Text: Roland Stimpel
Guido Körkel und Holger Beierlein machen vieles anders als andere Architekten. Um an neue Aufträge zu kommen, nehmen sie nie an größeren Wettbewerben und selten an öffentlichen Ausschreibungen teil. Stattdessen tingelt das auf Forschungs-, Gesundheits- und Pflegebauten spezialisierte Büro mit einem eigenen Stand von Fachmesse zu Fachmesse, auf denen sie potenzielle Bauherren vermuten – ob zur „Altenpflege“ nach Nürnberg oder Hannover, zur „Medica“ nach Düsseldorf oder zur „TechnoPharm“, wiederum in Nürnberg.
Daheim im Büro liegt der Fokus nicht auf avantgardistischer Entwurfskunst, sondern auf guter Führung: Die beiden pflegen ihr Spezial-Know-how für Leistungsvergaben, betreiben professionelle Personalentwicklung und „Sozialmanagement“. Zugleich perfektionieren sie die Kalkulation so sehr, dass Körkel bereits am 19. Januar verkünden kann: „Wir wissen jetzt schon, wie wir dieses Jahr abschließen werden.“ Ist ein Gebäude fertiggestellt, übergeben sie nicht nur alle Daten digital dem Bauherrn, sondern bieten dazu gleich noch eine selbst entwickelte Software namens „KBA-Doc“, die alle nötigen Daten so aufbereitet, dass spätere Eigentümer und Betreiber darauf ihr Facility-Management aufbauen können. Demnächst wollen sie diese Software in einer eigenen Firma vermarkten.
Kreativer als Franchising
Jetzt hat die Körkel Beierlein Architekten GbR ihren originellsten Coup eingeleitet: die Vermarktung ihres guten Büronamens zwecks eigener Expansion. Ausgewählte andere Architekten dürfen ihr Büro als „Körkel Beierlein“ bezeichnen und die zahlreichen Projekte als Referenzen nutzen. Neue Vorhaben realisieren sie wirtschaftlich eigenständig, aber mit diversen Unterstützungen und nach den Qualitätsmaßstäben der Heidelberger. Die wiederum wollen davon profitieren, dass immer mehr unter ihrem Namen läuft – auch an Orten, an denen sie nicht vertreten sind und sich eine eigene Niederlassung nicht lohnt.
Und sie profitieren von der Lizenzgebühr, die die Partner je nach ihrem Umsatz zahlen. An dieser Stelle klingt das Ganze ein bisschen nach dem Franchising-System, nach dem McDonald’s, Tchibo, Apollo-Optik und viele andere in Gastronomie und Handel arbeiten: Die Konzerne betreiben die Läden vor Ort nicht selbst, sondern bieten ein etabliertes Produkt, zentrales Marketing und Werbung sowie Know-how für den Betrieb. Das Ganze ist etwas für Unternehmer, deren Stärke nicht in der originellen Geschäftsidee besteht, sondern im effizienten Umsetzen eines bewährten Konzepts.
Da hört die Parallele zum Franchising aber auch schon wieder auf. Denn es geht um Architektur, nicht um Burger und Brillen. Die Lizenznehmer entwerfen selbst, und Körkel legt Wert auf die Feststellung: „Wir wollen auch keinem das Urheberrecht streitig machen.“ Denn das genießt der selbstständige Entwerfer, der unter der Heidelberger Marke in Erfurt oder Essen aktiv sein könnte.
Das Büro als Eigenmarke
Im Dezember 2014 inserierten die beiden unter „Geschäftsverbindungen“ im Deutschen Architektenblatt. Sie wandten sich an Angestellte, die an Selbstständigkeit dachten, an individuelle Freiberufler und kleine Büros mit bis zu fünf Mitarbeitern. „Wenn Sie Lust am Aufbau einer eigenen KBA-Niederlassung haben, dann sollten wir uns kennenlernen.“ Rund 20 Architekten und Ingenieure zeigten zumindest Neugierde; bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe liefen konkrete Verhandlungen mit dreien von ihnen.
Körkel und Beierlein versprechen künftigen Partnern „vertriebsunterstützende Vermarktung“, etwa Messe-Präsenzen, Pressearbeit, die Pflege der Marke und eine gemeinsame Website. Sie sorgen für einheitliche Briefbögen und Visitenkarten und fürs interne Qualitätsmanagement. Die Büros sollen sich nicht auf die Füße treten, sondern rund 150 Kilometer Mindestabstand halten. Und es sollen nicht alle die gleichen Kenntnisse haben, sondern irgendwann „alle wichtigen Funktionen und Kompetenzen im Gesamtteam vorhanden“ sein.
Jeder kann alle Referenzen nutzen, und jeder soll über seine Lizenzgebühr das Gesamtkonstrukt stärken – auch die anderen Partner. Klaffen Auftragslagen auseinander, soll der Unterbeschäftigte dem Überlasteten helfen. Wer sich aufs Entwerfen konzentrieren will, kann sich einen Bauleitungs-Partner suchen. Bei Krankheit und in anderen Krisen sollen sich Lizenznehmer und -geber gegenseitig helfen. Beierlein: „Wer mit uns arbeitet, soll größere Sicherheit genießen als ein normaler Freiberufler.“ Ein Risiko bleibt freilich bei ihren Lizenzpartnern: die Haftung für Mängel. Selbstständigkeit ohne dieses Risiko gebe es in der Architektur nun mal nicht.
Körkel und Beierlein geht es bei dem Ganzen nicht um schnelles Lizenz-Geld, sondern um einen dauerhaften Aufbau. „Wir wollen so eine immer stärkere Marke werden. Das wiederum erleichtert die Akquise immer mehr.“ Denn das Büro mit derzeit rund 15 festen Mitarbeitern hat ein ehrgeiziges Ziel, das Beierlein nennt: „Wir wollen uns zu einem führenden Architektur- und Ingenieurbüro im Bereich Life-Science und Health-Care entwickeln. Wer auf diesem Gebiet bauen will, soll das Thema mit unserer Marke und unserem Namen verbinden.“ Potenzielle Bauherren gibt es viele: „Wir haben 8.500 Pflegeeinrichtungen und 140 Kliniken in unserer Datei“, verrät Beierlein. „Da kann man Kundenansprache und Kundenpflege nicht zentral machen, sondern nur vor Ort.“
Alternativen zum Lizenzmodell haben die beiden durchgespielt und verworfen. Niederlassungen lohnen nur, wo schon ein Fuß in der Tür ist – wie derzeit in Nürnberg, wo sogar eine Zweigstelle geplant ist. Das aber soll eine Ausnahme bleiben. „Es wird immer schwieriger, gute Leute als Angestellte zu gewinnen“, sagt Beierlein. „Vor zehn Jahren hatten wir oft 60 oder 70 Bewerbungen auf eine Ausschreibung. Jetzt sind 15 schon viel.“ Umgekehrt halten die beiden auch nichts von der projektweisen Verbindung mit Dritten in Arbeitsgemeinschaften, wie Körkel erklärt: „Wir wollen Körkel Beierlein Architekten als eigene Marke weiter etablieren. Dafür würden wir in einer Arge zu wenig Profil, Markenreputation und eigene Referenzen gewinnen.“
Bei allem Ehrgeiz wollen die beiden allerdings das Expansionstempo nicht übertreiben, erläutert Beierlein: „Unser Ziel für 2015 ist es, fünf Partner zu gewinnen. Das konsolidieren wir dann, lernen und möchten 2016 fünf weitere.“
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