Text: Markus Prause
Stufenverträge werden bereits seit geraumer Zeit von größeren Auftraggebern – insbesondere der öffentlichen Hand – verwendet. Bei diesem Vertragstyp werden zwar bereits sämtliche Leistungsphasen im Architektenvertrag aufgeführt, der Bauherr begrenzt die verbindliche Beauftragung jedoch zunächst auf einzelne Stufen (zum Beispiel die Leistungsphasen 1 bis 2). Der Auftraggeber behält sich aber das Recht vor, weitere Stufen nach Abschluss einer einzelnen Stufe weiter zu beauftragen. Der Architekt ist dann verpflichtet, die später beauftragten Stufen auszuführen. Eine entsprechende Formulierung enthält beispielsweise das RBBau-Vertragsmuster zur Gebäudeplanung (Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes). Dort lautet die vertragliche Klausel:
Stufenweise Beauftragung
Die Beauftragung erfolgt in Leistungsstufen. Leistungsstufen, die der Auftraggeber nicht nach Nr. … mit Vertragsschluss beauftragt, stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Auftraggeber sie gemäß Nr. … abruft. Der Auftraggeber behält sich vor, die Beauftragung auf Teilleistungen einzelner Leistungsstufen oder auf einzelne Abschnitte der Baumaßnahme zu beschränken. Der Auftraggeber beabsichtigt, bei Fortsetzung der Planung und Ausführung der Baumaßnahme weitere Leistungen nach Nr. … – einzeln oder im Ganzen – abzurufen. Der Abruf erfolgt schriftlich. Ein Rechtsanspruch auf Beauftragung weiterer Leistungsstufen besteht nicht. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Leistungen der weiteren Leistungsstufen zu erbringen, wenn der Auftraggeber sie ihm überträgt.“
Kann der Architekt eine stufenweise Beauftragung nicht verhindern, sollte er zumindest versuchen, ergänzende Klauseln einzubringen, um den Vertrag ausgewogener zu gestalten.
Bindungsdauer
Im Falle der vorstehend genannten Regelung stünde es im Belieben des Auftraggebers, wann er weitere Leistungsstufen abruft. Da es gerade bei größeren Bauvorhaben immer wieder zu Unterbrechungen kommt, können zwischen dem Abruf verschiedener Leistungsstufen mehrere Monate oder gar Jahre vergehen. Die betriebliche und personelle Dispositionsfreiheit des Architekturbüros wird erheblich eingeschränkt, da ständig Kapazitäten vorgehalten werden müssen. Der Architekt muss sich darauf einrichten, jederzeit für die folgenden Leistungen zur Verfügung zu stehen. Eine unbegrenzte Bindung wäre unzumutbar. Daher sollte er versuchen, eine maximale Bindungsdauer in den Vertrag einzubringen. Dieses könnte beispielsweise durch folgende Klausel geschehen:
„Der Auftragnehmer ist zur Ausführung weiterer Leistungsstufen nur verpflichtet, wenn zwischen der Beendigung einer Leistungsstufe und der Beauftragung einer folgenden Leistungsstufe nicht mehr als … Wochen/ Monate liegen.“
Anspruch auf Weiterbeauftragung
In dem Beispiel des RBBau-Vertrages läge es zudem im Belieben des Bauherrn, sich nach Abschluss einer Leistungsstufe vom Architekten zu trennen und einen anderen Architekten mit den Folgeleistungen zu betrauen. Der Bauherr müsste dem Ausgangsarchitekten auch keinen „entgangenen Gewinn“ zahlen, wie er bei der Kündigung eines Vertrages vorgesehen ist (§ 649 BGB). Das wäre aber sehr unbillig, wenn das Vorhaben ohne den Ausgangsarchitekten fortgesetzt würde, obwohl dieser keinen Anlass dafür gegeben hätte. Daher sollte der Architekt versuchen, einen Weiterbeauftragungsanspruch für den Fall der Fortsetzung des Projektes zu installieren, sofern kein wichtiger Grund gegen die Weiterbeauftragung an ihn besteht. Eine solche Klausel könnte lauten:
„Führt der Auftraggeber das Bauvorhaben über die bereits beauftragten Leistungsstufen hinaus fort, so ist er verpflichtet, den Auftragnehmer mit den weiteren Leistungsstufen zu beauftragen, sofern dieser Weiterbeauftragung kein wichtiger Grund entgegensteht.“
Stufenvertrag und HOAI
Das Thema der Stufenverträge wurde insbesondere im Zusammenhang mit den Novellierungen der HOAI umfassend erörtert. Es stellte sich die Frage, ob bei einem Stufenvertrag nach dem Abruf einer neuen Stufe die danach zu erbringenden Leistungen nach der neuen Fassung der HOAI zu vergüten sind. Dieses hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Urteil vom 18.12.2014 (Az. VII ZR 350/13) bestätigt. Der BGH stellt in seinem Urteil klar, dass der Vertrag über die Leistungen weiterer Stufen nicht bereits zum Zeitpunkt des Ausgangsvertrages zustande kommt, sondern erst mit der Aufforderung zur Erbringung einer neuen Leistungsstufe (siehe Ausgabe 3/2015, Seite 38). Die Feststellung des BGH, dass es sich um verschiedene Vertragsschlüsse handelt, ist nicht nur für die Frage der Zuordnung zur HOAI von besonderer Relevanz, sondern auch für andere rechtliche Themen im Zusammenhang mit Architektenverträgen.
