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Das Volle des Wesens

Weiche Kerne der Architektur-Philosophie

31.07.20162 Min. Kommentar schreiben

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Wortnebel: Roland Stimpel

Vitruv wusste einst: Ein Baukünstler muss „etwas von Musik verstehen, nicht unbewandert in der Heilkunde sein, juristische Entscheidungen kennen, Kenntnisse in der Sternkunde besitzen“ – und er muss „fleißig Philosophen gehört haben“. Von denen haben sich aber die meisten vor Statements zur Architektur gedrückt. Und die paar Ausnahmen erhellen uns nur mäßig. Man nehme zum Beispiel Martin Heideggers legendäres „Bauen Wohnen Denken“ von 1951: „Zum Wohnen, so scheint es, gelangen wir erst durch das Bauen. Dieses, das Bauen hat jenes, das Wohnen zum Ziel. Indessen sind nicht alle Bauten auch Wohnungen. Brücke und Flughalle, Stadion und Kraftwerk sind Bauten, aber keine Wohnungen.“

So ging Architektur-Philosophie – bislang. Doch jetzt kommt der Österreicher Armen Avanessian. Ihm hat das philophile Fachblatt „Baumeister“ drei stolze Seiten gewidmet, auf denen er als „Mitbegründer der Denkschule des Akzelerationismus“ vorgestellt wird, also einer Philosophie der Beschleunigung. Kommen wir also hektisch zu deren Kern, einer rasenden Achterbahnfahrt von heute nach übermorgen und per Looping zurück: „Wir müssen Gegenwart aus der Zukunft heraus denken. Das gilt für meine Philosophie, aber auch für die Architektur.“ Das beschleunigt zur Frage: „Wie schreibt man aus der Zukunft heraus über die Gegenwart? Und, parallel dazu: Wie baut man so? Wie baut man die Zukunft der Gegenwart?“ Wer das schafft, dient der „Wiedergewinnung einer Zukunft, die ihren Namen verdient“.

Falls das jemand unmenschlich verquast findet: Das hat Armen Avanessian so gewollt: „Ich plädiere für ein Denken des Inhumanen.“ Allerdings hat er wie wir schlichten Gemüter auch eine Meinung zum Räumlichen. Er ist gegen die „Fetischisierung des Horizontalen“ und er integriert alle Dimensionen: „Für mich besteht zwischen Groß und Klein kein grundlegender Widerspruch.“ Nach all dem fürchten wir: Wer aus Philosophie architektonischen Honig saugen will, muss doch wieder zum alten Heidegger greifen. Der ermunterte Architekten wenigstens zu dem Versuch, „von sich her das Wohnen in das Volle seines Wesens zu bringen“.

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