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Platte auf Platte

Ein Pilotprojekt in Potsdam zeigt, wie industriell hergestellte Wohnbauten aufgestockt werden können – trotz baulicher Tücken.

29.03.20154 Min. Kommentar schreiben
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Projekt „Wieselkiez 2“: Für mehr bezahlbaren Wohnraum wird einer der sechsgeschossigen Plattenbauten um zwei Geschosse aufgestockt und dabei das Gebäude mit einem nachträglichen Aufzug barrierefrei erschlossen.

Text: Bärbel Rechenbach

Der Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 (PWG) gehören rund 500 Wohnungen in der Plattenbausiedlung „Am Schlaatz“ im Südosten der Stadt. Da der Bedarf an bezahlbaren Wohnungen in Potsdam steigt, wollte die PWG weitere schaffen und initiierte ein Pilotprojekt: Teilnehmer eines von der PWG ausgelobten Wettbewerbs sollten Entwürfe für Barrierefreiheit im Gebäude liefern und unkonventionell neuen Wohnraum schaffen, ohne dass Flächen versiegelt oder Freiräume eingeengt werden müssen. Beauftragt wurde schließlich das Büro S&P Sahlmann Planungsgesellschaft für Bauwesen aus Potsdam für seine Idee, eines der sechsgeschossigen Würfelhäuser, genannt „Wieselkiez 2“, um zwei Geschosse aufzustocken, mit einem Aufzug barrierefrei zu erschließen und dabei vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Behörden und Gestaltungsrat attestierten diesem Projekt Vorbildcharakter und nahmen gleich mehrere Gebäude des Wohngebiets für ähnliche Umbauten ins Visier. Auch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten stimmte zu, da historische landschaftsarchitektonische Sichtachsen unbeeinträchtigt blieben.

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Beton statt Holz: Aufgrund der strengen Brandenburger Brandschutzvorschriften…
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…wonach tragende Bauteile nur aus nichtbrennbaren Materialien bestehen dürfen…

Bei dem Würfelhaus handelt es sich um einen Plattenbau vom Typ „WBS 70 III Potsdam“ aus den Jahren 1985/86. Gestalterisch sollten sich die beiden neuen Geschosse von der „Platte“ darunter innen wie außen abheben, jedoch nicht im Stil einer Penthouse-Wohnung luxuriös sein. Karsten Krake, Architekt bei S&P Sahlmann: „Die Kubatur der Aufstockung entwickelt sich aus dem Bestandsgebäude heraus. Durch die ruhige Eternitfassade mit ihren großflächigen Verglasungen und Einschnitten ist die Aufstockung jedoch deutlich als Neubau zu erkennen. Die Wohnungsgrundrisse gestalteten wir großzügiger als im Bestand und mit fließenden, hellen Räumen. Küchen und Bäder erhielten eine natürliche Belüftung. Zudem besitzt jede Wohnung eine Loggia, auf der für Tisch und Stühle sowie Pflanzen genügend Platz vorhanden ist.“

Aufzug integriert

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…erfolgte die Aufstockung mit vorgefertigten Betonelementen statt wie üblich in Holzrahmenbauweise.

Das Team um den geschäftsführenden Gesellschafter von S&P Timo Jacob vereint neben Architekten und Planern auch Statiker, Brandschutzexperten, Zeichner und Bauüberwacher. Know-how hatte es in ähnlichen Projekten in Potsdam gesammelt; außerdem griff es auf studentische Forschungsarbeiten zum Thema Bauen im bewohnten Bestand zurück. Das war spätestens ab dem Baubeginn 2014 gefragt. Die Mieter blieben während der Arbeiten im Haus wohnen – bis auf die Woche des Treppenhaus-Umbaus. Hier wurde die bestehende zweiläufige Treppe durch eine einläufige ersetzt. Die Demontage der Treppenelemente erforderte Spezialtechnik sowie das Öffnen der Stirnseite des Gebäudes und den Rückbau des Drempels. In den so gewonnenen Raum wurde anschließend der Aufzug praktisch von vorn „eingeschoben“. Sein Schacht ist nach außen hin geschlossen und mit einer schmalen seitlichen Lichtfuge am Bestand angebunden. Der Zugang erfolgt sowohl von außen als auch von innen über das Treppenhaus.

Fundament ertüchtigt

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Treppenhaus-Umbau: Die bestehende zweiläufige Treppe wurde durch eine einläufige ersetzt und der gewonnene Raum für den Aufzug genutzt.
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Der dadurch nur wenig aus der Fassade herausragende Schacht gliedert zusätzlich das Gebäude, wie das Bild oben zeigt.

Aufstockungen werden üblicherweise mit einem leichten Holzrahmenbau realisiert. So war es auch bei diesem Projekt geplant. Timo Jacob: „Doch wir hatten die Rechnung ohne die strengen Brandschutzhüter gemacht, deren Vorschriften sich von denen aller anderen Bundesländer gravierend unterscheiden. In Potsdam dürfen für tragende Bauteile generell nur nichtbrennbare Materialien verwendet werden. Wir entschieden uns deshalb für Stahlbeton, wollten also der alten Platte eine moderne obendrauf setzen.“ Statische Überprüfungen ergaben jedoch, dass die vorhandenen Plattenstreifenfundamente kleiner waren, als in den ursprünglichen Bauplänen eingezeichnet. Ihre statische Tragfähigkeit reichte demnach für die Aufstockung nicht mehr aus. Dafür wurde eine zusätzliche, größere Bodenplatte auf den Kellerfußboden gesetzt und mit den tragenden Kellerwänden kraftschlüssig verbunden. Um den Lastabtrag zu gewährleisten, wurden Löcher in die Wände gebohrt, die Bewehrung wurde hindurchgeführt und dann die neue Bodenplatte betoniert. Zum Glück erlaubte die Raumhöhe des Kellers diese Maßnahme. Trotz dieser nachträglichen Ertüchtigung blieben die Kosten im Rahmen.

In Kürze werden die zwischen 67 und 92 Quadratmeter großen Zwei- bis Drei-Raum-Wohnungen bezugsfertig sein. Durch den Aufzug sind dann auch alle Wohnungen im Haus barrierefrei erreichbar. Rund anderthalb Millionen Euro hat die PWG in das Pilotprojekt investiert. Eine weitere Aufstockung an einem anderen Objekt im Kiez soll 2016 folgen und neue Mieter mit hochwertigen, aber dennoch bezahlbaren Wohnungen versorgen.

Bärbel Rechenbach ist freiberufliche Baufachjournalistin in Berlin.

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