Text: Roland Stimpel
Barrierefreie Berge
Haus der Berge, Berchtesgaden
Das Informations- und Bildungszentrum unweit des Berges Watzmann wagt den Balanceakt zwischen Zeitgenossenschaft und alpiner Anmutung. Es beherbergt eine Ausstellung „Vertikale Wildnis“, Kino und Bibliothek, natürlich einen Laden und ein Lokal mit regionalen Spezialitäten. Der Freiraum umfasst ein „Alpinum“ mit den wichtigsten Pflanzen des Nationalparks, einen Panoramaweg und direkt am Haus eine Besonderheit: ein nicht ganz ebenes, doch barrierefreies Stück Alpenwelt.
Staatliches Bauamt und Leitenbacher Spiegelberger Traunstein, Freiraum Schüller Landschaftsarchitekten, München
Energetisches Dach
Busbahnhof, Bad Neustadt an der Saale
Bad Neustadt an der Saale ist „Modellstadt Elektromobilität“. Das sieht man einem wichtigen Mobilitätsknoten jetzt so deutlich wie positiv an: dem Busbahnhof südlich der Altstadt. Seine neuen Dächer schützen nicht nur die Wartenden, sondern produzieren auch Solarenergie – und sind zugleich nach unten durchlässig für Tageslicht, damit die Sonnenkraftnutzung den Ort nicht verdüstert. Was man mit dieser Energie machen kann, wird nebenan in einem Informationscontainer für Elektro-Fahrräder präsentiert.
Architekten Franke + Messmer, Emskirchen
Rundlauf per Rampe
Ernst-Barlach-Schule, München
Ein Hauch von New Yorker Guggenheim-Museum weht durch die Ernst-Barlach-Schule in München-Schwabing – eine (nicht ganz runde) Rampe, die sich durchs ganze Haus zieht. Während die Schräge bei Guggenheim der Kunstbetrachtung etwas hinderlich ist, baut die Münchener Rampe Hindernisse ab: Auf ihr können sich behinderte Schüler ohne fremde Hilfe und Technik durchs ganze Haus bewegen. Auch ihre nicht behinderten Mitschüler schätzen den Rundlauf um den Innenhof unter dem großen Glasdach.
Bauer Kurz Stockburger & Partner, München
Filigrane Brücke
Schlautbogen-Brücke, Münster
„Eine tolle Designerbrücke“ sieht hier nicht nur der 84-jährige Alfons Eggert, Landwirt im Ruhestand aus Münster-Mecklenbeck. Das neue Bauwerk mit seiner zarten Optik verbindet den Vorort stufen- und gefahrlos mit Münsters Innenstadt. Die filigrane Konstruktion entwickelt sich aus einer organisch geformten Stahlfläche, die zu einem geschlossenen Hohlkörper verschweißt wurde. Die Entwerfer der Brücke hatten einen von der Stadt ausgelobten Realisierungswettbewerb im Jahr 2012 gewonnen.
WoltersPartner Architekten & Stadtplaner GmbH, Coesfeld mit W+B Ingenieure GmbH, Münster
Altmodischer Autokult
Schuppen Eins, Bremen
Doppelte Nachkriegs-Nostalgie in der Überseestadt Bremen: In einem umgebauten Hafenschuppen von 1959 wird ein Autokult gepflegt, der eher in die motorfreudige VW-Käfer-Ära als in die Gegenwart passt. Unten kann man Oldtimer bewundern und reparieren lassen. Nach oben kommt man per Autolift, ohne das Fahrzeug verlassen zu müssen – und fährt dann zu den aufgesetzten Büros und Wohnungen auf einer Dachstraße. Kleiner Trost: Draußen in Bremen gibt es inzwischen doppelt so viele Fahrräder wie Autos.
Westphal Architekten, Bremen
Autofreier Platz
Quartiersplatz, Göttingen-Grone
Ganz anders als die Bremer Autohaus-Investoren gingen die Eigentümer einer Parkpalette in Göttingen vor: Sie räumten die obere Etage von Autos frei und ließen sie durch einen Stadt-, Spiel- und Sportplatz ersetzen. Nun hat die Stadtrand-Siedlung aus den 1970er-Jahren endlich so etwas wie eine Mitte. Wer etwas erleben will, muss jetzt nicht mehr erst ins Auto steigen und lebendigere Quartiere aufsuchen.
