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Trauer um Peter Conradi

Peter Conradi trug exklusiv einen Titel, den es amtlich nicht gibt: Er war Deutschlands profiliertester Architekturpolitiker – als Abgeordneter wie als Präsident der Bundesarchitektenkammer.

01.04.20163 Min. Kommentar schreiben

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Im Bundestag hat er 26 Jahre lang für Baukultur gekämpft. Acht Bundes-Bauminister hat er dabei erlebt und wohl mehr bewirkt als jeder von ihnen. Er selbst wurde es nicht zuletzt deshalb nie, weil er „als Politiker nie ein stromlinienförmiger Karrierist war“, wie das Deutsche Architektenblatt 1998 schrieb.

Architekturpolitik bedeutete für ihn zunächst unmittelbaren Einsatz für gutes öffentliches Bauen, der in der Parlamentsarchitektur der 1990er-Jahre gipfelte: Sowohl beim Bonner Plenarsaal von Günter Behnisch als auch beim Reichstagsumbau von Norman Foster war Conradi ein gewichtiger, oft entscheidender Vertreter des parlamentarischen Bauherrn. Eine Idee von ihm scheiterte freilich: In Berlin wollte er das Parlament in einem Neubau auf dem Schlossplatz ansiedeln; eine Mehrheit aber zog es in den Reichstag.

Architekturpolitik besteht jedoch auch darin, für gutes Bauen den Rahmen zu setzen und die Voraussetzungen zu schaffen. Peter Conradi forderte im Bundestag unermüdlich ein Baugesetzbuch, das „bürgerfreundlich, umweltfreundlich, praxisfreundlich“ sein sollte. Und er stritt für das Wettbewerbswesen. Zu den vom Bund aufgestellten „Grundsätzen und Richtlinien für Wettbewerbe“ von 1995 gab er wesentliche Anstöße, war aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden: Öffentliche Bauherren konnten auch danach allzu leicht auf Wettbewerbe verzichten. Immer wieder engagierte er sich für eine HOAI, die der aktuellen Praxis folgt und den Architekten auskömmliche und angemessene Honorare sichert.

Im Herbst 1998 schied er aus dem Bundestag aus; schon drei Monate später hatte er sein nächstes Amt: Einstimmig – das hatte es noch nie gegeben – wählte ihn die Bundeskammerversammlung zum Präsidenten der Bundesarchitektenkammer. Jetzt war er Lobbyist im besten Sinn: führender Interessenvertreter der Baukultur, der in Politik und Ministerien jeden Wichtigen kannte, der souverän mit Verfahren, Befindlichkeiten und subtilen Druckmitteln umgehen konnte. In seinen sechs Amtsjahren kämpfte er mit und gegen weitere vier Bundesbauminister. Alle waren von seiner SPD, aber keiner durfte auf Schonung rechnen. Heftig und erfolgreich war sein Einsatz für die Erhaltung der HOAI, die ab 2002 der damalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement abschaffen wollte.

Conradi war Mitbegründer der Initiative Architektur und Baukultur, die wichtige Anstöße zur Bundesstiftung Baukultur gab, initiierte das Taut-Stipendium, die Bundes-Veranstaltung zum Tag der Architektur und das Diskussionsformat „Architekturquartett“. Das Themenspektrum des Architektenblatts erweiterte er über das Berufspolitische und Nutzen-Maximierende hinaus hin zum Baukulturellen. Nach seinem freiwilligen Abgang 2004 kämpfte er gegen das Berliner Schloss-Projekt, äußerte in seiner Heimatstadt vehemente Kritik an Stuttgart 21 und suchte am Ende eine Konsenslösung dafür.

Er starb am 11. März nach kurzer Krankheit im Alter von 83 Jahren. Barbara Ettinger-Brinckmann, heutige Präsidentin der Bundesarchitektenkammer: „Peter Conradi hat immer aus tiefen Überzeugungen gehandelt. Für ihn war es von großer Bedeutung, auch in der Architektur historisch zu denken, aber zeitgenössisch zu planen und zu bauen. Wir verneigen uns vor einem großen Politiker und Berufspolitiker.“

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