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Tropenholz aus Finnland

Für Terrassen und Fassaden werden immer häufiger modifizierte Hölzer eingesetzt. Was steckt dahinter?

01.05.20165 Min. Kommentar schreiben
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Bootshaus in Norwegen: Aufgrund der extremen Wetter­bedingungen wurde durch ­Furfurylierung modifiziertes Holz ¬ von Kebony eingesetzt.

Text: Christine Ryll

Die Eigenschaften von Laub- und Nadelhölzern lassen sich so verändern, dass sie denen von Tropenhölzern ähneln. Seit rund 20 Jahren geschieht das mit „Holzmodifizierungs-Verfahren“, die vor allem die Einlagerung von Wasser in den Zellwänden minimieren, um das Quellen und Schwinden sowie die Anfälligkeit für Pilzbefall zu reduzieren. Modifizierte Hölzer sind sehr dauerhaft und benötigen keine chemischen Schutzmittel mehr. Das wissen besonders ökologisch orientierte Bauherren seit Langem zu schätzen, ebenso wie die wesentlich kürzeren Transportwege aus einheimischen Wäldern. Wolfram Scheiding vom Institut für Holztechnologie Dresden: „Pro Jahr wächst diese Holzsparte um rund ein Prozent, während Tropenhölzer und mit Holzschutz imprägnierte Hölzer im gleichen Maß an Marktanteil verlieren.“

Mittlerweile beträgt der Marktanteil der hierzulande umgesetzten thermisch oder chemisch modifizierten Hölzer rund 15 Prozent des Gesamtmarkts der für Terrassen und Fassaden verbauten Holzprodukte. Das entspricht etwa 350.000 bis 450.000 Kubikmetern. Der Löwenanteil – rund 90 Prozent – entfällt auf thermisch modifiziertes Material, mit dessen Herstellung sich europaweit über 120 Firmen beschäftigen. Die restlichen zehn Prozent nehmen chemisch modifizierte Hölzer ein, die durch Acetylierung, Furfurylierung oder Holzvernetzung behandelt sind.

Als Marktführer bei thermisch modifiziertem Holz gilt die International Thermowood Association, ein Zusammenschluss mehrerer finnischer sowie weiterer Hersteller, die lange Zeit mindestens ein Drittel des Geschäfts machten. In Deutschland sind in diesem Bereich vor allem die Holzbodenwerk Krottenthaler GmbH & Co.KG, die Timura Holzmanufaktur GmbH sowie die Bad Essener Sägewerk GmbH & Co. KG tätig. Hersteller chemisch modifizierter Produkte sind beispielsweise die Titan Wood Ltd. (Niederlande), und die Kebony AS (Norwegen).

Kaum Normen und Qualitätssiegel

Bis heute sind die Herstellungswege für modifizierte Hölzer nicht eindeutig geregelt und es bestehen noch Lücken in der Normierung und Qualitätssicherung der Produkte. Das liegt daran, dass jeder Anbieter zwar nach dem gleichen Grundprinzip produziert, aber auf Basis eines in der Regel jeweils selbst entwickelten Verfahrens. In der derzeit gültigen deutschen Holzschutznorm DIN 68800 wird in Teil 1 lediglich auf modifizierte Hölzer verwiesen. Zudem gibt es die auf die Produktgruppe thermisch modifiziertes Holz bezogene europäische technische Spezifikation, CEN TS 15679. Sie besitzt jedoch nur den Charakter einer Vornorm, nicht den einer DIN.

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Die von den Herstellern angegebenen Produkteigenschaften lassen sich deshalb auch kaum beziehungsweise gar nicht überprüfen – es sei denn, sie beauftragen in Eigenregie Kontrollen, Prüfberichte sowie Zertifikate durch unabhängig anerkannte Prüfinstitute. Verpflichtet sind sie dazu nicht. Mit positivem Beispiel gehen hier die Mitglieder der International Thermowood Association voran. Sie lassen ihre Produkte fremdüberwachen und verfügen über eine Qualitätssicherung respektive ein Siegel. In den Niederlanden wurde vor einigen Jahren das KOMO-Zertifikat für modifizierte Produkte eingeführt und damit ebenfalls eine Fremdüberwachung.

