Text: Roland Stimpel
Die Absicht ist gut: sozial soll der Wohnungsbau sein und energiesparend, von urbaner Dichte und mit anständigen Adressen für alle. Doch wenn das Haus gebaut, die Dämmung angebracht und der Stellplatzverordnung genügt ist, dann ist allzu oft das Budget für gute Taten erschöpft. Aber es sind noch Restflächen übrig – „Freiräume“ genannt. Irgendwas muss man tun. Und genau das macht man: irgendwas. Man kippt das Pflichtsoll an Müllhäusern und Fahrradschuppen, Bäumchen und katzenfreundlichen Sandkisten ab. Ach ja, Wege müssen noch irgendwo hin, und neben diese dann Leuchten. Und ein Blick aufs Haus enthüllt: Verdammt, der Architekt hat Mieterterrassen geplant. Man müsste sie von Straßen und Fußwegen abgrenzen. Müsste. Aber dafür ist schon gar kein Geld da; das kann der privilegierte Terrassen-Nutzer selbst machen. Der Baumarkt ist nah.
Der Hamburger Landschaftsarchitekt Andreas Bunk hat Freiräume in Neubauvierteln fotografiert – mit kundigem Blick für handwerkliche, funktionelle und ästhetische Details. Diesen kundigen Blick hatten die Bauherren und ihre beauftragten Freiraum-Laien offensichtlich nicht. Die Beschäftigung qualifizierter Freiraumplaner schien zu teuer. Sie wird auch meist von den Behörden nicht verlangt. Seit Hamburgs Bauordnung erneut verschlankt ist, reichen für die Baugenehmigung ein paar Aussagen zu Wegen, Müllplätzen sowie selbstverständlich zu Feuerwehrflächen und Stellplätzen. Manchmal wird noch nach Ersatzpflanzungen gefragt.
Das Ergebnis kontrollieren die Ämter manchmal nicht, manchmal nur nach Quantitäten. Nutzbarkeit oder gar gestalterischer Wert spielt keine Rolle. Bunk schaut neidisch ins ferne München: „Wer dort ein größeres Mehrfamilienhaus bauen will, braucht einen Freiraumplan vom Landschaftsarchitekten. Der Druck aufs Bauland ist mindestens so hoch wie in Hamburg – aber das Ergebnis ist besser.“ Mit den hier gezeigten Bildern will Bunk nicht Hamburg prügeln; so etwas gibt ist in jeder größeren Stadt. Er will aber an Gemeinsinn, Vernunft und auch an nachhaltige Sparsamkeit appellieren: „Was da verschwendet und verpfuscht wird und was bald teuer repariert werden muss – das kostet Bauherren und Allgemeinheit später viel mehr, als wenn der Freiraum gleich kundig geplant werden würde.“
Die Luruper Chausee ist eine mehr oder minder repräsentative Einfallstraße nach Hamburg. Hier baut man weit von der Fahrbahn zurückgesetzt. Doch was tun mit dem so gewonnenen Freiraum? Für schick verchromte Tiefgaragen-Schlote ist er gerade recht. Und es ist genug Raum dafür, dass immerhin zwei von vier Schloten den vorgeschriebenen Abstand zum Haus einhalten. Ebenso schick sind die versenkbaren Müllplätze und der Zaun, der das Ganze gegen die Fahrbahn abschirmt.
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