosten für strukturierende Programme sowie vorsorgende Reinigungen“, sagt Florian Seiler, Inhaber der Deutschen Tiefgaragen Reinigungsgesellschaft. Er rät den Erbauern, beispielsweise ein Ablaufsystem zu einer Sammelstelle einzuplanen.
FM selbst betreiben? Ein Job mit Tücken
Doch Architekten können nicht nur für FM planen, sondern Gebäudebewirtschaftung auch selbst anbieten. Das tut etwa Arnold Weber aus Möckmühl bei Heilbronn. Er nennt als Büroleistungen „Architektur und Facility-Management“ und empfiehlt seine Berufsqualifikation ausdrücklich: „Haben Facility-Manager keinen Architekten-Hintergrund, erzeugen sie oft sehr viel Reibung im Prozess.“ Dann fehle oft nicht nur der Sinn für die Ästhetik des Objekts, sondern auch das technische Wissen für dessen Planung.
Der 61-jährige Architekt betont zudem, dass eine zwei- bis vierjährige Zusatzausbildung unerlässlich sei, will ein Architekt als FM-Manager tätig werden. Er selbst studierte deshalb knapp vier Jahre lang FM an der Gießener Technischen Hochschule Mittelhessen. Dieser Studiengang ist dort ein Schwerpunkt der angehenden Wirtschaftsingenieure. Heute berät Weber Bauherren, vor allem von Hochschulen, hinsichtlich FM-gerechten Planens, übernimmt diese Arbeit bei kleineren Projekten wie einem evangelischen Pfarrhaus selbst und unterrichtet Lehramtsstudenten an der PH in Karlsruhe in der strukturellen Denke des Facility-Managements.
Der Branchenverband Gefma (German Facility Management Association) schätzt das jährliche Marktvolumen auf 26 Milliarden Euro. Eine Studie der Gefma zeigt, dass neben der öffentlichen Hand vor allem Industrie, Banken sowie Versicherungen potenzielle Auftraggeber sind. Doch der Markt ist für kleinere und mittlere Architekturbüros sehr eng. So klagt der Inhaber eines Bremer Büros mit fünf Mitarbeitern, er bekomme kaum Aufträge, obwohl er auf FM spezialisiert sei. „Den Markt haben sich überwiegend große Architekturbüros aufgeteilt.“ Auch ein Architekt im Rheinland, der vor zehn Jahren Gebäude FM-gerecht plante und sie dann als Facility Manager lange Zeit begleitete, musste dieses Geschäftsfeld aufgeben: „Viele Kommunen wollen kein Geld in die Hand nehmen, obwohl es sich in wenigen Jahren amortisieren würde. Hier denken viele Entscheider nur in Legislaturperioden.“ Auch für Architekturbüros ist die Arbeit als Facility-Manager eine Geldfrage: Hohe Liquidität ist nötig, um in Know-how und Infrastruktur rund um teure Programme für computer-aided Facility-Management (CAFM) zu investieren.
Effizienz im Betrieb: Für das Sankt-Antonius-Hospital in Eschweiler realisieren Horbach + Kleicker Architekten Bauprojekte und ein Facility-Management-Projekt.
Ein ertragreicheres Feld als FM selbst ist daher für kundige Architekten das konzeptionelle Beratungsgeschäft. Dieses betreibt etwa das achtköpfige Büro Horbach + Kleicker in Aachen. Es hat für das Thema FM vor fünf Jahren die Tochterfirma FS Facility Solutions GmbH gegründet. Wolfgang Kleicker berichtet: „Es fing damit an, dass Sam Rafati, einer unserer jungen angestellten Architekten, gerne Facility Management zusätzlich studieren wollte. Rafati hatte eh einen Hang zum Baumanagement. Es passte gut.“ Der Planer und Bauleiter Rafati absolvierte also in zweieinhalb Jahren an der örtlichen Fachhochschule einen Aufbaustudiengang. Als Horbach + Kleicker die Tochterfirma gründeten, wurde Rafati Geschäftsführer. Der heute 37-jährige bearbeitet zusammen mit zwei Angestellten jährlich rund 20 Projekte. Darunter viele kleine Beratungs- und Analyseaufträge sowie meist ein großes FM-Projekt.
