Text: Susanne Jacob-Freitag
Bei der energetischen Sanierung von Gebäuden mit erhaltenswerter Fassade verbietet sich eine nachträgliche Dämmung auf der Außenseite. Als Alternative bleibt nur die Innendämmung. Um den Anforderungen der EnEV zu genügen, würden sich bei konventionellen Dämmstoffen enorme Schichtdicken ergeben. Allein aufgrund des erheblichen Raumverlustes stellt ihr Einsatz als Innendämmung daher keine praktikable Lösung dar. Gefragt sind Dämmstoffe mit besonders niedriger Wärmeleitfähigkeit, wie sie Vakuum-Isolations-Paneele (VIP) bieten. Sie bestehen aus pyrogener Kieselsäure, einem fein strukturierten Siliziumdioxidpulver, das – zu einer Platte verpresst – mit einer dünnen, metallbeschichteten Kunststofffolie, einer sogenannten Hochbarriere-Verbundfolie, umhüllt, anschließend luftleer gepumpt und im Vakuum dauerhaft gasdicht verschlossen wird. Die Werte der Wärmeleitfähigkeit der Paneele liegen zwischen 0,004 und 0,008 W/(mK), die herkömmlicher Dämmstoffe zwischen 0,030 und 0,060 W/(mK). Bei gleicher Dämmleistung fällt demnach eine VIP-Dämmung vier- bis 13-mal schlanker aus.
Vor etwa 15 Jahren kamen die ersten VIP auf den Markt; heute haben sie alle großen Baustoff-Anbieter im Programm. Die ersten Projekte waren experimentierfreudigen Architekten und Bauherren zu verdanken. Außerdem unterstützten staatlich geförderte Forschungs- oder Demonstrationsprojekte, die im Verbund von In-stituten und Projektpartnern aus Industrie und Gewerbe durchgeführt wurden, die weitere Verbreitung. Das Ziel war, Anwendungstechniken im Gebäudebereich zu entwickeln und ihre Praxistauglichkeit nachzuweisen. Inzwischen werden die Paneele zur Dämmung von Decken, Fußböden, Terrassen, aber auch als Haustürfüllungen und Fassadenelemente verwendet.
Für viele Anwendungen liegt mittlerweile eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) vor, oft auch eine Europäische Technische Zulassung (ETA). Architekten, die VIP schon eingebaut haben, sehen große Vorteile vor allem im Bereich der Fußboden- und Terrassendämmung sowie bei der Dämmung von Fassaden und Dächern. VIP sind auch aufgrund der über die Jahre verbesserten Produktqualität und der gesunkenen Preise inzwischen eine Alternative zu herkömmlichen Dämmstoffen. Dagegen gilt der Gebrauch als Innendämmung noch als Spezialgebiet, bei dem Planer die technische Beratung der Hersteller in Anspruch nehmen sollten.
Einsatz will gut überlegt sein
Zu den wichtigen Aspekten gehört das Wissen um den erhöhten Planungsaufwand. Damit die Paneele so vorgefertigt werden können, dass sie beim Einbau perfekt passen, sind ein exaktes Aufmaß und detaillierte Verlegepläne unerlässlich, denn ein Zuschneiden auf der Baustelle ist nicht mehr möglich. Einige Hersteller bieten zur Erstellung von Verlegeplänen kostenfreie Hilfsprogramme an. Sie ermitteln die erforderliche Menge an Platten und machen einen Verlegevorschlag für die optimale Ausnutzung der Flächen. Außerdem werden die Ergänzungsflächen ermittelt, die mit anderen zuschneidbaren Stoffen zu dämmen sind. Wegen des erhöhten Wärmestromes im Randbereich der Elemente sollte man möglichst große Dämmpaneele wählen und sich auf wenige Standardgrößen beschränken. Dadurch lassen sich Kosten sparen, denn Sonderformate sind teurer. Die Paneele werden in unterschiedlichen Formaten mit einer maximalen Größe von 1,25 mal drei Metern und in Dicken mit einer Abstufung von fünf Millimetern von 20 bis 50 Millimetern produziert.
In der praktischen Anwendung besteht die Gefahr, die Hülle der Dämmpaneele zu verletzen. Die bauaufsichtlichen Zulassungen fordern daher, dass nur speziell geschultes und zertifiziertes Personal die Ausführung der Arbeiten vornehmen darf. Das gilt sowohl für reine VIP als auch für solche, die über einen mechanischen Schutz in Form von Abdeckungen aus Holzwerkstoffen, Glas, Aluminium, Edelstahl oder anderen Materialien verfügen. Architekten sollten daher nur mit bauerfahrenen und planungskompetenten VIP-Herstellern zusammenarbeiten. Die Leistungen solcher Hersteller umfassen neben der konstruktiven und bauphysikalischen Beratung auch die Erstellung der Verlegepläne und die Einweisung des Montagepersonals.
