Für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von „großflächigen Einzelhandelsbetrieben“ gelten besondere Anforderungen: Wenn sie sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, sind sie außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig (§ 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). In der Rechtsprechung ist seit Jahren anerkannt, dass die Schwelle zur „Großflächigkeit“ bei 800 Quadratmetern liegt. Wie sind aber Betriebsflächen zu beurteilen, die für sich allein unter dieser Schwelle bleiben, aber zusammen mit anderen Flächen im gleichen Gebäude die Schwelle überschreiten? In dem entschiedenen Fall ging es um einen Lebensmittel-Discountmarkt mit einer Verkaufsfläche von 788,79 Quadratmetern, zu dem durch einen Anbau ein Backshop mit 37,51 Quadratmetern hinzu kam. Grundsätzlich bestimmt sich nach baulichen und betrieblich-funktionellen Gesichtspunkten, ob es sich bei voneinander getrennten Verkaufseinheiten um einen einzigen oder um mehrere Betriebe handelt. Für die räumliche Abgrenzung eines Einzelhandelsbetriebs ist auf die nach außen erkennbaren baulichen Gegebenheiten abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verkaufsstätte unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb baurechtlich auch als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Hierfür muss die Verkaufsstätte jedenfalls einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume haben und muss unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Ohne Bedeutung ist hingegen, wer rechtlich oder wirtschaftlich jeweils Betreiber ist. Das Oberverwaltungsgericht hat ergänzend dazu entschieden: Die Verkaufsflächen von in diesem Sinne baulich und funktionell eigenständigen Betrieben „unter einem Dach“ können dann zusammengerechnet werden, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als „Hauptbetrieb“ geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als „Nebenleistung“ ein Angebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der „Hauptleistung“ steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Neben einem Vergleich der Flächen sei bedeutsam, ob aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum „Hauptbetrieb“ zugehörig angesehen werde. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bildeten insbesondere dann eine betriebliche Einheit mit einem „Hauptbetrieb“, wenn der kleinere Bereich ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte. Nach diesen Grundsätzen handelte es sich bei dem Discountmarkt und dem Backshop um eine betriebliche Einheit. Zwar seien sie baulich selbständig nutzbar, denn sie verfügten über eigene Eingänge sowie eigene Personalräume und können damit jeweils unabhängig vom benachbarten Betrieb genutzt werden. Auch entspreche die Betriebszeit des Backshops nach der Betriebsbeschreibung an Sonn- und Feiertagen nicht der des Discountmarktes. Gleichwohl stellten beide Betriebe zusammen einen (großflächigen) Einzelhandelsbetrieb dar. Der Backshop erbringe im Wesentlichen eine dem Lebensmittel-Discountmarkt zuzurechnende „Nebenleistung“ und die dafür in Anspruch genommene Verkaufsfläche bleibe hinter der Verkaufsfläche des „Hauptbetriebes“ Discountmarkt deutlich zurück. Das Warenangebot des Backshops stelle nach der Verkehrsanschauung ein ausgelagertes, untergeordnetes Ergänzungsangebot zum Discountmarkt dar.
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Mai 2013 – 10 A 1144/11 –
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