Putzen in längst verschwundenen Räumen
Ein solches läuft bei einem 400-Betten-Krankenhaus in Eschweiler rund drei Jahre lang. Hier implementierte Rafati zuerst ein individuell angepasstes Störmanagement-System und daraufhin ein Flächenmanagement-System, das er zwei Jahre lang begleitet. In dieser Zeit arbeitet Rafati den Haustechniker des Krankenhauses – ebenfalls ein studierter Facility-Manager – ins System ein und übergibt es an den Internen. Seine Arbeitsgrundlage sind Pläne, die ein sechsköpfiges Team kartonweise in rund tausend Stunden Arbeit digitalisiert. „Sobald Energie-, Reinigungs-, Stör- oder Flächenmanagement für die Liegenschaft sinnvoll sind, werden CAFM-Systeme benötigt“, sagt der Planungsleiter.
So hat nun jeder Raum einen digitalen Stempel. Dieser sagt aus, welches Mobiliar darin steht, wie viel Fensterfläche und welche technische Ausrüstung er besitzt, und vieles mehr. Sobald etwa eine Pflegerin einen tropfenden Wasserhahn bemerkt, klickt sie in einer Computermaske auf das Waschbecken. Sofort geht eine Meldung an den Hausmeister und Rafati. Wolfgang Kleicker: „Auch merkten die Leute in der Abrechnung plötzlich, dass sie jahrelang Reinigungsfirmen dafür bezahlt hatten, Gebäudeteile zu putzen, die es längst nicht mehr gab. Die Klinik spart seither enorme Summen.“ Implementierungskosten amortisieren sich oft schon nach wenigen Jahren.
Dem Mittelstand empfiehlt Kleicker CAFM-Lösungen ab bestimmten Betriebsgrößen – etwa einer Autohaus-Gruppe, die insgesamt 30.000 Quadratmeter verwalten muss. Bei ihr ließen sich zum Beispiel Kosten beim Fensterputzen durch eine gebündelte Ausschreibung anstelle von Einzelaufträgen sparen.
Die IKB Deutsche Industriebank und die Deutsche Immobilienbank schätzen, dass private und öffentliche Betriebe durch professionelles FM 15 bis 20 Prozent ihrer Nutzungskosten sparen können. Eine Analyse der Sparkassentochter REAL I.S. rechnet sogar mit bis zu 30 Prozent Einsparpotenzial bei bayerischen Kommunen. Die Einschätzung der Augsburger Wissenschaftlerin Elisabeth Krön ist vorsichtiger und differenziert. Die Projektmanagerin und Leiterin des Instituts für Bau und Immobilie an der Augsburger Hochschule konstatiert: „Betriebskosten lassen sich durch reines Flächenmanagement, ohne die Auswirkungen etwa auf Reinigungs- und Finanzierungskosten einzubeziehen, um mindestens zehn Prozent senken.“
Experten wie Krön und Arnold Weber legen großen Wert auf Dokumentation. Doch CAFM-Software ist relativ teuer. Deshalb dient zumindest bei kleinen und vielen mittleren Firmen sowie Liegenschaften oft günstigere CAD-Software zur strukturierten Datenpflege und Dokumentation. Weber: „Wir müssen von Anfang an erfragen, welches System Kunden verwenden und welche Daten wir liefern müssen.“ Er rät bei Projekten bis zehn Millionen Euro zu einem CAD-Programm. Damit funktioniere die Dokumentationskette nahtlos und vollständig. „Diesem Aspekt kommt künftig eine noch größere Bedeutung zu, da sich hier auch in den Gesetzen einiges tun wird“, blickt der Badener voraus. Daten zu Flächenreinigung, Schließmanagement, Energieverbrauch und Brandschutz ließen sich aus CAD mit einem TGA-Planer leicht einlesen und auch von Fachfremden verstehen. Im Gegensatz dazu lohnten sich CAFM-Programme fast nur, wenn studierte Facility-Manager damit in großen Konzernen arbeiteten.
Daniela Reichart und Michael Sudahl sind freie Journalisten in Göppingen und Stuttgart.