Text: Holger Krüger
Eine fach- und materialgerechte Planung ist die entscheidende Voraussetzung für ein dauerhaft dichtes Flachdach. Zudem ist eine Ausschreibung von zentraler Relevanz, worin der Systemaufbau einschließlich der Dachbahnen eindeutig beschrieben ist. Grundlage dafür bildet die DIN 18531 „Dachabdichtungen für nicht genutzte Flachdächer“, in der die grundsätzlichen Anforderungen an Dachabdichtungen und Abdichtungsstoffe geregelt sind. Nach ihr wird dieser Dachtypus in zwei Qualitätsklassen unterteilt, die von der Art der Beanspruchung des Abdichtungssystems sowie den Eigenschaften der Abdichtungsbahnen bestimmt werden. Aus beiden zusammen ergibt sich die Bemessung der Dachabdichtung.
Die Norm-Teile 1 bis 4 gelten für die Planung und Ausführung mit bahnenförmigen und flüssigen Abdichtungsstoffen sowohl für Neubauten als auch bei instand haltenden Maßnahmen und der Dacherneuerung. Sie gelten zudem für die Abdichtung von extensiv begrünten Dächern, jedoch nicht für Dachdeckungen und Unterdächer, Abdichtungen von genutzten Dächern wie Terrassen, Balkonen, Parkdecks und intensiv begrünten Dachflächen.
Anwendungskategorien und Beanspruchungsarten
Je nach geplantem Anwendungszweck werden zwei Qualitätsstufen für Dachabdichtungen unterschieden: als Standard die Anwendungskategorie K1, die die Mindestanforderungen definiert. Hier ist grundsätzlich eine Mindestneigung der Abdichtungsebene von zwei Prozent einzuhalten. Für Dächer beziehungsweise einzelne Dachbereiche mit einem Gefälle unter zwei Prozent gelten die Bemessungsregeln der Anwendungskategorie K2. Diese Kategorie gilt für Abdichtungen, an die erhöhte Anforderungen gestellt werden, wie bei Dächern mit erschwertem Zugang oder von Hochhäusern. Die Qualität der Ausführung ist hier höherwertig, sodass der Besitzer einen geringeren Instandhaltungsaufwand sowie eine längere Nutzungsdauer erwarten kann. Die Mindestdachneigung in der Abdichtungsebene beträgt zwei Prozent und ist – im Unterschied zu K1-Dächern –einzuhalten. Im Bereich von Kehlen ist ebenfalls ein Gefälle auszuführen. Bei der Planung des Gefälles ist es wichtig, Toleranzen oder Gegengefälle der Unterkonstruktion mitzuberücksichtigen.
Die Anwendungskategorien ergeben sich zum einen aus den Beanspruchungsklassen, die sich aus der Art der Beanspruchung des Abdichtungssystems herleiten, und zum anderen aus den Eigenschaftsklassen, die von den Eigenschaften der Abdichtungsbahnen bestimmt werden.
Ob frei bewittert, bekiest oder begrünt – Flachdächer unterliegen unterschiedlichen Beanspruchungen:
- Feuchtigkeit
- mechanische Beanspruchung
- thermische Beanspruchung
- Beanspruchung durch Wurzelwachstum bei begrünten Dächern
- sonstige Beanspruchungen.
Bei der Planung von Flachdächern sind sie alle zu berücksichtigen. Zur exakten Bestimmung werden nach Teil 1 der DIN 18531-1 zwei Stufen der mechanischen Beanspruchung (I und II) und zwei Stufen der thermischen Beanspruchung (A und B) unterschieden, die der Planer zuordnet.
Mechanische Beanspruchung
Stufe I bedeutet eine hohe mechanische Beanspruchung der Abdichtung. Sie ist dann anzuwenden, wenn zum Beispiel eine der folgenden Bedingungen vorliegt:
- Beanspruchungen aus dem Untergrund und/oder der Tragkonstruktion
- Beanspruchungen durch die Art der Lagesicherung, zum Beispiel bei mechanischer Befestigung der Dachabdichtung
- Beanspruchung infolge einer weichen Unterlage wie Mineralfaser-Dämmstoff
- Beanspruchung durch Arbeiten auf der Dachabdichtung wie Wartung oder Begrünung
- Beanspruchung durch sonstige mechanische Einwirkungen während der Nutzungsdauer wie Hagelschlag.
Stufe II bedeutet eine mäßige mechanische Beanspruchung. Sie liegt dann vor, wenn die Beanspruchungen der Stufe I nicht zutreffen oder durch geeignete Maßnahmen ausgeschlossen werden können.
Thermische Beanspruchung
Stufe A steht für eine hohe thermische Beanspruchung. Hierunter fallen Abdichtungen, die der Witterung unmittelbar ausgesetzt sind oder nur über einen leichten Oberflächenschutz verfügen. Stufe B bedeutet dagegen eine nur mäßige thermische Beanspruchung. Sie trifft zu, wenn die Abdichtung beispielsweise durch eine Kiesschüttung oder extensive Begrünung vor starkem Aufheizen und schnellen Temperaturschwankungen geschützt ist.
Aus der Kombination der mechanischen und der thermischen Beanspruchungsstufen ergeben sich die vier Beanspruchungsklassen IA, IB, IIA und IIB. Auf sie sind die Dachabdichtungen abzustimmen.
Eigenschaftsklassen und Produkte
Teil 2 der DIN 18531 regelt die Anforderungen an Dachabdichtungsstoffe. Sie müssen wasserdicht, ausreichend standfest, unter den zu erwartenden Temperaturen, Verformungen und Windbelastungen dehn- und reißfest sein sowie über eine ausreichende Perforationsfestigkeit bei bestimmungsgemäßem Gebrauch verfügen. Entsprechend der Beanspruchungsklasse werden Dachabdichtungen in vier Eigenschaftsklassen eingeteilt. Die höchste Klasse, in die eine Abdichtung eingeteilt werden kann, ist E1. Sie steht für Abdichtungen, die widerstandsfähig gegen hohe mechanische und hohe thermische Beanspruchungen sind. Außerdem sind darin die Kurzzeichen für die einzelnen Produkte aufgeführt, die sich auf den Produktdatenblättern der Hersteller wiederfinden:
- DE: Bahnen für eine einlagige Dachabdichtung
- DO: Bahnen für die Oberlage einer mehrlagigen Dachabdichtung
- DU: Bahnen für die untere Lage einer mehrlagigen Dachabdichtung
- DZ: Bahnen für die Zwischenlage beziehungsweise die zusätzliche Lage einer mehrlagigen Dachabdichtung.
Sind Anwendungskategorie und Beanspruchungsklasse ausgewählt, kann der Planer festlegen, wie das Abdichtungssystem aufzubauen ist.
Holger Krüger ist Leiter Anwendungstechnik bei der Paul Bauder GmbH & Co. KG in Stuttgart.