Verjährung von Gewährleistungsansprüchen
Mängelansprüche – nach der früheren Terminologie des BGB auch Gewährleistungsansprüche genannt – verjähren in der Regel fünf Jahre nach Abnahme der Architektenleistung (§ 634 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB). Der Bauherr ist verpflichtet, die Leistungen des Architekten abzunehmen, wenn sie im Wesentlichen vertragsgerecht erbracht wurden (§ 640 Abs. 1 BGB). Wenn mit der BGH-Rechtsprechung die stufenweise Beauftragung dazu führt, dass nacheinander verschiedene Verträge zustande kommen, hätte der Architekt den Anspruch, dass der Bauherr nach Abschluss jeder Leistungsstufen die bis dahin erbrachten Architektenleistungen abzunehmen hat. Für die Leistungsphasen der betreffenden Stufe beginnt dann mit der Abnahme die fünfjährige Gewährleistungsfrist zu laufen. Zu diesem Ergebnis ist das OLG Dresden bereits in einer Entscheidung vom 17.06.2010 (Az. 10 U 1648/08) gelangt.
Das Gericht formuliert: „Bei einer stufenweisen Beauftragung unterliegen Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Architekten keiner einheitlichen Verjährungsfrist. Vielmehr ist im Hinblick auf jede getrennt voneinander in Auftrag gegebene ‚Stufe‘ zu untersuchen, ob die aus dem jeweils eigenständigen Vertrag entspringenden Gewährleistungsrechte verjährt sind.“
Des Weiteren stellt das OLG Dresden fest: „Die Verjährung der Ansprüche aus einer Stufe – z. B. der Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung – beginnt mit der Abnahme der innerhalb dieser Stufe zu erbringenden Leistung. Diese ist regelmäßig in der Bezahlung des Honorars zu sehen.“ Um diese Rechtsfolge aus einer stufenweisen Beauftragung klarzustellen, sollte eine entsprechende Klausel zur Abnahme der einzelnen Leistungsstufen in den Vertrag aufgenommen werden. Des Weiteren sollte der Architekt darauf achten, dass nach jeder Stufe auch tatsächlich eine Abnahme durchgeführt wird. Er sollte zudem nach Erbringung einer Leistungsstufe die betreffende Rechnung als „Schlussrechnung“ und nicht als „Abschlagsrechnung“ bezeichnen, um auch hiermit zu dokumentieren, dass nunmehr ein „Teilvertrag“ beendet und abgeschlossen wurde.
Demgegenüber sieht der RBBau-Vertrag eine Abnahme erst nach der letzten Leistungsstufe vor. Faktisch handelt es sich dabei um eine verdeckte Verjährungsverlängerung, die rechtlich fragwürdig und hinsichtlich des Versicherungsschutzes der Berufshaftpflichtversicherung problematisch ist.
Verjährung von Honoraransprüchen
Während sich die Aufsplittung von Stufenverträgen in verschiedene Teilverträge bei der Verjährung der Mängelansprüche positiv auswirkt, führt dies hinsichtlich der Honoraransprüche des Architekten zu einer negativen Konsequenz.
Mit der Stellung der einzelnen Schlussrechnungen beginnt konsequenterweise bereits die Verjährung dieser Honorarforderungen zu laufen. Zu dieser rechtlichen Einschätzung ist auch das OLG Hamm in einem Urteil vom 25.02.2013 (Az. 17 U 90/12) gelangt. Es formuliert: „Werden Architektenleistungen stufenweise beauftragt, unterliegen die Honoraransprüche des Architekten aus den verschiedenen Stufenverträgen jeweils eigenständigen Verjährungsfristen.“
Honoraransprüche von Architekten verjähren nach drei Jahren (§ 195 BGB). Gerade bei größeren Bauvorhaben sind Ausführungsfristen von mehreren Jahren nicht selten. Versäumt es der Architekt, seine Honoraransprüche aus der Schlussrechnung einer Leistungsstufe rechtlich zu verfolgen, droht ihm die Verjährung. Anders als bei Abschlagsrechnungen besteht auch nicht die Möglichkeit, die Rechnungsbeträge aus den Schlussrechnungen der einzelnen Stufen in eine „Endschlussrechnung“ einzustellen. Architekten sollten daher bei Stufenverträgen die Verjährungsfristen hinsichtlich ihrer Honoraransprüche genau im Auge behalten.
Droht die Verjährung, muss der Architekt verjährungsunterbrechende oder -hemmende Maßnahmen einleiten (siehe dazu DAB 11/2015, Seite 41). Dies ist auch nötig, wenn das Bauvorhaben noch nicht abgeschlossen ist. Als mildeste Maßnahme würde genügen, wenn der Bauherr (schriftlich) erklärt, auf eine Geltendmachung der Verjährung für einen bestimmten weiteren Zeitraum zu verzichten.
Markus Prause ist Rechtsanwalt und Justiziar der Architektenkammer Niedersachsen
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