Text: Marian Behaneck
Nutzungskosten sind maßgeblich für die Wirtschaftlichkeit von Gebäuden verantwortlich. Die Kostenmanagement-Methode „Life Cycle Costing“ (kurz: LCC, übersetzt etwa: „Lebenszyklus-Kostenrechnung“) bewertet Objekte konsequent unter dem Kostenaspekt – von der „Wiege bis zur Bahre“ –, das heißt, von der ersten Idee über die Nutzung, Reinigung, Wartung, Reparatur oder Sanierung bis zur Entsorgung respektive bis zum Rückbau. Rund 80 Prozent aller für ein Gebäude aufzuwendenden Kosten werden in den Leistungsphasen 1 bis 3 festgelegt. Mit Hilfe spezieller Programme, etwa ABK Lekos, Legep oder dem LZK-Tool, können diese Kosten von Bauvorhaben oder Sanierungsmaßnahmen relativ präzise vorhergesagt und Varianten umfassend bewertet werden.
LCC-Software erleichtert Projektentwicklern, Bauherren und Investoren damit die Entscheidung zwischen Alternativen, weil auch die langfristigen Folgekosten deutlich werden. Alle anfallenden Ausgaben lassen sich über den gesamten Existenzzeitraum hinweg optimieren. Ferner können Entwurfsvarianten auch unter dem Nutzungskostenaspekt bewertet und damit objektiver miteinander verglichen werden. Ergebnis der Analyse ist ein zeitbereinigter, auf die Nutz- oder Bruttogrundrissfläche umgerechneter und damit vergleichbarer Geldbetrag. Dazu werden alle Kosten, inklusive Preissteigerungen, kumuliert, und mithilfe der Barwertmethode wird dann der Gegenwartswert künftiger Zahlungen ermittelt.
Je nach Objekt, Nutzungsart und Berechnungszweck kommen dynamische Berechnungsverfahren (Kapitalwertmethode, Annuitätsmethode etc.) zum Einsatz. Durch die Veränderung wesentlicher Parameter, wie Inflationsrate, Preissteigerungen, Baukostenindex, Energiekostenindex, Abschreibungszeitraum oder Finanzierungsmöglichkeiten, können die Auswirkungen auf die Kosten und Wirtschaftlichkeit simuliert werden.
Die Berechnungsbasis bildet ein digitales Gebäudemodell, das mithilfe von Datenbanken sukzessive um Informationen ergänzt wird. Dazu gehören der konstruktive Gebäudeaufbau, Baumaterialien, deren Kosten und bauphysikalische Eigenschaften, Gebäudehüllflächen, die Haustechnik usw. Das ermöglicht eine exakte Ermittlung sowohl der Baukosten als auch des Energiebedarfs. Verknüpft werden diese Daten mit Informationen zu Serviceleistungen für Reinigung, Wartung und Instandsetzung sowie zur Beseitigung oder zum Recycling. Die Daten für Reinigungsintervalle, Wartungs- und Instandhaltungszyklen basieren auf Projektauswertungen, Herstellerempfehlungen, gesetzlichen Vorgaben, Normen und Richtlinien. Damit verfügt das Gebäudemodell über alle wesentlichen Informationen zur Ermittlung aller im gesamten Lebenszyklus entstehenden Kosten.
Da die Technisierung von Gebäuden kontinuierlich zunimmt, steigt auch der Haustechnik-Anteil an den Nutzungskosten. Deshalb spielen Instandsetzungs-, Instandhaltungs- und Betriebskosten bei der Auswahl haustechnischer Systeme eine immer größere Rolle. Auch die TGA-Branche bietet daher Berechnungswerkzeuge, mit denen man die mittel- und langfristigen Vorteile energieeffizienter Pumpen-, Lüftungs- und Klimatechnik, Aufzugs- und anderer Haustechnik anhand von Lebenszykluskosten-Berechnungen darstellen und Produkte nach ihren Betriebskosten auswählen kann.
Beispiele sind CAPS von Grundfos, Coolcompare von Cofely, RLT-Geräteplaner von AL-KO, LCC-Check von Wilo). Als Ergebnis erhält man eine vergleichende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, einen Kostenverlauf inklusive der Amortisationszeit, eine Übersicht über den Energiebedarf, die Energiekosten sowie die durch den Stromverbrauch bedingte CO2-Emission.
Auch im Rahmen der Nachhaltigkeitsbewertung und der „Ökobilanz“ von Gebäuden (Life Cycle Assessment, LCA) spielen die Lebenszykluskosten eine wesentliche Rolle. Eine Bewertung der Nachhaltigkeit bestehender und geplanter Gebäude ermöglichen von diversen Organisationen entwickelte Zertifizierungsstandards, die LCC-Berechnungen teilweise voraussetzen. Wichtig in Deutschland sind die DGNB, das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) sowie das vom Verein zur Förderung der Nachhaltigkeit im Wohnungsbau e. V. entwickelte Bewertungssystem Nachhaltiger Wohnungsbau (NaWoh). LCC-Programme wie Legep unterstützen deshalb die Gebäudezertifizierung durch den Nachweis der Lebenszykluskostenberechnung und die Ökobilanzberechnung.