Fabian Lippert Architekt & LKA-Berlin, Berlin
Boulevard-Platz
Saporoshje-Platz, Oberhausen
Eigentlich ist er eine Allee, und „Platzboulevard“ heißt darum das hübsche Motto, unter dem der Saporoshje-Platz im rheinischen Oberhausen mit seinen vor Jahrzehnten gepflanzten Platanen neu gestaltet wurde. Am Platz steht das backsteinerne Bert-Brecht-Haus mit Volkshochschule und Stadtbibliothek. Der Bodenbelag nimmt die lang gestreckte Form des Stadtplatzes auf; nachts schimmert ein „Lichthimmel“. Dieser soll aber nicht nur hübsch sein, sondern auch als „funktionale Illumination der Parkierungsflächen“ dienen. Saporoshje ist übrigens die ukrainische Partnerstadt Oberhausens.
Förder Landschaftsarchitekten, Essen
Lehrreiche Rundung
Logistik-Hochschule, Hamburg
Die private, staatlich anerkannte Kühne Logistics University (The KLU) dient im Haus eines Branchenführers der Fortbildung in Sachen Speditions- und Lager-Management. Im Atrium eines Bestandsbaus in der Hafencity ist die golden schimmernde, üppig gerundete Konstruktion entstanden, die unter anderem den Empfang, einen Hörsaal und eine Bar enthält. Die Hochschule bietet Abschlüsse bis hin zum „Master of Science in Global Logistics“.
MPP Meding Plan + Projekt GmbH, Hamburg
Mahnender Platz
Rabbiner-Rülf-Platz, Saarbrücken
Den Platz in Saarbrücken kannte Google Maps im Mai noch nicht; auf dem Satellitenbild war er nur Parkplatz und Haltestelle. Jetzt liegt an diesem wichtigen Ort zwischen Fußgängerzone und Saar ein Platz, der teils frei und offen gestaltet ist, teils von noch jungen Bäumen bestanden. Mit der Freiraumgestaltung einher ging die Anlage eines Mahnmals für Saarbrückens ermordete Juden, 40 „Erinnerungswald“ genannte bronzene Baumstämme von Ariel Auslender und Fabian Luttropp.
FLOSUNDK architektur+urbanistik, Saarbrücken
Spannende Fassade
Haus der Kinder, Gilching
Kinder bewegen sich bekanntlich, wann immer sie können. Warum ihnen nicht eine Fassade bieten, deren Anblick sich mit der Bewegung verändert? Beim Haus der Kinder in Gilching bei München geschieht das durch die dreidimensionale, reliefartige Struktur der hölzernen Hülle. Ganz strenge erwachsene Puristen finden das womöglich albern. Doch die Nutzer des Hauses werden so spielerisch zur Architekturbetrachtung motiviert. Es ist nicht ihr einziger Spaß: Rutschen führen aus der ersten Etage direkt in den Garten.
Füllemann Architekten GmbH, Gilching; Landschaftsarchitektur: Franziska Meyer-Fey, Herrsching
Alle vorgestellten Projekte am diesjährigen Tag der Architektur finden Sie hier
Die „Fitbox“ ist ein Serien- und Markenprodukt, innenarchitektonisch entworfen für einen gleichnamigen Betreiber von Fitnesszentren. Sie zeichnet sich durch kurze Wege, bewegliche Schiebewände und Möbel für unterschiedliche Raumauslastungen und eine gepixelte Leuchtwand aus, die den Trainierenden die Digitaltechnik der gerade genutzten Geräte vorführt. Die Funktionsflächen sind kompakt angeordnet, so dass mehr Freizeitsportler auf kleinem Raum aktiv sein können.schaeffer architecture and technology, München
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu:
Bedauerlich, wenn bei der kurzen Beschreibung der vorgestellten Projekte der Chefredakteur auch noch Wertungen vornimmt bzw. Urteile fällt. Hilfreicher wäre die genauere Angabe der Standorte = Adressen gewesen.