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Zurück Recht

Fremde Federn?

Wer sich als Mitarbeiter eines Büros selbständig machen oder bei einem anderen Arbeitgeber bewerben möchte, will seine bisherigen Leistungen gerne vorzeigen. Aber wie lässt sich Ärger mit dem bisherigen Chef vermeiden?

01.06.20168 Min. Kommentar schreiben

Text: Sven Kerkhoff

Angestellte Architektinnen und Architekten stehen bei der Bewerbung auf eine andere Stelle oder auch bei der Akquise nach dem Schritt in die Selbständigkeit vor der Frage, wie und in welchem Umfang sie eigentlich auf die Leistungen hinweisen dürfen, die sie im vorangegangenen Arbeitsverhältnis erbracht haben. Die Rechtslage ist dabei durchaus komplex, so dass es sich empfiehlt, im Einzelfall Rat bei der Kammer oder einem Anwalt einzuholen. Nachfolgend einige Grundsätze, die in jedem Fall zu beachten sind:

Referenzobjekte auf der Homepage: Bauherren und (Ex-)Chefs fragen

Besonders die Vorstellung von Referenzobjekten auf der eigenen neuen Homepage ist streitanfällig. Ob und wie sie hier dargestellt werden können, sollte man spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber abstimmen. Gelingt dies nicht, muss eine ganze Reihe rechtlicher Hürden überwunden werden.

Die erste Hürde sind vertragliche Regelungen. Zum einen enthalten Arbeitsverträge bisweilen konkrete Vorgaben dazu, in welchem Umfang und in welcher Form entsprechende Angaben nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemacht werden dürfen. Diese Regelungen sind vorrangig zu beachten. Zum anderen folgt aus dem Arbeitsverhältnis regelmäßig eine Verschwiegenheits- und Rücksichtnahmepflicht auch nach dem Ende der Zusammenarbeit. Daher dürfen Angaben und Bilder zu Projekten nicht veröffentlicht werden, wenn dies den Regelungen im Architektenvertrag zwischen dem Bauherrn und dem Büro zuwiderlaufen würde. Hier stoßen angestellte Architekten schnell an Grenzen, da ihnen der Inhalt dieser Verträge oft nicht im Einzelnen bekannt ist. Dann hilft nur eine Rücksprache mit dem früheren Arbeitgeber weiter.

Lassen sich auf diesem Wege keine belastbaren Informationen gewinnen und kann nicht ausgeschlossen werden, dass es schützenswerte und vertraglich abgesicherte Mitspracherechte des Bauherrn bei Veröffentlichungen gibt oder gar umfassende Verschwiegenheitsvereinbarungen existieren, sollte vorsorglich auf eine entsprechende Referenzbenennung beziehungsweise -darstellung verzichtet werden. Im Übrigen gilt in jedem Fall: Liegt kein ausdrückliches Einverständnis des Bauherrn vor, sollte eine Angabe zum Namen des Bauherrn und zur genauen Anschrift des Objekts vermieden und stattdessen eine bloße Bezeichnung des Ortes gewählt werden (siehe hier).

Als zweite Hürde kann das Urheberrecht der Veröffentlichung als Referenzobjekt entgegenstehen. Handelt es sich um eine urheberrechtsfähige Planung, also eine solche, die sich durch eigenschöpferische Individualität und eine gewisse Gestaltungshöhe von der Masse alltäglichen Bauschaffens abhebt, steht das Recht zur Veröffentlichung allein dem Urheber zu, so § 12 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG). Davon umfasst ist auch das Recht zur Veröffentlichung von Fotos des Gebäudes.

Zwar ist keineswegs zwingend immer der Büroinhaber der Inhaber des Urheberrechts. Vielmehr gilt das sogenannte Schöp-ferprinzip, wonach derjenige, um dessen individuelle schöpferische Leistung es sich handelt, der Urheber ist. Mitarbeiter können in diesem Sinne also durchaus Urheber oder zumindest Miturheber sein. Voraussetzung ist aber, dass ihnen Spielraum zur Verwirklichung eigener künstlerischer Ideen geblieben ist. Sofern sie hingegen nach Anweisung und Vorgaben auch bezüglich der architektonischen Details tätig geworden sind, kommt ihnen keine Urheberstellung zu (vgl. Höhne, Architektur und Urheberrecht, 2. Aufl., S. 59).