Darüber hinaus bietet die Entwicklungs- und Prüflabor Holztechnologie GmbH (EPH) in Dresden seit 2007 die Zertifizierung „Qualitätszeichen TMT“ an. Dieses europaweit anerkannte Qualitätszeichen können Hersteller von modifizierten Hölzern als freiwillige Produktzertifizierung und -überwachung hierzulande in Anspruch nehmen. Derzeit sind allerdings nur zwei Thermoholzhersteller aus Dänemark (Celloc) und der Türkei (Novawood) zertifiziert; drei in der Vergangenheit zertifizierte deutsche Hersteller sind nicht mehr in der Überwachung.

Michael Altgen von der Abteilung Holzbiologie und Holzprodukte der Universität Göttingen. „Wir stehen in dieser Hinsicht erst am Anfang.“ So bemühen sich derzeit verschiedene Prüfinstitute in Deutschland darum, die Qualität modifizierter Holzprodukte überprüfbarer zu machen und damit sicherzustellen. Doch es fehlen noch Prüfvorgänge, die etwa die laufende Kontrolle einzelner Chargen betreffen. Michael Altgen: „Das ist mit den derzeit gängigen Prüfmethoden nicht möglich. Wir arbeiten daher an Schnellmethoden, mit denen sich die Eigenschaften der Hölzer zügig kontrollieren lassen. Doch dazu müssen wir zurück zur Basis, also zu den ursprünglichen Herstellungsmethoden, die aber sehr unterschiedlich sind. Während einige Hersteller beispielsweise mit Vakuumverfahren arbeiten, setzen andere auf erhöhten Druck. Erst wenn wir diese Unterschiede herausarbeiten können, können wir auch die Produkte vergleichen, etwa mit ESR- und NIR-Spektroskopie oder Farbprüf­methoden.“

Erfahrungswerte aus 20 Jahren

Bis dahin müssen sich Verarbeiter und Käufer modifizierter Hölzer an Erfahrungswerten orientieren. Die ältesten auf diese Art entstandenen Produkte sind mittlerweile seit 15 bis 20 Jahren im Gebrauch – und bei guter konstruktiver Verarbeitung noch in gutem Zustand. Wolfram Scheiding vom Institut für Holztechnologie Dresden: „Treten Probleme auf, so betreffen diese in der Regel Eigenschaften, die nicht durch die Modifizierung beeinflusst werden.“ Beispielsweise ist modifiziertes Material zwar dauerhaft gegen holzzerstörende Pilze geschützt, nicht aber gegen solche, die sich oberflächlich ansiedeln und zu Verfärbungen, etwa durch Schimmel und Bläuepilze, führen. Auch mangelhafte Verarbeitung kann Schäden herbeiführen. Wolfram Scheiding: „Thermisch modifiziertes Material ist nicht per se unzerstörbar. Verarbeiter müssen die reduzierten mechanischen Eigenschaften beachten. Zudem kann das Holz bei längerer Durchfeuchtung, zum Beispiel durch Erdkontakt, von holzzerstörenden Pilzen angegriffen werden, wenn etwa der konstruktive Holzschutz fehlt.“ Auch die verschiedenen Holzarten spielen bei der Beurteilung der Dauerhaftigkeit und Schadensanfälligkeit eine Rolle. Modifizierte Esche ist beispielsweise anfälliger für Risse als Pappel. Und während manche Lacksysteme sehr gut mit Thermoholz harmonieren, sind andere nicht geeignet.

Modifiziertes Holz kommt auch nicht gänzlich ohne Pflege aus. Eine halbjährliche Reinigung mit einer nachfolgenden Behandlung, etwa durch handelsübliche Öle, lässt das Material lange schön wirken und erhöht die Lebensdauer.

Christine Ryll ist freiberufliche Journalistin in München

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