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Wärmedämmung und Denkhemmung

Rettet die Gebäudedämmung das Weltklima oder bedroht sie unsere Baukultur? Die Diskussion ist kontrovers und oft polemisch. Was fehlt, ist eine sachliche, differenzierte Auseinandersetzung.

Von: Claudia Siegele
Claudia Siegele ist Architektin und freie Redakteurin für den Bereich...

28.04.20158 Min. 11 Kommentar schreiben
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Dämmung mit Stil: Hild und K nutzten in den Münchener Welfenhöfen das Wärmedämm-Verbundsystem, um an der Fassade Anklänge an nahe gelegene Gründerzeitbauten zu schaffen.

Von Claudia Siegele

Wir stehen mit der sich anbahnenden Klimaveränderung vor einer nie dagewesenen Herausforderung. Wir haben die Konsequenzen unseres Handelns vor Augen – die Vernichtung unserer Lebensgrundlage – und schaffen es trotzdem nicht, unser stupides Verhalten, unsere Einsicht gegenüber fatalen Fehlentwicklungen zu ändern. Einerseits sind wir betroffen, wenn uns jemand einleuchtend und verständlich erklärt, wie unlogisch wir uns gegenüber der unabänderlichen Prämisse der Verfügbarkeit nur ­eines einzigen Planeten verhalten. Andererseits vergessen wir derartige Mahnungen ob unseres egoistischen und selbstzerstörerischen Verhaltens in der nächsten Minute, wenn wir vom Vortrag ins Auto steigen.

Nur so lässt sich erklären, dass intelligente Architekten, Ingenieure und Ausführende einerseits das nachhaltige Bauen befürworten und sich mit den Konsequenzen der unausweichlichen Energiewende auseinandersetzen, sich aber manche von ihnen gleichzeitig weismachen lassen, man könne in Anbetracht des Übergangs vom fossilen ins solare Zeitalter so weiterbauen wie bisher. Das jedoch würde – allerdings nur in energetischer Hinsicht – dann funktionieren, wenn wir es schaffen könnten, unseren Energiehunger allein aus regenerativen Energieträgern zu stillen. Das aber reicht schlicht nicht, wenn wir andererseits immer mehr zu beheizende Wohnfläche pro Person schaffen, alle Räume eines Hauses kuschelig warm zu halten sind und überall elektrische Geräte oder motorische Steuerungen den Alltag komfortabler machen sollen.

Dennoch diskutieren wir mit großer Leidenschaft Details und stellen Selbstverständlichkeiten in Frage – etwa die, dass ein gedämmtes Gebäude nun wirklich weniger Energie verbraucht als ein original belassenes Fachwerk- oder Gründerzeithaus, das raumweise mit Einzelöfen oder zentral mit einer Dampfheizung erwärmt wird. Gerade wir Architekten neigen dazu, angesichts der Schönheit derartiger kultureller Kleinode zu übersehen, wie es sich – gemessen an heutigen Standards – darin wohnt, ohne die Heizung zu modernisieren, Fenster auszutauschen und Wände innen- oder außenseitig zu dämmen, damit es nicht mehr aus jeder Ritze zieht und im Winter Eisblumen an den Scheiben und dünne Kondensatfilme in den Ecken davon zeugen, wie kalt die innenseitigen Oberflächen sind.

Nein, wir regen uns lieber darüber auf, dass Dämmstoffe die Fassaden von Altbauten verschandeln und die darin lebenden Bewohner qualvoll ersticken. Wir beklatschen die Gaukler auf den medialen Marktplätzen, die pathetisch den Schimmel und die ausgesperrte Sonne beklagen, verursacht von deren Intimfeind Nummer eins: der Gebäudedämmung. Deren Reden werden allerdings vom wichtigsten Regelwert unfreiwillig befeuert: von der paragrafenreichen Energie-Einsparverordnung, die daumenschraubengleich alle paar Jahre ein Stück weiter angezogen, oder im Behördendeutsch: verschärft wird.