Bei einer Wand mit zusätzlicher Wärmedämmung – ob innen oder außen – erfolgt der Temperaturabfall hauptsächlich an der Wärmedämmschicht. Die Wand wird entweder komplett kalt (Innendämmung) oder komplett warm (Außendämmung). Probleme mit Feuchtigkeit bei der Innendämmung resultieren aus der im Allgemeinen hohen Sperrwirkung der Wand für Wasserdampf. Daher muss verhindert werden, dass warme Raumluft, die viel Feuchtigkeit enthält, an kalte Stellen gelangt, wo sie kondensiert. Dieses Problem stellt sich generell bei der Innendämmung. Bei der Verwendung konventioneller Dämmstoffe ist daher in diesem Fall raumseitig eine zusätzliche dampfdiffusionshemmende Folie aufzubringen. Da VIP viel dichter sind als solche Folien, müssen hier „lediglich“ die Stoßstellen und die Anschlüsse an andere Bauteile abgedichtet werden. Zugleich bergen aber gerade diese Bereiche den größten Unsicherheitsfaktor, wenn es um die Bildung von Wärmebrücken geht.
Wärmebrücken lassen sich nicht ganz ausschließen
Die Vermeidung beziehungsweise Reduzierung von Wärmebrücken zählt bei den VIP zu den besonderen planerischen Herausforderungen. Grund dafür ist deren geringe Schichtdicke, denn je schlanker eine Dämmung ist, desto negativer wirkt sich der Wärmeabfluss an diesen Stellen auf die energetische Bilanz der Außenwand aus. Sorgfältige Planung und fachgerechte Ausführung sind für die spätere Funktionsfähigkeit demnach entscheidend. Die Stoßfugen müssen ordnungsgemäß abgedichtet und Gauben, Erker sowie Fenster dampfdiffusionshemmend angeschlossen werden. Gerade Fenster sind hier aufwendig und die Arbeiten im Detail oft schwierig auszuführen. Um Wärmeverluste im Bereich der an die Außenwand angrenzenden Innenwände, der Decke und des Fußbodens zu minimieren, sind diese im Randbereich großzügig mitzudämmen. Aufgrund ihres schlanken Aufbaus eignen sich hierfür VIP allerdings sehr gut, weil sie nicht auftragen. Da im Gebäudebestand viele Sanierungslösungen genau auf das jeweilige Objekt abgestimmt werden müssen, lassen sich Wärmebrücken bei Verwendung von VIP nicht vollkommen ausschließen.
Vor allem ist die sorgfältige Ausführung wichtig
Für die Innendämmung werden VIP mit speziellen Klebern oder einem Schienensystem vollflächig an der Wand befestigt. Dabei müssen die Fugen mit einem Dampfsperre-Klebeband abgedichtet werden. Unebenheiten des Untergrundes können durch eine Zwischenlage aus Faserdämmstoff ausgeglichen werden, um hinterströmbare Hohlräume zu vermeiden. Selbstverständlich dürfen die Paneele nicht durchbohrt werden. Damit die Bewohner dennoch Bilder aufhängen oder Regale an den Innenwänden befestigen können, ist der Vakuumdämmschicht eine feste Putzträgerplatte oder besser noch eine zwei bis fünf Zentimeter starke Trockenbau-Konstruktion oder Ähnliches vorzusetzen. Die Gesamtdicke des Aufbaus für die Innendämmung liegt inklusive Deckschichten, Vorsatzschale und raumseitiger Bekleidung zwischen sechs und zwölf Zentimetern.
Lange Lebensdauer und recycelbar
Bei der Frage nach der Lebensdauer von VIP verweisen die Hersteller meist darauf, dass der Nachweis dafür bereits durch die bauaufsichtliche Zulassung erbracht ist. Denn der für VIP typische stufenweise Abbau der Gase durch die Hülle ist in dem in der Zulassung festgelegten Bemessungswert für die Wärmeleitfähigkeit bereits berücksichtigt. Als Grundlage dienen sowohl spezielle Versuche zur theoretischen Beschreibung des Alterungsverhaltens als auch Messungen unter beschleunigten Bedingungen. Rechnerisch sollen VIP demnach eine Lebensdauer von 50 Jahren erreichen. Aber selbst bei Verletzung der Vakuumhülle ist die Dämmwirkung immer noch doppelt so hoch wie bei konventionellen Dämmstoffen gleicher Dicke. Die Wärmeleitfähigkeit (Lambda-Wert) beträgt dann immer noch 0,020 W/mK.
Pyrogene Kieselsäure ist ein gesundheitlich unbedenkliches Material, das auch in der Natur vorkommt. Damit steht ein recycelfähiger Dämmstoff zur Verfügung, der bezüglich der Wiederverwendung nur von der Vakuumhülle befreit werden muss, die – wie andere Folien auch – recycelt oder einer thermischen Verwertung zugeführt werden kann.
Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag ist freiberufliche Baufachjournalistin in Karlsruhe.
Literatur-Tipps, eine Link-Sammlung zum Thema sowie eine Übersicht über die Produkte mit bauaufsichtlicher Zulassung finden Sie hier.