Text: Nils Hille
Hängt der Wert einer Immobilie von ihrer Schönheit ab? Diese Frage würden wohl die meisten Menschen sofort mit „Ja“ beantworten. Aber lässt sich die Schönheit von Gebäuden auch messen? „Das ist doch subjektiv“, würden wohl genauso viele sagen. Doch Nicole Küster belegt nun das Gegenteil anhand von Ergebnissen einer Befragung, die sie im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der TU Chemnitz durchführte. Darin zeigt sie auf rund 300 Seiten den Zusammenhang von Schönheit und Wert von Wohnimmobilien auf – und kann Handlungsempfehlungen auch für Architekten geben. Hier die wichtigsten Ergebnisse:
Schönheit liegt im Auge des Betrachters – dieser Spruch ist laut Küster nicht richtig: „Natürlich hat jeder seinen subjektiven Geschmack, aber es gibt hohe Übereinstimmungswerte bei dem, was Menschen als ‚schön‘ empfinden – und das über alle Alters-, Einkommens- und Geschlechtergruppen hinaus.“ Zudem spielt es keine Rolle, ob Menschen schon lange an einem Ort leben oder neu hinzugezogen sind. So konnte Küster gemeinsame positiv belegte Grundsätze wie Gepflegtheit, Gewöhnlichkeit und geringe Massigkeit von Gebäuden feststellen. „Man muss davon ausgehen, dass die Menschen mit relativ identischen Empfindungen durch ihre Städte gehen und die gleichen Häuser als schön oder hässlich oder belanglos empfinden.“ Das ermöglicht Architekten und Stadtplanern, Gebäude, Siedlungen und sogar ganze Stadtteile so zu bauen, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen sie als schön und zufriedenstellend empfindet.
Bei ihrer Befragung konzentrierte sich Küster unter anderem auf Häuserzeilen: Sind sie einheitlich gebaut, sprechen sie die Deutschen mehr an als solche, in denen Abwechslung herrscht. „Jede Änderung an einer beispielgebenden Häuserzeile
empfanden die Studienteilnehmer als weniger schön im Vergleich zum Original – egal, ob es Neubauten im klassischen oder avantgardistischen Stil oder Bestandsbauten aus anderen Jahrzehnten waren“, sagt Küster. Daher empfiehlt sie Städten mehr Mut zu Gestaltungssatzungen oder entsprechenden Vorgaben in Bebauungsplänen. Das steigere die Zahlungsbereitschaft von Mietern und Käufern. Und es sei wirtschaftlicher für Architekten und Bauträger: Die einen bräuchten weniger Gestaltungsvarianten, die anderen könnten in der Vermietung oder im Verkauf mehr Geld verdienen, wenn sie auch bei neuen Wohnanlagen einheitlich statt abwechslungsreich bauen. „Je gewöhnlicher, umso rentabler“, ist Küsters für Architekten ernüchterndes Resümee.
Das ist aber kein Plädoyer für einheitliche Schäbigkeit: Selbstverständlich müssten Qualität und Materialien eines Baus hochwertig sein. „Wer daran spart, der schädigt den Wert des eigenen Gebäudes.“ Dadurch verkleinern sich die Zielgruppe der Interessenten und die Zahlungsbereitschaft deutlich. Vermietern und Verkäufern in stark nachgefragten Metropolen wie München und Düsseldorf dürfte zumindest Ersteres aber egal sein, da es immer noch genug Nachfrage geben wird, um ein lukratives Geschäft zu machen. Ähnliches gilt laut Befragung für von Küster als „avantgardistisch“ bezeichnete Gebäude, die neu in traditionellen Häuserreihen entstanden sind. Viele Menschen empfinden diese nicht als schön und möchten dort nicht einziehen. „Aber ich brauche ja keine 100.000 Mietinteressenten, sondern nur ein paar wenige, die sich begeistern können.“
Schwieriger wird das bei verwahrlosten Bauten. Hier zeigen sich die Menschen wenig tolerant: Ist nur ein Gebäude in der Straße, in die sie ziehen wollen, heruntergekommen, wird dies von den meisten Befragten noch akzeptiert. „Sie sind dadurch nicht verunsichert, sondern halten das ‚Problemhaus‘ für eine Übergangssituation, die sich bald wieder ändert“, so Küster. Befinden sich dagegen zwei von fünf Gebäuden einer Häuserzeile in einem desolaten Zustand, sind die Hoffnungen auf eine zeitnahe Besserung deutlich geringer. „Hier gehen die Menschen viel kritischer mit um. Ihre Zahlungs- und Einzugsbereitschaft nimmt stark ab.“
Ab dem dritten Gebäude in miserablem Zustand geht zwar die Einzugsbereitschaft, nicht aber die Zahlungsbereitschaft weiter zurück. „In solche Häuserzeilen möchten eh nur noch die wenigsten investieren“, sagt Küster. Um die Sanierungsquote zu erhöhen, empfiehlt sie den Städten, weniger Neubaugebiete auszuweisen. Für Investoren würde dadurch mehr der Erhalt innerstädtischer Altbau-Gebäudesubstanz in den Fokus rücken. Avantgardistische Bauten sollten hier in bestehende, homogene Ensembles nicht stattdessen eingefügt werden, so Köster: „Sie erweisen sich im Langfristtrend als nicht wertstabil, da sie in absehbarer Zeit als Verschlechterung der Optik wahrgenommen werden, wie heute viele Häuser der 1970er-Jahre.“
Gleiches gilt, wenn Gewerbebetriebe in der Wohnhäuserreihe oder groß dimensionierte Wohnanlagen in deren unmittelbarer Nähe bestehen. Beides empfinden die potenziellen Käufer und Mieter als deutlich beeinträchtigend. Investoren sollten auch hier die ästhetisch beeinträchtigende Wirkung berücksichtigen und mit einer spürbar geringeren Zahlungs- und Einzugsbereitschaft rechnen.
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Also ich hab erhebliche Probleme mit dem Artikel und der Doktorarbeit, die dahinter steckt. Zum einen sind die Ergebnisse trivial (Abbruchhaus mindert Wert von Nachbarimmobilie, 2 Abbruchhäuser noch mehr, etc…) oder schlicht unglaubwürdig (die Ergebnisse in Bezug auf Schönheit) Die Methodik und der Inhalt der Befragung erscheinen mir doch äußerst schwach.
Die Bildercollagen, die den befragten Vorgelegt wurden sind weder Objektiv ausgewählt, noch von architektonischer Qualität, sei es die Architektur selbst oder deren Setzung. Die angeblich am besten bewertete Gebäudezeile, ist zugleich das Original, welch Überraschung! Ob in so einem Zusammenhang 150 befragte Personen repräsentativ sind, mag ich auch bezweifeln.