Die wärmedämmenden Eigenschaften herkömmlicher Dämmputze genügen meist nicht mehr, um bei energetischen Sanierungen die gestiegenen Anforderungen der EnEV und der KfW-Förderprogramme zu erfüllen. Deshalb wurden sie in den letzten Jahren immer seltener verwendet. Seit Kurzem sind nun Dämmputze auf dem Markt, deren Wärmeleitfähigkeit durch Zugabe von Aerogelen mit einem Lambda-Wert von 0,028 bis 0,029 W/mK deutlich verbessert werden konnte. Sie sind damit sogar leistungsfähiger als Wärmedämmverbund-Systeme auf Polystyrol- oder Mineralwolle-Basis.
Aerogele sind hochporöse Feststoffe auf Silikatbasis, bei denen 95 Prozent und mehr des Volumens aus Luftporen bestehen. Erreicht wird dies in der Herstellung mit Nanotechnik, wobei in einem aufwendigen Verfahren eine sehr feine und stabile Struktur erzeugt wird. Die Luftmoleküle sind fest eingeschlossen, so dass sie sich nicht mehr bewegen können. Das behindert die Weitergabe von Energie in hohem Maß – und macht das Material zum derzeit leistungsstärksten Dämmstoff überhaupt. Gleichzeitig ist er diffusionsfähig, wasserabweisend und wasserdicht sowie nicht brennbar. Die Herstellung von Aerogelen ist zurzeit allerdings noch aufwendig und die Endprodukte sind entsprechend teuer. Deshalb sind auch die bisher verfügbaren Dämmsysteme mit Aerogel-Technologie noch wenig gebräuchlich. Auf dem Markt sind bereits unter anderem Dämmmatten für die Innendämmung, Wärmedämmverbund-Systeme, Schüttungen zum Verfüllen des Luftraumes bei zweischaligem Mauerwerk sowie Lichtkuppeln mit transluzenten Aerogel-Füllungen verfügbar.
Für den Dämmputz wird Aerogel in Form von drei bis fünf Millimetern großem Granulat eingesetzt. Entsprechend seinen Materialeigenschaften werden auch die Dämmputze als „nicht brennbar, keine/kaum Rauchentwicklung, kein Abtropfen“ eingestuft. Damit ist ihre Anwendbarkeit auch bei Fassaden gegeben, wo sonst bei erhöhten Anforderungen an den Brandschutz nur Mineralwolle-Dämmstoffe verwendet werden dürfen. Außerdem sind die Dämmputze dampfdiffusionsoffen, wasserabweisend und sehr resistent gegen Pilze, Algen und Ungeziefer. Als Bindemittel werden hydraulischer Kalk NHL5, Kalkhydrat und Weißzement verwendet. Zuschlagstoffe sind das Aerogranulat und mineralische Leichtzuschläge. Wasserrückhaltemittel, Luftporenbildner und Hydrophobierungsmittel werden als Zusätze verwandt.
Das könnte Sie auch interessieren
Diese Produkte sind verfügbar
Entwickelt hat den Dämmputz die Schweizer Fixit-Gruppe, die dafür mit dem Umweltpreis der Schweiz in der Kategorie „Innovation“ ausgezeichnet wurde. Aerogel ist dabei als Zuschlagstoff in Form eines Granulats einem kalkbasierten Putz beigemischt. Bevor das damit entwickelte Putzsystem auch in Deutschland über Hasit auf den Markt gebracht wurde, hatte man den neuen Baustoff intensiven Praxistests unterzogen. Referenzen liegen hier für die Verwendung bei unterschiedlichen Wandaufbauten an zumeist historischen Gebäuden vor.
Auch die Proceram GmbH & Co. KG aus Düsseldorf bietet einen Aerogel-Dämmputz an. Um verschiedene Anwendungen und Referenzen auch in Deutschland nachweisen zu können, arbeitet das Unternehmen mit dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) zusammen. Dieses hat ein Einfamilienhaus aus den 1970er-Jahren mit zahlreichen Messfühlern versehen, um die bauphysikalischen Eigenschaften über einen längeren Zeitraum zu überprüfen. Von dem zweiten Test-Objekt, einem Plattenbau, liegen bereits erste Ergebnisse vor. Das Putzsystem besitzt die CE-Kennzeichnung; die bauaufsichtliche Zulassung ist beantragt.
Verarbeitung wie herkömmliche Dämmputze
Der Aerogel-Dämmputz wird als fertige Trockenmörtelmischung im Papiersack angeliefert. Das Aerogel-Granulat ist relativ druckstabil, kann aber durch zu starke Scherkräfte zerstört werden. Deshalb sollte die Trockenmischung nicht zerrieben oder anderen starken mechanischen Belastungen ausgesetzt werden. Im nassen Zustand besteht keine Gefahr mehr, das Granulat im Putz zu zerstören. Die Feinputzmaschinen müssen mit Schnecken und Wendel ausgerüstet sein; ein Nachmischer ist nicht erforderlich. Besonderes Werkzeug muss vom Handwerksbetrieb nicht extra angeschafft werden. Ansonsten unterscheidet sich die Verarbeitung von Aerogel-Dämmputzen nicht wesentlich von solchen Putzen, die Zuschläge aus Polystyrol oder mineralischen Komponenten enthalten. Für eine größere Sicherheit bei der Verarbeitung werden die Handwerker auf der Baustelle durch die Hersteller eingewiesen. Bei der Verarbeitung werden keine Nanopartikel freigesetzt, da lediglich die Luftporen diese Strukturen aufweisen. Deshalb müssen keine besonderen Gesundheitsschutzvorkehrungen getroffen werden.