Da diese Abgrenzung zudem problematisch sein kann, kommt in der Praxis der Regelung des § 10 UrhG große Bedeutung zu. Nach dieser Vorschrift wird gesetzlich vermutet, dass die auf den Plänen als ­Verfasser aufgeführte Person der Urheber ist (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2002, Az. I ZR 199/00).

Ist der Mitarbeiter dort als alleiniger Verfasser genannt, steht ihm folglich auch die Möglichkeit offen, Bilder des Projekts auf einer eigenen Homepage zu präsentieren. Ist er als einer von mehreren Entwurfsverfassern benannt, hängt das Recht zur Veröffentlichung von der Zustimmung der weiteren Miturheber ab. Ist aber, wie in der Mehrzahl der Fälle, nicht der Mitarbeiter als Verfasser auf dem Plan benannt, sondern dessen bisheriger Arbeitgeber, wird der Mitarbeiter in der Regel erhebliche Schwierigkeiten haben, nachzuweisen, dass er entgegen der gesetzlichen Vermutung doch eigenschöpferisch in erheblichem und wesentlichem Umfang an den Planungen beteiligt war. In diesem Fall sollte er sich darauf beschränken, die sogenannte Panoramafreiheit auszunutzen und Fotos der Außenansicht vom Gebäude zu veröffentlichen, die von öffentlichen Straßen oder Plätzen aufgenommen sind (§ 59 Abs. 1 UrhG). Dabei wiederum ist er verpflichtet, den ­Namen des tatsächlichen Urhebers beziehungsweise des Verfassers laut Planangaben zu nennen, da das Ganze sonst als ­Anmaßung der Urheberstellung missverstanden werden kann (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 7.5.2004, Az. 308 O 610/02). Hierin könnte dann zugleich eine Verletzung der Berufspflicht liegen, das geistige Eigentum anderer zu achten, die zum Beispiel § 22 Abs. 2 Nr. 10 BauKaG NRW nennt. Bei der Veröffentlichung ist im Übrigen auch auf etwaige Urheberrechte des Fotografen zu achten, sofern die Lichtbilder nicht selbst angefertigt wurden.

Dritte Hürde ist schließlich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Es gilt unabhängig davon, ob es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt. Verboten ist laut § 5 UWG insbesondere jegliche irreführende Werbung. Deshalb sollte unbedingt klargestellt werden, von welchem Büro das genannte Projekt verantwortet wurde, da ansonsten Fehlvorstellungen über den Auftragnehmer und die Leistungsfähigkeit des neuen eigenen Büros hervorgerufen werden könnten.

Zudem wird eine Werbung mit Referenzobjekten – gleich ob im Bild oder mit bloßer Benennung – von potenziellen Kunden regelmäßig so verstanden, dass der Werbende für dieses Objekt auch die wesentlichen Planungsleistungen erbracht hat (auf die Tätigkeit im Rahmen der Bauüberwachung kommt es hingegen nicht an). Trifft dies nicht zu, ist die Wiedergabe als Referenzobjekt irreführend und daher wettbewerbswidrig (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.1.2011, Az. 4 U 180/10). Deshalb ist gegebenenfalls ausdrücklich offenzulegen, dass es sich lediglich um eine Mitarbeit am Projekt gehandelt und worauf sich diese erstreckt hat.

Referenzen im Bewerbungsverfahren: Vervielfältigen, nicht veröffentlichen

Sollen im Rahmen der Bewerbung um eine andere Stelle eigene Planungsleistungen oder -beiträge präsentiert werden, erscheint es häufig kaum möglich oder angebracht, hierfür den bisherigen Arbeitgeber um Zustimmung zu bitten. Dennoch ist eine entsprechende Absprache naturgemäß am besten geeignet, um für rechtliche Klarheit zu sorgen.

