Text: Susanne Jacob-Freitag
Der Holz-Modulbau wurde nicht erst letztes Jahr erfunden, doch er wird regelmäßig neu entdeckt. Seit letztem Jahr hat nun die Notwendigkeit schnell neue Unterkünfte für Geflüchtete und Asylbewerber zu errichten, den Holz-Modulbau zu einem wahren Aufschwung verholfen. Da bundesweit ohnehin bezahlbarer Wohnraum fehlt, will auch diese Branche mit flexiblen Konzepten den Doppeleffekt nutzen. Doch obwohl viele Kommunen entsprechenden Wohn- und Lebensraum zur Verfügung stellen wollen, fallen ihnen als Behelfslösung meist nur Stahl-Container ein. Die Hessische Architektenkammer sprach sich deshalb Ende Juli 2015 in ihrem Positionspapier „Flüchtlinge brauchen Wohnungen, keine Behälter!“ entschieden gegen Stahlcontainer aus und legte den Verantwortlichen nahe, die benötigten Wohnunterkünfte möglichst in Holz-Modulbauweise zu errichten. Auf diesen Apell reagierten holzaffine Planer und die Holzbaubranche sofort: In Windeseile erarbeiteten sie neue Konzepte und Typenentwürfe oder entwickelten vorhandene weiter. Damit wurde Städten und Gemeinden ein schneller und unkomplizierter Weg zu neuem Wohnraum geebnet, der seinen Namen auch verdient, und bei späteren Nutzungsänderungen maximale Flexibilität bietet. Inzwischen sind bereits viele Unterkünfte in Holz-Modulbauweise entstanden, wie etwa das Internetportal www.wohnraum-fuer-fluechtlinge.info des Deutschen Holzwirtschaftsrats (DHWR) zeigt. Darauf finden interessierte Planer und Kommunen auch einen Anforderungskatalog an Gebäude für Geflüchtete sowie eine entsprechende Musterausschreibung zum Herunterladen sowie bundeslandbezogene Angaben, an wen sie sich bei Fragen zum Thema wenden können.
Umfassender Lösungsansatz
Im Modulbau sind alle Funktionen einer eigenständigen Wohneinheit auf kleinstem Raum optimal zu organisieren und die Bauten sind nach allen Regeln der Architektur auch optimal zu gestalten. Gleichzeitig ermöglicht es die Bauweise, Module hinzuzufügen oder wegzunehmen und damit Wohnraum je nach Bedarf zu bieten.
Modulbau wird meist mit Raumzellenbau gleichgesetzt, bei dem vorgefertigte Raumzellen aneinandergereiht und gestapelt werden. Modulbauten können aber auch Gebäude sein, die sich aus einzelnen Wand- und Decken-Elementen zu Raummodulen immer gleicher Abmessungen beziehungsweise solchen mit entsprechendem Achsraster zusammensetzen und erst vor Ort montiert werden, zum Beispiel wenn es auf einen platzsparenden Transport ankommt. Klassische Gebäudetypen für die Modulbauweise sind solche mit sich wiederholenden Raumfunktionen wie Studenten- und Schülerwohnheime, Hotels, Altenheime, Krankenhäuser, Schul(ersatz)bauten sowie Büro- und Verwaltungsgebäude. Seitdem Flüchtlingsansturm im vorigen Jahr hat sich das Spektrum um den sozialen Wohnbau erweitert. Ein Kostenvorsprung ergibt sich beim Holz-Modulbau aus der Serienproduktion der Raumzellen, gegebenenfalls mit eingebauten Nasszellen, Haustechnikinstallationen und sogar Möbeln, dem schnellen Zusammenbau und den sich wiederholenden Abläufen bei der Montage. Damit lassen sich auch die Bauzeiten erheblich reduzieren – bei gleichzeitig hoher Ausführungsqualität aufgrund der witterungsunabhängigen Vorfertigung im Werk.
Neue und alte Konzepte
Viele Architekten sowie Holzbau- und andere Unternehmen haben jetzt erstmals eigene Module entwickelt; auch zuvor schon bekannte Konzepte wurden in der breiten Fachöffentlichkeit jetzt erstmals wahrgenommen. Von sich Reden gemacht hat etwa das Frankfurter Architekturbüro NKBAK mit dem Erweiterungsbau der Europäischen Schule in Frankfurt (Fertigstellung: April 2015). Für den modular konzipierten Holzbau nutzte es Raummodule von Kaufmann Bausysteme aus dem österreichischen Reuthe. Das Unternehmen betreibt das systematisierte Bauen mit Raumzellen seit Jahren und hat damit schon viele Gebäude errichtet, etwa Seniorenwohnheime, Hotels und Schulen. Sein jüngstes Projekt sind zwei dreigeschossige Gemeinschaftsunterkünfte aus 180 Holz-Modulen für 250 Menschen in Hannover. Einen Namen gemacht haben sich auch werk.um Architekten aus Darmstadt mit ihren mobilen, das heißt temporär angelegten Schulersatzbauten in Holz-Modulbauweise namens „mobi-space“. Ursprünglich als Übergangslösung gedacht, wenn die eigentlichen Schulgebäude während einer Sanierung nicht genutzt werden können, gibt es inzwischen auch Bauherren, die diese Holz-Modul-Schulbauten als Dauerlösung beauftragen und solche, die als Büro, Kindertagesstätte, Ausstellungsraum und vieles mehr einen Holz-Modulbau à la mobi-space wünschen.
Wie Kaufmann Bausystem haben auch andere, mit Architekten kooperierende Holzbauunternehmen Holzmodule entwickelt. So die in Adelsried ansässige Firma ABA Holz van Kempen. Mit ihren „KLH Raummodulen“ aus massivem Kreuzlagenholz (KLH = Brettsperrholz (BSP)) wurde letztes Jahr eine zweigeschossige Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber und Obdachlose in Sauerlach im Auftrag des Landkreises München errichtet. Zusammen mit dem Architekten Manfred Gruber aus Bad Saulgau und ABA entwickelte zudem der Generalübernehmer LiWood aus München ein Raummodul aus Massivholz mit Stahlbeton-Boden für ein Studentenwohnheim aus drei fünfgeschossigen Apartmenthäusern „Im Neuenheimer Feld“ in Heidelberg. In den 158 Apartments aus 265 Modulen kommen 265 Studenten unter. Der Holzwerkstoffhersteller Egger aus St. Johann in Österreich hat sich von seinem Architekten Bruno Moser und Holzbau Saurer das „Konzepthaus“-Modul entwickeln lassen. Damit wiederum hat das Architekturbüro FAI aus Göppingen das Ende April 2016 eröffnete, zweigeschossige Flüchtlingsheim in Uhingen (Großraum Stuttgart) geplant.
Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag ist freiberufliche Baufachjournalistin in Karlsruhe
Weitere Infos zum Holz-Modulbau finden Sie hier.
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu: