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Text: Andreas Lieberum
Im August 2007 berichtete das DAB über den Start des Projektes bauteilnetz Deutschland, gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Flächendeckend sollten in der Bundesrepublik Bauteilbörsen entstehen, um gut Erhaltenes aus Abbruch und Sanierung zu retten, was wieder in den Nutzungskreislauf zurückgeführt werden kann. Leider sind wir sieben Jahre später immer noch meilenweit davon entfernt. Zwar gingen 15 Bauteilbörsen bis 2009 an den Start, doch rund die Hälfte hat wieder aufgegeben. Das traf vor allem solche, die in Verbindung mit sozialer Arbeit entstanden sind: Transferleistungen für Beschäftigung wurden radikal gekürzt. Einige halten sich mit geförderten Projekten über Wasser, andere übernehmen kommunale Aufgaben zur Abfallberatung, sichten und entsorgen Sperrmüll und refinanzieren damit ihr Bauteilangebot. Nur ganz wenige sind am Markt überhaupt überlebensfähig, gestärkt durch ein zweites und drittes Standbein. Das betrifft zum Beispiel die Bauteilbörsen in Bremen, Saarbrücken und Luckenwalde.
Kreislaufwirtschaftsgesetz und Bauproduktenverordnung hatten im Bauwesen Grundsätzliches ändern sollen: Bei Abrissen und kleineren Rückbauten sollten alle brauchbaren Teile wiederverwendet, beim Neubau sollten demontierbare Konstruktionen und vor allem nachhaltige Baustoffe gewählt werden. Für Architekten deutete sich ein neues Arbeitsfeld mit viel Raum für Kreativität und großen Nachhaltigkeits-Potenzialen an. So sollten Reparaturfreudigkeit und Veränderbarkeit wieder wesentliche Aspekte bei allen Baumaßnahmen zur Verlängerung der Lebensdauer sein. Der Wiedereinsatz von gebrauchten Bauteilen kann dabei gerade in der Architektur außerdem zu einem „einmaligen“ Entwurf führen. Kostengünstig wird es immer dann, wenn gut erhaltene Materialien rechtzeitig eingeplant werden. Der mittlerweile eingeführte bundesweite Bauteilkatalog gibt hierfür erste Anreize.
Zuletzt bestätigte aber auch ein Workshop im September 2014 in Bremen, dass Bauteilewiederverwendung alles andere als ein Selbstläufer ist. Der Erhalt der Werte in alten Bauteilen und damit der eindeutige Beitrag zur Ressourceneffizienz und zum Klimaschutz funktioniert häufig nicht unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. Doch es gibt auch Erfolgs-Indikatoren. So sind Kooperationen und die Einbindung von Abbruchunternehmen als Partner ein ganz wesentlicher Faktor für die Beschaffung der benötigten Bauteile.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist die Integration des Themas in die Aus- und Weiterbildung. Hier sind vor allem Hochschulen, aber auch Handwerksbetriebe zu nennen, die den Umgang mit gebrauchten Bauteilen bei Aus- und Wiedereinbau erst noch erlernen müssen. Zudem gehört der Rückbau-Gedanke schon in die Entwurfsphase. Hierfür sind bereits erste Qualifizierungsbausteine erarbeitet, und es gibt einige Studenten-Wettbewerbe, bei denen genau dieser Aspekt Hauptkriterium bei der Ausschreibung war.
Ein gutes Beispiel war der Beitrag der Studenten der RWTH Aachen zum Solar-Decathlon-Wettbewerb 2012. Das „Counter Entropy House“ wurde als Plusenergiehaus so konzipiert, dass es demontierbar ist. Die Materialien sind wiederverwendbar; ihr Lebenszyklus wurde analysiert. Die Studenten reduzierten die Energiebelastung auf ein Minimum, verwendeten selbst aufgearbeitete Baumaterialien, die zum Teil aus dem Abbruch des Tivoli-Stadions in Aachen stammten, und daneben bevorzugt Produkte, die möglichst wenig graue Energie enthielten.
Nötig sind jedoch mehr bundesweit gute Beispiele, die angeschaut, angefasst und auch hinsichtlich ihres Beitrages zum Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz belegt werden können. Ein älteres, noch immer beeindruckendes Beispiel ist das Sanierungsprojekt Heinrichstraße in Bremen, das das Bauen mit natürlichen Baustoffen mit der Wiederverwendung von Baumaterial kombiniert.
Das Ganze ist auch ein Problem der Regelungen: Immer wieder gibt es Unsicherheiten im Hinblick auf die rechtlichen Fragen rund um den Abfallbegriff sowie zur Haftung und Gewährleistung bei der Veräußerung alter Bauteile. Sie müssen auf Grundlage der europäischen Abfallrahmenrichtlinie für alle beteiligten Länder geklärt werden.
Andreas Lieberum ist Geschäftsführer der ecolo–Agentur für Ökologie und Kommunikation in Bremen.
Weiterführende Informationen zum Prinzip Cradle-to-Cradle sowie eine umfangreiche Sammlung von Beiträgen und Fachartikeln rund um das Thema „Recycling“ finden Sie auch unter
DABonline.de/tag/cradle-to-cradle
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