Ansonsten gilt: Das Anfertigen von Kopien oder Ausdrucken von Planunterlagen ist keine Veröffentlichung, sondern eine Vervielfältigung, § 16 UrhG. Auch diese bedarf bei urheberrechtlich geschützten Werken grundsätzlich der Zustimmung des Urhebers. Anders aber, wenn die Kopien nur „zu privatem Gebrauch“ gefertigt werden, § 53 Abs. 1 UrhG. Hierzu zählt auch das Kopieren für Bewerbungszwecke, das deshalb in der Regel sogar ohne entsprechende vertragliche Regelung oder Absprache zulässig ist (vgl. Binder/Messer, Urheberrecht für Architekten und Ingenieure, 2. Aufl., Rz. 182).

Auch wird sich der Mitarbeiter mit der Weitergabe womöglich nicht des Verrats von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen schuldig machen (§ 17 Abs. 1 UWG), weil die Beifügung entsprechender Unterlagen in der Bewerbungsmappe nicht unbedingt in der für die Strafbarkeit erforderlichen Schädigungsabsicht oder aus reiner Eigennützigkeit erfolgt (vgl. AG Reutlingen, Urteil vom 17.7.2014, Az. 9 Ds 22 Js 23818/12).

Zumindest aber kann auch eine solche Weitergabe gegen Verschwiegenheitspflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen. Aus diesem Grunde sollten keine Pläne weitergegeben werden, die aus Projekten stammen, bei denen sich das Büro seinerseits dem Bauherrn gegenüber vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet hat. Auch sollten keine Daten weitergegeben werden, bei denen eine erhöhte Gefahr einer anderweitigen Weiternutzung besteht.

Anfällig ist hier insbesondere die Herausgabe von Plänen zu laufenden Projekten. Zwar würde ein anderer Architekt mit dem Abkupfern dieser Pläne oder dem Abwerben des Bauherrn seinerseits gegen das UWG und gegen berufsrechtliche Pflichten verstoßen. Der Bewerber wird auf die Beachtung dieser Berufspflichten durch einen Dritten aber nur dann vertrauen dürfen, wenn er einem Pflichtverstoß nicht selbst Vorschub leistet.

Deshalb sollten dem potenziellen neuen Arbeitgeber Planunterlagen möglichst nur unmittelbar im Bewerbungsgespräch vorgelegt werden, statt sie ihm zuzuschicken oder auszuhändigen. Werden entsprechende Arbeitsproben vorab verlangt, sollten Skizzen und Pläne allenfalls in verkleinerter Form und/oder in Ausschnitten übermittelt werden. Dass Daten nicht in digital weiterverarbeitbaren Formaten herausgegeben werden, dürfte ohnehin selbstverständlich sein. Schließlich ist es ratsam, auf den Kopien einen Hinweis anzubringen, aus welchem Büro die Pläne oder ihre Ausschnitte stammen, dass sie ausschließlich zum Zwecke der Bewerberauswahl genutzt werden dürfen und dass sie nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens zu vernichten oder zurückzugeben sind.

Im Konfliktfall: Lieber schlichten als richten

Ähnliche Fragen können sich im Zusammenhang mit der Trennung von Partnern oder Gesellschaftern eines Büros ergeben oder bei von freien Mitarbeitern erbrachten Planungsleistungen. Die urheber- und wettbewerbsrechtliche Situation ist vergleichbar. Auch hier empfiehlt es sich, schon in den entsprechenden Verträgen Regelungen vorzusehen und möglichst bei Beendigung der Zusammenarbeit noch einmal konkret zu klären und schriftlich festzuhalten, wie hinsichtlich der Veröffentlichungsrechte verfahren werden soll.

Kommt es trotz allem zu Streit, sollte zunächst möglichst versucht werden, diesen unter Einschaltung der jeweiligen Architektenkammer im Wege der Schlichtung einvernehmlich beizulegen. Viele Verträge sehen dies ohnehin ausdrücklich vor. Oft kann so schnell, kostengünstig, sachkompetent und ohne gerichtliche Auseinandersetzung eine für alle Seiten akzeptable Lösung gefunden werden.Dr. Sven Kerkhoff ist Rechtsreferent bei der ­Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

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