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Kontaktbörse Kaffeepause

Kammerfortbildungen dienen bei Weitem nicht nur der Wissenssteigerung. Gerade in ihren Pausen ergeben sich nützliche Kontakte, aus denen sogar Netzwerke entstehen können

24.02.20145 Min. Kommentar schreiben
Foto: privat (2): K. Höhner
Foto: privat (2): K. Höhner

Text: Nils Hille

Andreas Siegels ist wahrlich ein Überzeugungstäter. Den Architekten aus Stuttgart könnte man, ohne zu übertreiben, als Fortbildungs-Fan bezeichnen. Seit zwölf Jahren besucht er regelmäßig Lehrveranstaltungen: Bis zu 15 Seminare pro Jahr bei verschiedenen Anbietern füllen seinen Kalender. „Die Angebote der Architektenkammer sind dabei ganz weit vorne“, sagt Siegels. Zeit und Geld investieren sein Arbeitgeber, ein großes Bauunternehmen, und er, der dort als Architekt und Berater in der Abteilung Zentrale Technik arbeitet, dafür gerne. Die Vorteile lägen schließlich auf der Hand: „Ich bemühe mich, auf dem aktuellen Stand zu sein, und gebe mein neu erlangtes Wissen intern weiter, sodass gleich mehrere weitere Kollegen von den Fortbildungen profitieren.“

Über Small Talk zum Netzwerk

Zudem ergreift der 46-Jährige eine weitere Chance, die viele Teilnehmer gar nicht wahrnehmen: die Pausen. Während andere hektisch per Smartphone ihre E-Mails checken und Rückrufe tätigen, nutzt Siegels die Zeit gezielt zum Netzwerken. „Bei einem Kaffee kommt man schnell mit Teilnehmern und auch den Dozenten ins Gespräch. So lassen sich leicht Visitenkarten austauschen. Das muss zu nichts führen, kann es aber“, sagt er. Gerade bei Schulungen, die über mehrere Tage gehen, könne er so erste Kontakte herstellen, die sich an den Folgeterminen ausbauen ließen. „Die Kaffeepausen sind daher nicht zu verachten. Aus ein paar dieser freien Zeitblöcke können gute Kontakte fürs gesamte Berufsleben entstehen. Das sollten auch die Seminaranbieter berücksichtigen und Pausen deshalb nicht zu knapp planen.“

Das Institut Fortbildung Bau der Architektenkammer Baden-Württemberg hat diese Möglichkeit zum Austausch geboten – und sorgte damit für den größten Netzwerk­erfolg des begeisterten Stuttgarters. Im Rahmen des Lehrgangs zum „Sachverständigen für Schäden an Gebäuden“, der über 20 Wochenenden lief, hatten Siegels und die anderen Teilnehmer genug Zeit zum näheren Kennenlernen. „Wenn man wie wir über zwei Jahre lang immer wieder aufeinandertrifft, kommt ein Gemeinschaftsgefühl auf. Irgendwann kannten wir uns ganz gut und haben auch angefangen, über Privates zu sprechen.“ So entstand der Wunsch in der Gruppe, sich auch nach der gemeinsamen Zeit nicht aus den Augen zu verlieren und sich weiter austauschen zu können: „Ich hätte es aus menschlichen und fachlichen Gründen schade gefunden, wenn sich die Kontakte mit Ende des Lehrgangs aufgelöst hätten. Das ging den meisten Kollegen auch so. Daher haben wir ein Netzwerk angestrebt und koordiniert aufgebaut“, erzählt Siegels.

Jeder listete zunächst die Kontaktdaten auf, über die er erreicht werden wollte. Dann richteten sie eine geschützte Daten-Austausch-Plattform ein, die jedoch nicht zum Erfolg führte. Aufgrund von Verschwiegenheitsverpflichtungen ließen sich hier nur anonymisierte Beispiele hochladen, was die Sache aufwendig und für den Alltag nicht praktikabel machte. Erfolgreich waren dagegen von Anfang an die Treffen des Netzwerks. Seit dem Ende des Lehrgangs vor etwas mehr als zwei Jahren führen die Absolventen immer mal wieder Veranstaltungen durch, zu denen auch die Organisatoren des Instituts Fortbildung Bau und die damaligen Dozenten eingeladen sind. Dabei geht es zwar auch um neuen fachlichen Input. Im Mittelpunkt steht aber wieder die gemeinsame, frei verfügbare Zeit beim Essen und Trinken.

Foto: privat (2): K. Höhner
Foto: privat (2): K. Höhner

Das zweite Treffen dieser Art plante Lehrgangs-Absolventin Sandra Willkommen. Zwar habe sie die Organisation viel Zeit und Arbeit gekostet, aber es habe sich gelohnt, so die 38-jährige Architektin aus Stuttgart: „Wir konnten uns mal wieder in Ruhe über fachliche, geschäftliche und private Themen austauschen. Es ist mir wichtig, diese Kontakte zu pflegen, denn wir ­verstehen uns gut und der fachliche Austausch hilft allen.“ Jahrelang war Willkommen in einem Architekturbüro im Stuttgarter Raum in Vollzeit angestellt. Wohnhäuser, Industriebauten – von allem war etwas dabei, was sie planen konnte. Das Interesse am Lehrgangsthema war für sie zunächst eine „reine Hobbysache“, wie sie sagt. „Wenn ich mir Gebäude angesehen habe, habe ich neben der Architektur immer auch die Schäden wahrgenommen.“

So absolvierte sie auch den Lehrgang beim Institut Fortbildung Bau aus reiner Neugierde. Während der Zeit wurde sie schwanger und arbeitet seit der Geburt ihres Kindes nun Teilzeit als Architektin und eben nebenberuflich als Sachverständige. Um in diese Tätigkeit hineinzuwachsen, nutzte sie den neu gewonnenen Kontakt zu der Dozentin Sylvia Stürmer. Nach Abschluss des Lehrgangs sprach Willkommen die Konstanzer Bautechnik-Professorin an und durfte bei ihr hospitieren. Darüber entstanden auch der Kontakt mit und die Mitgliedschaft in der WTA, der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege. „Hier erstellen wir in einer Arbeitsgruppe ein neues Merkblatt. Das Engagement ist unentgeltlich, aber durch die beteiligten Fachleute unterschiedlichster Bereiche sehr lehrreich“, sagt sie. Auch zu anderen Lehrgangsteilnehmern hat sie, neben den jährlichen Treffen, regelmäßigen Kontakt: „Es kommt vor, dass jemand eine fachliche Frage per E-Mail in die Runde schickt oder ein Problem schildert und von den anderen Kursteilnehmern verschiedene Anregungen erhält.“ Von diesem Erfahrungsaustausch hört Andreas Siegels auch immer wieder: „Da werden die Kontakte genutzt und die Ex-Seminarkollegen oder -Dozenten zur Unterstützung herbeigerufen.“ Auch für ihn erwiesen sich die Kontakte zu den Lehrenden als nützlich. Zu speziellen Fachfragen, die ihn und seine Kollegen im Bauunternehmen umtreiben, konnte er unter ihnen schnell auch die passenden Ratgeber finden. Diese Art von Inhouse-Schulungen werden aber eines sicher nicht ersetzen: Siegels Begeisterung für externe Fortbildungen – und ihre Kaffeepausen.

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