Das Angebot ist recht übersichtlich
Das Software-Angebot ist derzeit recht übersichtlich. Zwar gibt es einige aus Europa, den USA oder Kanada stammende Programme (siehe „Mehr Informationen“ unter dem Text). Diese sind aber auf hiesige Verhältnisse und Normen nicht oder nur bedingt übertragbar oder dienen lediglich der Ökobilanzierung. Bloß zwei deutschsprachige LCC-/LCA-Programme konnten sich bisher im Markt etablieren. Konzeption, Ausrichtung und Schwerpunkte der Programme sind ebenso unterschiedlich wie die Preise, die zwischen 2.000 und 5.000 Euro liegen. So ist der ABK Lebenszykluskosten-Rechner Teil der Baumanagement-Software ABK des österreichischen Softwarehauses ib-data.
Der Lebenszykluskosten-Berechnung liegt das an der Universität Krems entwickelte Lekos-Datenmodell zugrunde. Mit seiner Hilfe lassen sich Varianten der Baukörper, der Außenhülle und der Gebäudetechnik berechnen und damit die Lebenszykluskosten eines Gebäudes in der frühen Planungsphase optimieren. Das Datenmodell liefert für Wohn- und Gewerbegebäude vergleichbare Daten, die aus Praxisfällen gewonnen wurden. Nach den hinterlegten Formeln und Variablen werden die Folgekosten auf Basis der Errichtungskosten ermittelt. Die Datengliederung von Lekos entspricht der Gliederung der österreichischen ÖNORM 1801-2, wobei auch die DIN 276 hinterlegt ist und das Datenmodell an deutsche Normen angepasst werden kann.
LEGEP von LEGEP Software ist eine eigenständige, modular aufgebaute LCC-/LCA-Lösung. Sie dient der integralen Planung nachhaltiger Gebäude mit der sirAdos-Bauelementmethode, der Berechnung von Herstellungs- und Lebenszykluskosten, des Energiebedarfs und der Ökobilanz sowie zur Auswertung ökologischer und ökonomischer Kennwerte für die Zertifizierung nach DGNB, BNB, NaWoh und dem österreichischen System ÖGNI.
Zu den Programm-Modulen gehören neben der Lebenszykluskostenberechnung nach DIN 276 und DIN 18960 auch eine Ökobilanzierung nach Kostengruppen und nach Servicephasen für alle Lebenszyklusphasen, eine Kostenplanung nach DIN 276, das Modul Wärme und Energie für das Erstellen von Energieausweisen nach DIN V 4108-6/4701-10, DIN V 18599 bzw. EnEV 2009, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für Bestandsmaßahmen an Wohn- und Nichtwohngebäuden sowie eine Erfassung von Risikostoffen. Für genaue Betriebskosten-Vorhersagen setzen die genannten LCC-/LCA-Softwarelösungen eine mehr oder weniger präzise Objektbeschreibung bis auf Positionsebene voraus. Dieser Detaillierungsgrad erfordert einen hohen Eingabeaufwand. Allerdings sind Bauteildaten in einer frühen Planungsphase in der nötigen Genauigkeit noch gar nicht verfügbar. Deshalb sind Werkzeuge erforderlich, die mit möglichst wenig Eingabeaufwand mehrere Planungsvarianten rasch beurteilen können. Diesen Ansatz verfolgt das von M.O.O.CON, e7 Energie Markt Analyse GmbH und bauXund entwickelte, ausschließlich im Rahmen einer Beratungsleistung eingesetzte LZK-Tool.
Es erstellt auf Basis eines Raum- und Funktionsprogramms oder eines Architekturkonzeptes ein virtuelles Gebäudemodell, das eine Erstellungs- und Nutzungskostenprognose bereits in frühester Planungsphase ermöglicht. Anhand des Modells werden unterschiedliche Rohbau-, Ausbau-, Fassaden- und Haustechnik-Konzepte simuliert.
Als Grundlage dient eine Datenbank mit Investitions- und Nutzungskostendaten für über 1.400 Elemente und Komponenten. Dazu zählen beispielsweise Bauteil- und Fassaden- oder RLT-Anlagenvarianten sowie Investitions-, Reinigungs-, Instandhaltungs- und Erneuerungs- oder Rückbaukosten. Die Datenbank konzentriert sich vor allem auf kostentreibende Gebäudeelemente, was zwar eine gewisse Prognose-Ungenauigkeit zur Folge hat, den Eingabeaufwand aber erheblich minimiert.
Mehr als ein Blick in die Glaskugel?
Bauvorhaben lassen sich mit den genannten Mitteln in früher Planungsphase wirtschaftlich optimieren – sofern zu diesem Zeitpunkt alle dafür notwendigen Gebäudedaten vorliegen. Ist das nicht der Fall, wird die teilweise sehr detaillierte Eingabe zum Geduldspiel. Zudem setzen bauliche oder technische Besonderheiten, ebenso wie Nutzungsänderungen präzisen Nutzungskosten-Vorhersagen Grenzen. LCC-Software bietet mehr als nur den Blick in die Glaskugel. Sie stellt LCC-/LCA-Software Projektentwicklern, Bauherren und Investoren ein Werkzeug zur Verfügung, dass planerische Entscheidung sicherer macht, weil neben funktionalen, bautechnischen, ästhetischen oder kurzfristigen finanziellen Auswirkungen auch die langfristigen Folgekosten berücksichtigt werden. Das stellt Investitionsentscheidungen des Bauherrn auf eine breitere Grundlage.
Marian Behaneck ist freier Fachjournalist in Jockgrim (Pfalz)
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