Text: Nils Hille
Niemand von ihnen hätte auch nur zu hoffen gewagt, dass sie einmal so groß werden und so gut laufen würde. Und vor allem, dass sie so lange am Leben bleiben würde, auch wenn sie sich verändert. Rein aus praktischen Gründen ist die Arbeitsgemeinschaft, kurz ARGE, aus den Büros Harter + Kanzler in Freiburg und Broghammer Jana Wohlleber in Zimmern ob Rottweil vor 19 Jahren entstanden. Anlass war ein VOF-Verfahren für den Neubau des Bereichs Mikrosystemtechnik an der Freiburger Universität, wie Ludwig Harter, Inhaber von Harter + Kanzler, erklärt: „Wir mussten erkennen, dass wir mit unserem Büro allein dabei von der Größe und Erfahrung her keine Chance gehabt hätten. Um doch konkurrenzfähig zu sein, wollten wir eine ARGE mit einem anderen Büro eingehen.“Sofort war für ihn und für Mitinhaber Ingolf Kanzler klar, dass solch ein ARGE-Partner zwei Bedingungen erfüllen müsste: „Wir müssen dessen Architektur schätzen und mit den Inhabern menschlich sehr gut klarkommen. Denn wenn wir uns nicht sicher wären, dass sie absolut fair sind, würde es später nur Probleme geben.“ So war schnell für sie entschieden, dass eine ARGE-Gründung nur mit Broghammer Jana Wohlleber infrage käme. „Wir kannten uns schon damals privat und wussten, dass dies keine Fahrt ins Blaue wird, sondern dass wir auch bei mal auftretenden Schwierigkeiten gut zusammenarbeiten würden“, so Harter.Ein drittes, gemeinsames Büro
Sie sollten recht behalten. Schon mit ihrer ersten gemeinsamen Bewerbung für das Freiburger Mikrosystemtechnik-Projekt konnten sie als ARGE punkten und erhielten den Auftrag für sämtliche Leistungsphasen. Von nun an arbeiteten Mitarbeiter aus beiden Büros zusammen und profitierten davon, sich in ihrem Wissen gegenseitig zu ergänzen. Das funktionierte so gut, dass die ARGE schon während der Projektbearbeitung an weiteren Verfahren und Wettbewerben teilnahm. Wiederum mit Erfolg: Auch der Auftrag für den Bau der Physikalischen Institute der Universität Heidelberg ging an sie. Bis heute haben sie damit zu tun: Momentan realisieren sie den dritten und damit finalen Bauabschnitt des Großprojekts.
In der Zwischenzeit sind noch zahlreiche Aufträge hinzugekommen – alle im Bereich Forschung und Lehre. Es gehört zur Grundvereinbarung der beiden Büros, nur in diesem Sektor zu kooperieren. Alle anderen Anfragen und Aufträge bearbeiten die Büros weiterhin einzeln für sich. „So gab es nie Auseinandersetzungen, wann wir uns Arbeit und Honorar teilen und wann nicht“, sagt Harter.
Dies ist mittlerweile sowieso auch formal geklärt: Nach dem zweiten gewonnenen Wettbewerb entschieden die fünf Inhaber der beiden Büros, die Arbeitsgemeinschaft in ein gemeinsames, drittes Büro umzuwandeln. Hier arbeiten nun die Mitarbeiter, die sich damals auf Forschungs- und Lehrgebäude spezialisiert haben, ergänzt durch weitere, neue Kollegen. Heute erinnert hauptsächlich der Name „ArGe Architekten“ noch an die ursprüngliche Form. Harter erklärt die Entscheidung: „Wir haben einfach unser Potenzial in diesem Bereich erkannt und gesehen, dass ein Team mit Konzentration auf dieses sehr spezielle Wissen nötig ist. Aber wir wollten uns auch absichern: Wenn es mal keine Aufträge mehr im Forschungssektor gibt, dann würden wir nur das gemeinsame Büro schließen müssen. Und wir hätten weiterhin unsere beiden sehr breit aufgestellten Büros.“
Bloß nicht aufrechnen
Sorgen muss sich aber niemand machen. Seit 19 Jahren läuft dieses Modell sehr gut. Momentan sind die sieben Mitarbeiter bei ArGe Architekten mit fünf Projekten in unterschiedlichen Phasen reichlich beschäftigt. Und wenn es Engpässe gibt, bekommen sie für ein, zwei Monate Unterstützung aus den beiden anderen Büros – und müssen so nicht erst externe Kräfte in Arbeitsweisen und Bürospezifika einarbeiten. Zudem werden auch die Wettbewerbe stark von den beiden Hauptbüros unterstützt oder gesteuert. Hier wechselt die Leitungsaufgabe von Projekt zu Projekt, ohne dass jemand mittels einer Strichliste protokolliert, wer sich mehr engagiert hat. Ein ganz entscheidender Faktor, so Harter: „Wir fragen uns nie, wer wie oft den Karren gezogen hat. Wenn einmal jemand anfängt und das aufrechnet, dann würde das in ständigen Konflikten enden.“ Zu Wettbewerben gehöre es dazu, dass zwei Büros die Aufgaben nicht genau zur Hälfte aufteilen könnten und eine Buchhaltung über die jeweils geleisteten Stunden wenig Sinn mache. „Wir reden stattdessen offen darüber, wenn einer sich mehr Engagement vom anderen wünscht, und setzen ansonsten auf den größten Wert einer jeden Partnerschaft, das Vertrauen.“Tabulator für rechte Ausrichtung.
Zu den rechtlichen Aspekten von ARGE-Verträgen siehe den Beitrag von Markus Prause aus Ausgabe 1-2015.
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu: