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Über marktwirtschaftliche Aspekte nachhaltiger Immobilien unterhielt sich Fachjournalistin Elke Kuehnle mit Prof. Dr.-Ing. Josef Zimmermann, Ordinarius am Lehrstuhl für Bauprozessmanagement der TU München

29.04.20144 Min. Kommentar schreiben
Prof. Dr.-Ing. Josef Zimmermann, Ordinarius am Lehrstuhl für Bauprozessmanagement der TU München
Prof. Dr.-Ing. Josef Zimmermann, Ordinarius am Lehrstuhl für Bauprozessmanagement der TU München

DAB: Welcher betriebswirtschaftliche Zusammenhang besteht zwischen Lebenszykluskosten und Lebenszykluserträgen?

Prof. Josef Zimmermann: Ziel eines nachhaltigen Gebäudes ist es nicht nur, dass eine neutrale Lebenszyklusbilanz auf der stofflichen Ebene erreicht wird, sondern dass auch Mehrwert für die Nutzer über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes entsteht. Neben den Lebenszykluskosten entstehen demnach auch Lebenszykluserträge. Nachhaltig ist eine Immobilie dann, wenn sie auch dauerhaft zu vermieten ist. Das ist für uns auch der Grundansatz unserer Forschungsvorhaben. Deshalb erforschen und definieren wir die Ansprüche von Investoren und Nutzern, die diese attrahieren, im Kontext des marktwirtschaftlichen Ansatzes in bestimmte Eigenschaften eines Gebäudes investieren zu wollen, ein Gebäude mieten zu wollen und möglicherweise auch bereit sind, höhere Miete dafür zu zahlen. Dafür erwartet der Nutzer aber auch einen Mehrwert, beispielsweise wenn die Produktivität der Mitarbeiter infolge der Konzeption der Büroimmobilie steigt. Ein wesentlicher Aspekt ist, dass sich die Ansprüche von Nutzern verändert haben. Das konnten wir anhand von Forschungsergebnissen sehr gut zeigen. Eine zukunftsweisende Umfrage im Rahmen der Dissertation von Stefan Bogenberger am LBI (Lehrstuhl für Bauprozessmanagement und Immobilienentwicklung) der TU München, hat ergeben, dass Investoren ein eigenes Verständnis der Nachhaltigkeit von Gebäuden haben. Deutlich mehr als 40 Prozent aller Befragten aus Property-Gesellschaften in Europa, Nordamerika und Australien halten demnach Eigenschaften eines Gebäudes wie Werterhalt und Wertmehrung sowie bessere Nachvermietungschancen für sehr bedeutend hinsichtlich einer nachhaltigen Investitionsstrategie. Die Eigenschaften Ressourcenschonung, Imagegewinn oder Umweltschutz wurden dagegen mit deutlich geringerer Bedeutung eingestuft. Investoren sind also durchaus für Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Gebäude sensibilisiert, erwarten jedoch, dass diese Eigenschaften deutlich im Zusammenhang mit der Werterhaltung und Wertsteigerung eines Gebäudes stehen. Wenn der Kunde den Mehrwert hinsichtlich der Nutzung also versteht, wäre er auch bereit, Mehrkosten dafür in Kauf zu nehmen.

DAB: Welche Material- und Gebäudeeigenschaften sind aus Sicht von Investoren und Nutzern besonders wertvoll?

Ergebnisse einer weiteren, in die Zukunft gerichteten Nutzerbefragung im Rahmen der Dissertation von Matthias Schaule zeigen, dass Nutzer Gebäude mit bestimmten Eigenschaften favorisieren und bereit sind, dafür höhere Mieten zu akzeptieren. Die höchste Präferenz für eine zukünftige Differenzierung erreichten die Eigenschaften „Nutzung von Solarenergie; Regenwassernutzung; ökologische Materialien“. Die höchste Zahlungsbereitschaft für Mehrkosten (höherer Mietpreis) äußerten die Befragten für die Gebäudeeigenschaften „keine störenden Außengeräusche, Sicherheitspersonal, Wärmerückgewinnung, vorhandene Freiflächen, individuelle Gestaltung, ökologische Materialien“. Bestimmte Eigenschaften werden aus Sicht der Nutzer als selbstverständlich vorausgesetzt – ich sagte bereits, dass sich Nutzeransprüche verändert haben – dafür besteht dann auch wenig Bereitschaft Mehrkosten zu akzeptieren. Ein Beispiel sind manuell zu öffnende Fenster. Fehlen solche als selbstverständlich erwarteten Eigenschaften, wirkt sich das sehr viel deutlicher – und dann negativ im Sinne von Abschlägen – auf den Verkehrswert der Immobilie aus. Ökologische Materialien haben dagegen sowohl aus der Sicht von Investoren wie auch aus der Sicht der zukünftigen Nutzer eine hohe Bedeutung und steigern als ein Aspekt indirekt den Verkehrswert von Immobilien. Deshalb ist es wichtig, dass Investoren und Projektentwickler vom Nutzen in diesem Sinne „nachhaltiger“ Gebäude überzeugt werden. Beides zusammen ergibt tatsächlich nachhaltige Gebäude, weil diese in ihrem gesamten Lebenszyklus für Nutzer interessant sind und Werterhalt und Wertmehrung garantieren, die mit Umweltfreundlichkeit vereinbar ist. Alle aktuell angebotenen Zertifikate, die diese Aspekte nicht berücksichtigen, sagen über die Nachhaltigkeit eines Gebäudes aus meiner Sicht nichts aus und dienen zurzeit noch dem Marketing. Das gilt auch für das Verständnis und den Umgang mit Materialzertifikaten, wie beispielsweise EPDs.

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