Allein schon diese Ausdrucksweise nährt den Eindruck der Energiespar-Gängelei, gekrönt von komplizierten und formelreichen Berechnungsverfahren, die den Computer unverzichtbar machen und zugleich die Intuition des Planers einschläfern. Würde ihm diese nämlich nicht genommen, hätte er ein viel besser funktionierendes Gespür für den Effekt einer Wärmedämmung, die beim Bauen von Häusern schon immer eine Rolle gespielt hat, wie zum Beispiel der archäologische Fund einer 3.400 Jahre alten Flechtwand mit Grasfüllung und Lehmbewurf im hessischen Langenselbold belegt. Die Rekonstruktion dieser prähistorischen Wand ergab einen U-Wert von 0,5 W/(m2 K), gegen den die Ziegelindustrie einst 1995 aufbegehrt hat, weil dieser – so die Befürchtung – das Aus der einschaligen Ziegelwand besiegeln würde. Heute erreichen 36,5 cm dicke Ziegel mit Perlit-Füllung einen U-Wert von 0,23 W/(m2K).

Warum wehren wir uns so vehement gegen die Gebäudedämmung und lassen uns vom Verweis auf die Wärmespeicherkapazität einer ungedämmten, von der Sonne beschienenen Massivwand verunsichern, auch wenn in unseren Breitengraden die grauen und nebligen Wintertage überwiegen und Kirchen oder Schlossmuseen Mühe haben, ihre Trutzburgen zu beheizen? Ein Grund mag sein, dass das Thema Gebäudedämmung in den letzten beiden Jahren allein auf die Risiken und Gefahren der Wärmedämmverbundsysteme fokussiert war, speziell auf jene mit Dämmstoffen aus expandiertem Polystyrol (EPS).

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Grün gedämmt: Kühnl + Schmidt Architekten AG versahen einen Neubau der Universität Mainz mit einer Glasplattenfassade in drei Grüntönen auf der Basis des hinterlüfteten „Airtec“-Systems.

Hersteller agierten hilflos

Wer sich auf das mediale Zerlegen dieser Dämmbauweise eingeschossen hatte, brauchte nicht viel Fachwissen, um die Branche zu verunsichern und aufzumischen. Argumente contra WDVS fanden sich zuhauf: Brandschutz, Schimmel, Luftaustausch, Gesundheitsaspekte, Algen, Wirtschaftlichkeit, Entsorgung und nicht zuletzt die Sorge um unsere überdämmte Baukultur. Weder die Hersteller von WDVS noch deren Verbände waren auf die Kritik vorbereitet und agierten zuweilen recht hilflos, was radikalen Kritikern zupass kam und viel vergiftetes Wasser auf deren Mühlen strömen ließ.

So viele Argumente sich gegen die Wärmedämmung auch finden lassen mögen – ihr eigentlicher Sinn und Zweck lässt sich nicht von der Hand weisen: Sie spart Energie. Und zwar weitaus mehr, als für ihre Herstellung benötigt wird: In der Regel liegt die energetische Amortisationszeit unter fünf Jahren, je nach Dicke und Art der Dämmung sowie abhängig vom Energieträger und dem Klima des Standortes. Darüber hinaus verbessert die Wärmedämmung den Komfort im Gebäude, weil sich höhere Oberflächentemperaturen an den Außenwänden einstellen.

Zur Frage der Entsorgung hält sich die Dämmstoffindustrie bis heute zurück, jedoch bleibt auch diesbezüglich der technische Fortschritt nicht stehen. Das eigentliche Problem ist der Rückbau der Verbundbauweise an der Fassade, der zwar funktioniert, aber bislang noch nicht ausgereift und unwirtschaftlich ist. Alle anderweitig anfallenden Dämmstoffabfälle und Schnittreste werden seit Jahren problemlos getrennt entsorgt und „thermisch verwertet“, sprich: Sie landen in der Müllverbrennungsanlage. Das entspricht natürlich nicht dem anzustrebenden Stoffkreislauf, trotzdem sind EPS-Abfälle kein Sondermüll. Und wer die thermische Verwertung kritisiert, darf eigentlich in kein Auto oder Flugzeug mehr steigen: Dort wird das Erdöl sofort verbrannt, anstatt damit Dämmstoff herzustellen und so viel Energie einzusparen. Zudem ist EPS nur der günstigste, aber bei weitem nicht der einzige Dämmstoff – es gibt Alternativen.

Da WDVS offensichtlich länger an der Wand verbleiben als von Kritikern behauptet, fallen deutschlandweit derzeit nur rund 75 bis 100 Tonnen oder 5.000 Kubikmeter EPS-Abfälle pro Jahr aus WDVS an. Sie würden auf etwa 62 Lastwagen passen. Gemessen an der neu verbauten Menge von vier Millionen Kubikmetern im Jahr 2012 ist der Abfallberg bislang noch verschwindend gering. Ungeachtet dessen wäre die Dämmstoffindustrie gut beraten, zur Frage des Stoffkreislaufs alsbald tragfähige Antworten zu finden. Eine bessere Lösung als das Schreddern und mechanische Herausfiltern der EPS-Kügelchen scheint mit dem „CreaSolv-Verfahren“ in Sicht, bei dem das EPS durch Zugabe eines Lösemittels verflüssigt und so von Putz und Gewebe, aber auch vom Flammschutzmittel HBCD getrennt wird. Wo möglich, ist indes die Aufdoppelung dem Rückbau des WDVS vorzuziehen.

Den Vorbehalten gegenüber der Gebäudedämmung sollte die Industrie prinzipiell so differenziert begegnen wie der Frage, wie viel, also wie dick und wo am sinnfälligsten ein Gebäude zu dämmen ist. Es gibt keinen Königsweg: Pauschal das Dämmen zu verteufeln, führt ebenso wenig zum Ziel des nachhaltigen Bauens wie das unreflektierte Übernehmen der Versprechungen der Dämmstoffindustrie oder das Unterlassen der Suche nach Alternativen – sowohl zum Dämmen selbst als auch zur Art des Dämmstoffes beziehungsweise Systems.

Ausdrucksvoll wie Naturstein

WDVS, Kerndämmung, Innendämmung, VHF, Klinkerriemchen, Füllziegel: Die Spielarten der Fassadengestaltung sind vielseitig, weder ein Neubau noch ein Altbau muss zwingend mit einem glatten Oberputz auf EPS-Dämmplatten versehen werden. Viele bekannte Architekturbüros wie beispielsweise Hild und K Architekten aus München experimentieren auf provokante Art mit gedämmten Oberflächen, immer mehr Hersteller haben Zubehör im Portfolio, mit dem sich die Dämmbauweise nicht weniger ausdrucksvoll gestalten lässt wie eine Naturstein- oder Ziegelfassade. Hätten Baumeister und Architekten heutige Dämmstoffe schon immer verfügbar gehabt – sie hätten sie fraglos genutzt, denn Brennstoff war schon immer teuer und endlich. Egal ob Holz, Kohle, Erdöl oder Uran – nur die Sonne hält uns ein Reservoir verfügbar, das weit über unsere gedanklich fassbaren Zeiträume reicht, um unseren Energiehunger zu stillen. Bis wir so weit sind, allein damit unsere Gebäude zu beheizen und unseren Strom zu gewinnen, sind wir alle gut beraten, mit den (noch) verfügbaren Ressourcen auf unserer Erde sparsam umzugehen. Dämmstoffe helfen uns dabei.

Die Dämmung ist nur ein Aspekt eines zukunftsfähigen und nachhaltig ausgeprägten energetischen Konzepts, das wiederum mit der Funktion, Bauweise und Architektur eines Gebäudes in Einklang stehen muss. Die thermische Hülle eines Gebäudes umfasst bekanntlich weitaus mehr als nur die Fassade, weshalb die Kardinalfrage, ob eine Gebäudedämmung nun sinnvoll oder überflüssig ist, nicht allein dem Für und Wider der Gestaltung beziehungsweise der Architektur geschuldet sein kann. Was zählt, ist der angepeilte Energiebedarf und die Frage, wie viel die thermische Qualität der Gebäudehülle und wie viel die Gebäudetechnik dazu beitragen. Am Ende muss das Konzept stimmen, und die bauphysikalischen Anforderungen müssen ­erfüllt sein: Feuchteschutz, Wärmeschutz, Brandschutz, Schallschutz. Und vor allem: Der Nutzer muss sich in dem Gebäude wohlfühlen – ob mit oder ohne Dämmung.

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11 Gedanken zu „Wärmedämmung und Denkhemmung

  1. Ich habe den Artikel auf unserer Büro Google+ Seite geteilt. Wolfgang Feist (Passivhausinstitut) hat ihn dort kommentiert. Ich schließe mich dem Kommentar an.

    „Anfangs fällt es einem rational begabten Menschen schwer, das zu glauben: Aber offenbar muss die Aufklärung von jeder Generation wieder aufs neue erkämpft werden. Menschen scheinen das emotionale Herangehen („aus dem Bauch heraus“) zu bevorzugen. Derweil haben wir auf einem von 7 Milliarden bewohnten Planeten gar keine andere Chance, als die, uns rational zu verhalten. Also ist es sogar Plicht, für die Aufklärung zu kämpfen: Danke, Klaus Siegele!“

    Antworten
  2. vielen Dank, Klaus Siegele, für den kritischen und aufschlussreichen Artikel. Ich möchte noch ergänzen:
    Entgegen landläufiger Meinung gibt es beim Thema „nachträgliche Dämmung von Altbausaubstanz“ mehr Dämm-Verfahren, als vielen (leider auch Architekten) bewusst ist:
    In Nord-Deutschland vorwiegend, aber auch in anderen Regionen durchaus anzutreffen (so z.B. in Saarbrücken, in Freiburg i. Br.): Hohlschichten in der Außenwand. Diese lassen sich vorzüglich mit verschiedenen Dämm-Materialien nachträglich dämmen – und die Optik der Fassade ändert sich nicht. Auch hat dieses Verfahren nicht die Nachteile einer Innendämmung. Löcher in bestimmten Abständen in die Fassade bohren, Kerndämmung einblasen – fertig!
    Auch sind in ganz Deutschland bei vielen Steildächern obere Geschoßdecken anzutreffen, die sowieso (nach EnEV) gedämmt werden müssen. Und auch sollten – beträgt doch die Amortisationszeit je nach Anfangslage und verwendetem Dämm-System weniger als 5 Jahre (in Extrem-Fällen amortisiert sich das Verfahren in nur einem Winter). Weitere Dämm-Verfahren: Einblasen von Dämmstoff in Fußboden-Konstruktionen, in Gebäudetrennfugen (in dem Fall werden aus zwei Außenmauern -. energetisch gesehen – zwei Innenwände!). Hohlschichten gibt es auch in schwach belüfteten Flachdächern, in Bungalow-Dächern usw. usw. Auch kleinteilige Verfahren machen Sinn: Dämmung von Rollladenkästen, Heizkörpernischen, Bodentreppen, Boden-Aufgängen, Keller-Abgängen usw. usw.
    Das IPEG-Institut hat mehr als 80 Dämm-Verfahren für diverse Bauteile identifiziert und beschrieben – das WDVS ist nur eines davon.
    Unter’m Strich lässt sich sagen:
    Nachträgliche Wärmedämmung hebt den Wohn-Komfort, spart Heizenergie und damit Geld und CO2 und ist ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz.

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  3. Vielen Dank Herr Siegele für diesen ausgewogenen Artikel.
    Ich beschäftige mich ausschließlich mit dem Neubau von sogenannten Fertighäusern.
    Gerade weil ich auf meinem Blog nicht für das Fachpublikum (Architekten und Ingenieure) schreibe, sondern ausschließlich für private Bauherren, werde ich Ihren bemerkenswerten Artikel für mein Publikum zugänglich machen und ihn deshalb verlinken.
    Bei Bauherren ist die Verunsicherung zwar auch nicht größer als bei den Fachleuten, allerdings müssen Bauherren für ihre Entscheidung bezahlen und mit ihrer Entscheidung leben.
    Wie groß die Verunsicherung bei Architekten und Ingenieuren tatsächlich ist, konnte ich als Gast des Baumeistertages 2015 in Halle erleben. Hier wurde leider eine „Resolution“ gegen den „Dämmwahn“ verabschiedet. Zielsetzung ist es, die EnEV auf dem Stand 2014 festzuschreiben und erst mal zu untersuchen und zu prüfen, was die „Dämmerei“ bis jetzt gebracht hat.
    Ja, offenbar fällt es auch manchmal Architekten und Bauingenieuren schwer, mit dem Wandel der Zeit Schritt zu halten.

    Antworten
  4. Die Kernaussagen des Artikels: 1: „Wärmedämmung spart Energie“; 2. „In der Regel liegt (ihre) energetische Amortisationszeit unter fünf Jahren; 3. „Wärmedämmung verbessert den Komfort im Gebäude, weil sich höhere Oberflächentemperaturen an den Außenwänden einstellen.“

    Alle mir vorliegenden wiss. Untersuchungen widersprechen mit ihren gemessenen (!) Ergebnissen diesen Kernaussagen, egal ob vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Außenstelle Holzkirchen, in den Winterperioden 1983-85 oder der Eidgenössischen Materialprüfanstalt Dübendorf im Winter 1991-1992. Eine schriftliche Anfrage seitens eines Verbraucherverbands bei zuständigen Ministerien und Instituten lieferten ebenfalls keinerlei praktischen Belege für 1-3, unverbindliche Ausflüchte – mehr kam da nicht. Mit bauphysikalischen Berechnungsmodellen kann man freilich alles anstellen, wie es die dubiosen BASF-dena-Studien vorführten.

    Wo sind die für einen verantwortungsvollen Architekten allein maßgeblichen praktischen, mit vergleichenden Messdaten an echten Bauwerken bzw. nutzerunbeeinflußten Testgebäuden beweisbaren Belege für diese krassen Aussagen des Fachautors? Hat er höheres Wissen, das er uns nicht mitteilt oder nimmt er einfach die bekannten Reklameaussagen der Branche, von denen diese sich inzwischen selbst verabschieden, ungeprüft als Wahrheit? Was gibt es außerdem zu den an vielen bewitterten Bauwerken durchgeführten Langzeituntersuchungen des Instituts für Bauforschung Hannover zu sagen, wonach WDVS-Fassaden Jahr für Jahr durchschnittlich über 9 EUR Instandhaltungsrücklage gegenüber verputztem Mauerwerk benötigen, um dann alle 40 Jahre ausgetauscht zu werden? Was bleibt denn da an Amortisation, Natur- und Klimaschutz? Optimiertes Algenwachstum und Nisthöhlenangebote dürfte unseren Bauherren dafür jedenfalls nicht genügen.

    Ist es dem geschätzten Herrn Kollegen Siegele ebenso unbekannt geblieben, daß Planer wie Architekten und Ingenieure, aber auch Energieberater unabdingbar eine wirtschaftliche Beratung und Planung als Vertragspflicht schulden und sie im Falle unwirtschaftlicher Energiesparplanung Honorarverlust und Schadensersatz für die vergeblichen Aufwendungen erwarten, sobald ein Bauherr sich gegen die Fehlinvestition wehrt? Und zwar egal, wie sehr die Schöpfung damit gerettet werden sollte?

    Wo gibt es wissenschaftlich einwandfreie Meßergebnisse von gedämmten und ungedämmten Vergleichsbauten, die den fabelhaften Rechenwerten gleichkommen? Auch die finnischen (Prof. Lindberg, Tampere 1996 ff.) und österreichischen (Holzbauten mit und ohne Dämmung) vergleichenden Gebäudeuntersuchungen konnten das bisher nicht herausfinden. Wer hätte jemals die Innenwandtemperaturerhöhung dank Fassadendämmung im Vergleich zum ungedämmten Bau gemessen? Und was kam da raus? Wo sind sie also, die Fakten, Fakten, Fakten?

    Als verantwortungsvolle Planer dürfen wir darüber nicht hinwegschauen, schon aus Überlebenswillen. Und das DAB? Bitte Butter bei die Fische und keine unbewiesenen Werbeschmonzetten, Ausreden, Schönschreiberei, Rechenmärchen und die untergriffige ad-hominem-Keulenpolemik der beleidigten Dämmvertreter.

    Ich freue mich schon sehr auf die nun gewiß reichlich eintrudelnden sachlichen Diskussionbeiträge ad rem und die so schmerzlich vermißten Hinweise auf die offenbar nicht nur mir bisher leider unbekannt gebliebenen wissenschaftlichen Meßbeweise für die so dermaßen überlegenen Eigenschaften der Fassadendämmung gegenüber der reinen Massivbaufassade. Denn nur darauf kommt es uns doch an, wenn wir mit dem treuhänderisch überantwortetem Geld unserer Bauherren das Klima schützen wollen!

    Konrad Fischer
    Hochstadt am Main

    Antworten
  5. Lieber Herr Fischer,

    ich sage zu Ihrer oppositionellen Haltung gegenüber Wärmedämmung nur Folgendes:
    Beim Live-Chat (Lesertelefon) der FAZ im Mai 2014 haben Sie sich unter anderem so vorgestellt: Sie seien auch als Bauphysiker tätig, etwas für Siemens Energy. Auch sagten Sie dort, sie haben ein Ingenieurbüro, dass in Sachen Heizung unterwegs sei.
    Nachtigall, ick hör Dir trapsen….

    Antworten
  6. Lieber Herr Fischer,

    sachlich zu Ihrer Antwort:

    Die Studien, die Sie anführen, sind veraltet und widerlegt:

    Die Studie „Untersuchungen des Fraunhofer Institut über den effektiven Wärmeschutz verschiedener Ziegelwandkonstruktionen“, Außenstelle Holzkirche 1983-85.) ist auf der Homepage des Instituts sofort einzusehen und zu bestellen – und nicht geheim, wie Sie gern in Interviews behaupten. https://www.irb.fraunhofer.de/bauforschung/baufolit/projekt/Untersuchungen-ueber-den-effektiven-Waermeschutz-verschiedener-Ziegelaussenwandkonstruktionen/88028550096

    Ziel dieser Studie war es, die thermische Wirkung von Wärmebrücken zu erforschen. Auszug Zusammenfassung der Studie: „Der Vergleich der Heizenergieverbräuche ergab, dass die Räume mit den zusatzgedämmten Außenwandkonstruktionen (Außen- und Innendämmung mit Polystyrol-Hartschaum) nicht die erwarteten niedrigen Heizenergieverbräuche aufwiesen, wie sie entsprechend ihres niedrigen k-Wertniveaus im Vergleich zu den übrigen Räumen haben sollten. Begründung: Wie auch theoretische Vergleichsmessungen gezeigt haben, beruhen diese Abweichungen auf Wärmebrückeneffekten, die sich bei den zugrunde gelegten Wandkonstruktionen unterschiedlich stark auswirken.“

    Das Fraunhofer Institut für Bauphysik hat vor kurzem eine ausführliche Stellungnahme zu dieser Studie sowie der Nachfolgestudie von 1984 auf seiner Homepage veröffentlicht:
    http://www.ibp.fraunhofer.de/de/Presse_und_Medien/Presseinformationen/sn-21-09-2014-studien-effektiver-waermeschutz.html