Vor den Putzarbeiten erfolgt die übliche Prüfung des Untergrundes, der sauber, trocken und tragfähig sein muss. Gegebenenfalls muss er zuvor ausgebessert werden. Nicht nur herkömmliche Putzfassaden eignen sich als Untergrund, sondern sogar Back- und Bruchsteinmauerwerk, Kalksand- und Natursteinmauerwerk und rau geschalte Betonoberflächen. Metallene, auf die Fassade gedübelte Putzträgermatten (Welnet-Gewebe) sorgen für den mechanischen Verbund. Alternativ wird Vorspritz- beziehungsweise Haftmörtel aufgetragen. Darüber folgt der Aerogel-Dämmputz, der in Lagen bis maximal 60 Millimeter Dicke aufgebracht und verfestigt wird. Bei mehrschichtigem Auftrag muss die untere Putzschicht aufgeraut oder grob ausgezogen werden. Zwischen dem Auftrag der einzelnen Lagen ist ein Tag Standzeit zur Antrocknung der jeweils frischen Lage einzuhalten. Abgezogen wird mit Alu- oder Holzlatte.
Einige Besonderheiten sind zu beachten
Um Risse zu verhindern, ist der Dämmputz mindestens eine Woche lang feucht zu halten. Dies geschieht durch manuelle Befeuchtung oder Berieselung. Als zusätzlichen Schutz vor zu schneller Austrocknung haben sich zudem Gerüstnetze bewährt, die Wind und direkte Sonneneinstrahlung abhalten. Bis zur vollständigen Trocknung muss ein Tag für je drei Millimeter Putzstärke eingeplant werden. Daraus ergeben sich bei einem 60 Millimeter dicken Putz 20 Tage. Hinzuzurechnen ist die Vorspritz-Putzlage. Dennoch ist der Zeitrahmen nur als Richtwert zu verstehen, denn er gilt nur bei idealen Wetterbedingungen.
Ist der Putz getrocknet, wird die Oberfläche mit einem mineralischen Untergrundstabilisator behandelt und dadurch verfestigt. Danach wird ein Spezialmörtel aufgetragen. In ihn werden Bewehrungsmatten zur Stabilisierung des Putzsystems und zum Schutz vor mechanischen Beschädigungen eingebettet. Für diese Putzlage sind nochmals mindestens weitere zehn Tage für die Trocknung einzuplanen. Die letzte Putzlage bildet ein mineralischer Oberputz. Es wird empfohlen, die Oberfläche mit einer Putzgrundierung zu behandeln. Je nach Hersteller wird abschließend als Wetterschutz und zur farblichen Gestaltung ein zweifacher Anstrich mit einer keramischen Funktionsbeschichtung (Proceram) oder mit einer Silikatfarbe (Hasit) aufgetragen.
Großes Potenzial für erhaltenswerte Fassaden
Mit Blick auf die Kosten von etwa 40 Euro je Zentimeter Putzschicht-Dicke zuzüglich weiterer 35 bis 40 Euro pro Quadratmeter für die Verarbeitung ist der Einsatzbereich aus wirtschaftlichen Gründen vorläufig begrenzt. Denkbare Anwendungsgebiete sind zurzeit enge Kelleraufgänge und Durchgänge im Außenbereich, außen liegende Treppenaufgänge von Mehrfamilienhäusern sowie gebogene Fassadenkonturen. Besonders geeignet sind die Dämmputze jedoch für kleinteilig gestaltete Putzfassaden und denkmalgeschützte Gebäude. Über die Anwendung als Innendämmung und bei Fachwerkhäusern (Gefache) liegen zurzeit noch keine Erfahrungen vor; viele Untersuchungen sind hierzu noch erforderlich. Geplant ist, die Verwendung als Kerndämmung bei zweischaligem Mauerwerk demnächst in den Niederlanden zu testen.
Gerhard Krenz ist Architekt und bei der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen zuständig für energetische Gebäudeoptimierung.
Ein Rechenbeispiel
Ein 25 Zentimeter starkes einschaliges Altziegelmauerwerk mit einem relativ schlechten U-Wert von rechnerisch 1,85 W/m²K soll gedämmt werden. Um einen U-Wert gemäß KfW-Einzelmaßnahmen-Kriterien von 0,20 W/m²K zu erreichen, ist ein Polystyrol-WDVS mit der Wärmeleitzahl von 0,035 W/mK in einer Dämmstärke von 160 Millimetern erforderlich. Der Aerogel-Dämmputz erreicht diesen Wert schon mit 130 Millimetern. Ein herkömmlicher Dämmputz würde mit der relativ hohen Wärmeleitfähigkeit von rund 0,060 W/mK und der auf 100 Millimeter begrenzten Dämmstärke nur den von der KfW für Denkmäler geforderten Wert erreichen (0,45 W/m²K). Der Aerogel-Dämmputz erreicht diesen Wert bereits mit der halben Dämmstärke.
Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.
Sie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.