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Hortus abusus

Vorbei ist die Zeit der Vorgärten. Wo früher die Bewohner mit Fleiß und Talent ein blühendes Kunstbiotop gehegt haben, liegt heute schotteriger Straßenunterbau. Unser Autor hat sich in Ludwigshafen umgesehen.

31.03.20162 Min. Kommentar schreiben
Wolfgang Bachmann. (Foto: M. Jarisch)
Wolfgang Bachmann. (Foto: M. Jarisch)

Text: Wolfgang Bachmann

Ludwigshafen schafft es selten in Architekturzeitschriften. Es hat einige nach dem Krieg zurechtgerückte Kirchen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, eine Halle von Roland Rainer, inzwischen sorgfältig gepflegte Wohnungen der BASF, die auch die Errichtung der städtischen Kulturbauten jahrelang unterstützte, bei der Sanierung ihres eigenen Hochhauses aber lange Zähne machte. Andere Investoren springen nun stadtgestaltend ein, am Ort der legendären Kaufhof-Tortenschachtel werden RKW ein Hochhaustrumm abstellen. Die ehemalige Innenstadt wurde bereits in eine Galerie ans Rheinufer ausgelagert.

Und da entdeckt man überraschend auf der Parkinsel im Fluss, vis-à-vis von Mannheimer Schloss und Hauptbahnhof, eine Wohnanlage. Sie patroulliert entlang eines Hafenbeckens mit Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern: zwei lange Zeilen mit gärtnerischen Zwischenräumen. Die wollen wir uns ansehen. Vor den Doppelgaragen parken beeindruckende SUVs, entweder stehen drinnen schon andere Wagen, oder sie passen einfach nicht hinein. Die Flächen neben den Fahrzeugen wurden angelegt. Aber als was eigentlich? Hatten wir Architekturschreiber uns vor Menschengedenken über Blumenrabatten, Gartenzwerge und Jägerzäune lustig gemacht, so trifft uns nun die Wiedergutmachung in voller Härte.

Denn jetzt wird Freiraum gestaltet. Modern, also ohne die Unwägbarkeiten natürlicher Veränderung. Dazu wird zunächst der Boden nach Art eines Flachdachs mit einer wurzelresistenten Matte ausgelegt, darüber Splitt verteilt. Dabei achtet jeder darauf, dass sein Vorplatz sich in Farbe und Körnung möglichst unverwechselbar von seinen Nachbarn unterscheidet. Es gibt keinen Schotter, der hier am Luitpolthafen nicht vertreten wäre, diese Bemusterung lohnte für entsprechende Berufsschulklassen die weiteste Anreise. Manche Bauherren haben ihr Grobgranulat mit Intarsien gegliedert, Gehwegplatten implantiert oder vorsichtig ein winterhartes Gewächs in ihr außerirdisches Terrarium gesteckt. Die Rückkehr der Natur würde unweigerlich den Tatbestand Hausfriedensbruch erfüllen. Leider fällt das Laub der Platanen von der Straße immer wieder auf die Steinhaufen. Also ist der Einsatz eines Laubpusters erste Bürgerpflicht. Ludwigshafen gilt schließlich nicht zu Unrecht als Industriemetropole.

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