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Schrift am Bau

Ein Buch zeigt, wie Beschriftungen Teil der Architektur werden, statt nur Ergänzung zu sein. Und eine Web-TV-Serie ist in sieben Städten auf Expedition, um besondere Schriftzüge und Schilder im Straßenbild zu finden.

28.02.20172 Min. Kommentar schreiben

Text: Heiko Haberle
Architektur und Schrift sollten im besten Fall eine Synthese eingehen und die gleiche Sprache sprechen, so die These der beiden Autoren von „Archigrafie“, einer Grafikerin und eines Architekten. Dass beispielsweise zu Zeiten der Neuen Sachlichkeit Schrift und Bauwerk eins waren, zeigt ein historischer Überblick, der vom Bauhaus Dessau über das Dortmunder U bis zu den berühmten BEST-Supermärkten in den USA und zu Werner Düttmanns nicht mehr existierendem Kudamm-Eck mit seiner Medienwand führt. Nach einer Einführung in die Signaletik folgen zahlreiche aktuelle Beispiele, von denen die meisten aus der Schweiz stammen. Gezeigt werden Konzepte weit jenseits klassischer Schilder oder Leuchtreklamen. Da wird die Schrift zum skulpturalen Zeichen oder zum Fassadenornament oder läuft wie am Kunstmuseum Basel wie von Geisterhand über die Ziegelfassade: In den Fugen befinden sich LEDs, die die Fugen ausleuchten oder dunkel lassen. Auch mit verschiedenen Ebenen, mit Materialgegensätzen oder unterschiedlicher Bearbeitung des gleichen Materials werden spannende Effekte erzielt: durch Polieren, Gravieren, Stanzen, Ätzen oder Meißeln. Im Anhang werden diverse weitere Techniken erklärt, sodass „Archigrafie“ nicht nur eine bildstarke Inspirationsquelle, sondern auch ein handfester Ratgeber ist.

Agnès Laube & Michael Widrig: Archigrafie – Schrift am Bau
Birkhäuser, Basel 2016, 168 Seiten, 49,95 Euro, ISBN: 978-3-0356-0567-9

Einen etwas popkulturelleren Ansatz verfolgt die Web-Serie „Typo-Safari“ von Arte. In den Kurzfilmen zeigen uns in sieben Städten (Paris, London, Berlin, Amsterdam, Barcelona, Marseille, Montreal) renommierte Schrift-Experten ihre liebsten Ladenschilder, Hausnummern oder Graffitis. Egal ob das Londoner Pub, der Schreibwarenladen in Barcelona oder die öffentliche Sporthalle in Paris – sie alle fallen durch individuelle aber auch ortstypische Beschriftungen auf. Marseille ist bisher von einer Graffiti-Säuberungswelle verschont geblieben und in Montreal zeugen verblassende „Ghost Signs“ von der industriellen Vergangenheit. Durch die Berlin-Folge, die sich ein bisschen zu sehr auf den öffentlichen Nahverkehr konzentriert, führt der wohl bekannteste deutsche Typograf Erik Spiekermann. Der größte Aufreger für ihn: Die Bundesregierung benutzt „Arial“, um ihre Ministerien zu beschildern. Hier können Sie alle Folgen sehen.


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