    Hier ein Auszug:
    „Die ersten (vor Oktober 1984) fertiggestellten Berichte betrafen Wärmebrücken in monolithischen Außenwänden, Wandkonstruktionen mit Außen- und Innendämmung und belüftete Konstruktionen mit Kerndämmung. Die festgestellten (richtig gemessenen) Unterschiede in den Wärmeverlusten waren auf Wärmebrückenwirkungen – nicht auf die Dicke der Wärmedämmung – zurückzuführen. Die Aussagekraft des U-Wertes (damals: k-Wert) bleibt voll erhalten. In der 1984 erschienenen Publikation [1] ist dies klargestellt worden.
    Im Zusammenhang mit dem letzten Bericht der damaligen Untersuchungsreihe (Bericht EB-8/1985) wird verschiedentlich behauptet:

    a. Es sei ein »fehlender oder sogar kontraproduktiver Nutzen von Außenwanddämmung festgestellt worden«.

    b. »Eine gedämmte Außenwand müsse schnellere Temperaturwechsel verkraften als eine Massivwand, die Sonnenwärme speichere.«

    c. »Laut einer wissenschaftlichen Untersuchung gebe es keinen messbaren Nutzen von Außenwärmedämmung. Außengedämmte Testräume verbrauchen sogar mehr Heizenergie als die ungedämmten Räume.«

    Sämtliche dieser Behauptungen bzw. Schlussfolgerungen sind falsch oder lückenhaft zitiert, indem die im Bericht ausdrücklich gemachten Einschränkungen unterdrückt bzw. nicht berücksichtigt werden. Richtig ist vielmehr, dass sich die damaligen Untersuchungen mit der Auswirkung der Strahlungsabsorption von Außenwandoberflächen und der Nachtabsenkung befasst haben. Aus versuchstechnischen Gründen mussten bei den Versuchsaufbauten mehrere Einschränkungen vorgenommen werden (z.B. nur Südorientierung der Versuchsobjekte, komplette Abschattung der Solargewinne durch Fenster, usw.).
    Im Untersuchungsbericht steht folgendes vermerkt: »Die nachfolgend gezeigten Ergebnisse gelten nur für die hier vorliegenden Versuchsbedingungen und können im allgemeinen nicht unmittelbar für allgemein gültig erklärt werden.«

    Und nun zur der Untersuchung des Hamburger Gewos-Institut (im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie), die Sie auch gern in Interviews anführen: Kurz zur Einführung für Nicht-Kenner: Man verglich den Heizenergieverbrauch von Mehrfamilienhäusern mit einer massiven Ziegelwand und jenen mit zusätzlichen Außendämmung, die zwischen1984 und 1992 errichtet wurden. Das Resultat fassten die Gewos-Forscher so zusammen: Mehrfamilienhäuser mit einer ungedämmten Massivwand weisen „einen niedrigeren Jahresbrennstoffverbrauch auf als die Gebäude mit zusätzlicher Dämmung der Außenwand.“

    Die GEWOS-Erhebung ist in einer bereits 1997 erschienenen Publikation richtig gestellt worden, weil sie unzulässige Vergleiche und erhebliche Fehler beinhaltet.
    http://www.bp.bgu.tum.de/pub/146.pdf

    Und zum Abschluss zum Lieblingsbeispiel aller Dämmkritiker – Wohnanlage Hannover-Tollebrink. zur Info: Jens Fehrenberg, Professor für Baukonstruktion an der Hochschule für angewandte Wissenschaft in Hildesheim, fand heraus: Im dem einzigen gedämmten Haus der Anlage war der Energieverbrauch höher.

