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Schnuckeweide und Schütte-Lihotzky

Küche und Wohnraum trennen oder vereinen? Ein Jahrhundert-Konflikt mit einfacher Lösung.

01.09.20152 Min. Kommentar schreiben

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Text: Roland Stimpel
Die jüngere Geschichte von Küche und Transparenz ist auch eine Geschichte des Geschlechter-Verhältnisses. Margarete Schütte-Lihotzky, die in Österreich als erste Frau Architektur studiert hatte, schuf 1926 die ergonomisch und für den Sofort-Durchblick optimierte Kochzelle – gedacht zur Arbeitserleichterung überlasteter Frauen. Ein halbes Jahrhundert später war die Schlichtversion ihrer Frankfurter Küche allgemeiner Standard. Aber zugleich war sie gesellschaftlich veraltet: In einem Text über Schütte-Lihotzky berichtet ein Wiener Magazin von „starker Kritik des Feminismus in den 70er- und 80er-Jahren aufgrund der Fixierung der Frau auf die Rolle der alleinigen Küchenbenutzerin“.

Architektinnen und auch Architekten befreiten die Hausfrau aus ihrer Zelle. „Wohnküchen, die als Zentralen in der Wohnung fungieren“, etablierte zum Beispiel 1994 das Wiener Projekt Frauen-Werk-Stadt. Jury-Ehrenvorsitzende im „Expertinnenverfahren“ war übrigens die damals 96-jährige Schütte-Lihotzky. Überall fielen die Wände zum Wohnzimmer; Papas exklusive Pascha-Gemütlichkeit vor dem Fernseher löste sich in Bratendunst und dem Anblick dreckiger Töpfe auf.

Aber das geht heute vielen zu weit. Zuerst natürlich Männern, etwa Thomas Beyerle von der Immobilienberatung Catella: „Selbst wenn Dunstabzugshaube und Geschirrspüler geräuschgedämmt sind, ist es schwierig, ein Fußballspiel im Fernsehen zu verfolgen.“ Der Küchenbuch-Autor Roger Mandl beklagt „ein Diktat, das die offene Küche vorschreibt“. Aber auch Frauen reden so. „Die offene Küche ist nichts für jeden“, warnt Karin Henjes von der Zeitschrift „Zuhause“. Ihr sekundiert „Schnuckeweide“ im Online-Forum von Gofeminin.de: „ich mag es nicht wenns im wohnzimmer so arg nach gebratenem ei oder gekochtem fleisch riecht. das stört mich dann wirklich.“

Hätte so etwas Schütte-Lihotzky gestört? Nein – sie hatte eine souveräne Lösung: den Herd gar nicht erst anmachen. Die wichtigste Küchenplanerin der Geschichte enthüllte später in ihren Memoiren, sie habe bis in ihre Frankfurter Zeit „nie einen Haushalt geführt und keinerlei Erfahrung im Kochen gehabt“.

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