Text: Wolfgang Bachmann
Es erscheint auf den ersten Blick löblich, dass bei zahlreichen Planungen die Meinung der Betroffenen eingeholt wird. Neu ist das nicht. Kryptische Bebauungspläne wurden auch früher in irgendeinem abgelegenen Gemeinderaum zu ungefährlichen Terminen ausgestellt und konnten mit Bedenken und Anregungen kommentiert werden. Wer einmal solche Prozesse, die irgendwie an Elternabende erinnerten, erlebt hat, weiß, dass der Mut, etwas vorzutragen, und das Talent, von der Sache etwas zu verstehen, selten in einer Person vereinigt sind. Inzwischen sind durch die Sozialen Netzwerke die kommunikativen Möglichkeiten immens gewachsen. Es ist wie gerade bei den Überlegungen zur neuen Berliner Mitte kein Wunder, wenn zu vielen hundert Vorschlägen einige tausend Kommentare abgegeben werden. Möglich, dass sich das irgendwie auswerten lässt. Ich würde auch nicht von vornherein unterstellen, dass es sich um Alibiveranstaltungen handelt, um das Volk mit Expertenwissen abzustillen und die Einsicht in Sachzwänge konfliktfrei zu regeln.
Meine Vorbehalte sind grundsätzlicher. Ich glaube, dass zwischen Architekten und Laien, von mir aus Bauherren, ein gravierender Verständniskonflikt besteht, der zunehmend zu Lasten der Fachkompetenz ausgetragen wird. Die erlebten Auseinandersetzungen waren zahllos und fundamental. Darüber, was licht, freundlich, praktisch, organisch, beruhigend, ordnend, ehrlich, harmonisch – ja, auch schön wirken könnte. Selbst für die klügsten und sympathischsten Menschen ist Architektur eine vertrackte Banalität, deren Vertretern man am besten aus dem Weg geht.
Ach, man wünschte sich, der Architekt würde für so kompetent gehalten wie der Arzt, der Softwaretechniker oder wenigstens wie unser Metzger Hambel, der diese unvergleichlichen Bratwürste macht.
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Wie recht Sie haben, Herr Bachmann, solange Kultur nicht als kreativer Ausdruck der Gesellschaft verstanden wird, Bauen nicht als Ausdruck handwerklich-kulturellen Schaffens, und Architektur nicht als geistig-kreatives, baukünstlerisches Werk verstanden und erkannt wird, solange beherrschen Warenproduktionsgeist und Discounterwesen das Lebensraumverständnis und den zugehörigen Gemeinschaftssinn. Wie schnell ist es vergessen: „Erst bauen die Menschen Häuser, dann bauen die Häuser Menschen“. Das gilt auch für Räume, auch unsere öffentlichen. Und wer die Sprache unserer gebauten Umwelt zu lesen gelernt hat, wird etwas über den Geist der Wirkungskräfte wissen, die unsere Welt zu prägen sich vorgenommen haben.