    Auch diese über 20 Jahre alte „Studie“ wurde widerlegt: Ursache für die fehlende energiesenkende Wirkung der Dämmung waren u.a. fehlende Verbrauchsmessungen aufgrund defekter Wärmemengenzähler. Ein Beitrag von Werner Eicke-Hennig enttarnt und widerlegt diese unglaubliche Geschichte eines Kronzeugen für das angebliche Dämmstoffversagen.“ http://www.gdi-daemmstoffe.de/tl_files/download_neu/GDI_Tollenbrink_online.pdf

    Ich könnte die Liste noch lange weiterführen.
    Aber es ist müßig, Herr Fischer. Bitte zeigen Sie doch mal eine aktuelle Studie, die Ihre Ansichten belegt, und hören Sie auf mit den alten Geschichten.

    Mit freundlichen Grüßen
    Serena Klein
    Pressereferentin Gesamtverband Dämmstoffindustrie e.V.

    Antworten
  7. Die emotional geführte Diskussion um die Wärmedämmung ist geschürt von Medien und Kritikern, die sich bemühen, mit der Angst der Menschen Geschäfte zu machen und um Aufmerksamkeit zu buhlen, die sie anders nie bekommen würden. Alle Argumente, die diese unverständliche Angst vor der Gebäudedämmung begründen, sind längst wissenschaftlich wie logisch widerlegt – nachzulesen in vielen Publikationen, Broschüren und Studien. Wenn einige dieser Profiteure der Angst das nicht glauben wollen, ist das ihr gutes Recht und ihr eigenes Schicksal. Wer davon überzeugt ist, dass ungedämmte Gebäuden weniger Energie verschwenden und man winters mit dicken Mauern mehr Sonnenenergie einfangen kann als eine Dämmung spart, der soll das meinetwegen glauben und den angeblichen Komfort in solchen Gebäuden genießen. Es ist müßig, gegen die immer gleichen Argumente und Beweise die immer gleichen Gegenargumente und Tatsachen aufzuzählen. Blöde nur, dass die Dämmkritiker schamlos und unnötig unser aller begrenzte fossile Energie verschwenden. Doch – einen Herrn Fischer kann man in seinem Feldzug gegen seine vermeintlichen Verfolger aus Politik, Dämmindustrie und anderen Übeltätern nicht aufhalten. Es ist daher besser, ihn ins Leere laufen zu lassen. Ängste der Menschen soll man ernst nehmen – aber nicht damit spielen. Dazu sollte mein Artikel im DAB einen Beitrag leisten. Auf die kruden und oft beleidigenden Äußerungen von Herrn Fischer & Konsorten reagiere ich schon lange nicht mehr – sparen Sie sich daher die Antwort auf diesen Kommentar, Herr Fischer. Nutzen Sie die Zeit besser und gehen Sie lieber in einer mittelalterlichen Burg ein Bier trinken – da bleibt die Flasche länger schön kalt. 🙂

    Antworten
  8. Lieber Herr Siegele,

    an dieser Stelle das längst überfällige DANKE für Ihren Beitrag vom 29.04.2015. Weiterhin ist Ihrer Antwort vom 27.05.2015 zu Konrad Fischer nichts hinzuzufügen. Ein dickes DANKESCHÖN auch hierfür.

    Herzliche Grüße
    Ronny Meyer

    Antworten
  9. Hallo die Damen und Herren,

    Ich baue selbst grade und habe mich durch die Diskussion um die Sinnhaftigkeit von Dämmung verunsichern lassen. Sie glauben nicht, wer alles in das Horn der Dämmkritiker bläst. Verschiedene Fernsehberichte von „investigativen Journalisten“, diverse Artikel von großen Mainstreamzeitungen und immer werden die gleichen (hier widerlegten) Argumente zitiert.
    Ich möchte mich hier herzlich bei Herrn Siegele und vor allem bei Frau Klein für ihre „leidenschaftliche Sachlichkeit“, mit der sie diese Scheinargumente entkräftet haben, bedanken.

    Antworten
  10. Ob die Londoner Dämmtragödie am Grenfell Tower zu einem Umdenkprozeß betreffend Fassadendämmung beitragen wird? Bei den verantwortungsbewußten Kollegen vielleicht, bei den Dämmfanatikern wohl eher nicht.

    Antworten

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