Von Markus Prause
Auftraggeber erwarten, dass der Architekt kostengünstig und wirtschaftlich plant und die Baukosten jederzeit „im Griff hat“. Während professionelle Bauherren vom Architekten immer häufiger verlangen, dass die Einhaltung einer Kostenobergrenze vertraglich verankert wird, sind sich viele unerfahrene Bauherren nicht darüber im Klaren, mit welchen Kosten ihre Wünsche verbunden sind. Gleichwohl haben sich auch diese Bauherren in aller Regel schon eine Meinung darüber gebildet, wieviel Geld sie ausgeben wollen und können. Die Rechtsprechung musste sich in den letzten Jahren zunehmend mit Fällen beschäftigen, in denen Architekten recht sorglos mit den finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn umgegangen sind. Die Gerichte sehen hinsichtlich der Baukosten beim Architekten insbesondere zwei Pflichtenkreise:
- Der Architekt hat bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung aktiv beim Bauherrn zu erfragen, welche Kostenvorstellungen er hat, so der Bundesgerichtshof im Urteil vom 21.3.2013 (Az. VII ZR 230/11). Der Architekt muss sich also bereits vor Eintritt in die Planungsphase Klarheit über das Budget für das Vorhaben verschaffen. Aus dieser Rechtsprechung resultiert zugleich, dass der Architekt das Thema der Baukosten nicht mehr ignorieren kann, da er sonst eine haftungsrelevante Pflichtenverletzung im Rahmen der Leistungsphase 1 begehen würde.
- Der Architekt ist verpflichtet, ihm bekannte Kostenvorstellungen bei der Planung zu berücksichtigen und den Bauherrn unverzüglich zu unterrichten, wenn eine Überschreitung des Kostenrahmens droht.
Was bei Kostenüberschreitung gilt
Ein vom Bauherrn benanntes Kostenlimit wird in aller Regel zu einer verbindlichen vertraglichen Vorgabe, wenn der Architekt dem nicht widerspricht. Hierzu ist nicht einmal eine ausdrückliche Einbeziehung in den Vertrag erforderlich. Schafft es der Architekt während der Ausführung des Vertrages nicht, die Vorgabe einzuhalten, ist seine Leistung automatisch mangelhaft – ohne dass es auf sein Verschulden ankommt. Hat der Bauherr eine Baukosten-obergrenze benannt, so stehen dem Architekten diesbezüglich keine Toleranzen zu.
Stellt die Überschreitung des Baukostenlimits einen Mangel dar, hat der Architekt zunächst das Recht zur Nachbesserung, sofern der Mangel noch beseitigt werden kann. Bei der Nachbesserung ist der Bauherr zur Kooperation verpflichtet und darf Vorschläge des Architekten zur Kosteneinsparung nicht willkürlich ablehnen. Allerdings hat der Architekt keinen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber von anderweitigen vertraglichen Vorgaben (zum Beispiel vereinbarte Mindestnutzfläche) Abstriche macht. Schafft es der Architekt nicht, die Kosten in das Budget zurückzuführen, ist der Auftraggeber berechtigt, den Architektenvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen – so das Kammergericht im Urteil vom 23. Mai 2013 (Az.: 27 U 155/11).
Muss der Bauherr das Projekt wegen der Kostenüberschreitung abbrechen und sind deshalb die bisherigen Leistungen des Architekten für den Bauherrn ganz oder teilweise nutzlos, steht dem Architekten keine oder nur eine geminderte Vergütung zu. Vom Bauherrn bereits gezahlte Abschläge sind gegebenenfalls zurückzuerstatten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.12.2013, Az. 13 U 233/12). Sollte den Architekten an der Überschreitung des Kostenrahmens sogar ein Verschulden treffen und erleidet der Bauherr durch die Kostenüberschreitung einen finanziellen Schaden, so ist der Architekt zusätzlich zum Schadensersatz verpflichtet.
Vereinbarung einer Beschaffenheit vs. Baukostengarantie
Bei der vorstehend genannten Konstellation wird die Kostenvorgabe des Bauherrn zu einer sogenannten Beschaffenheit im Sinne des Werkvertragsrechtes (§ 633 Abs. 2 BGB). Der Architekt muss zwar die Beschaffenheit als werkvertraglichen Erfolg erreichen, ist aber nur bei Verschulden zum Schadensersatz verpflichtet. Von der Vereinbarung einer Beschaffenheit ist die so genannte Baukostengarantie zu unterscheiden. Von einer Baukostengarantie spricht man, wenn sich der Architekt nicht nur vertraglich verpflichtet, das Budget einzuhalten, sondern darüber hinaus sogar zusagt, für finanzielle Schäden des Auftraggebers bei einer Kostenüberschreitung verschuldensunabhängig einzustehen. Derartige Garantieversprechen müssten sich allerdings sehr deutlich aus dem Vertrag ergeben. Architekten ist von einer solchen Vereinbarung dringend abzuraten.
Mit Baukosten auseinandersetzen!
Theoretisch kann im Architektenvertrag das Gegenteil vereinbart werden – dass nämlich ein vom Bauherrn bekannt gegebenes Budget keine Verbindlichkeit besitzen soll. Dass sich ein Auftraggeber auf einen solchen „Freifahrtschein“ des Architekten einlässt, ist jedoch nicht zu erwarten. Unverbindlich wird eine genannte Kostengrenze in der Regel auch nicht, wenn die Angabe zu einem wirtschaftlichen Rahmen im Vertrag mit Begriffen wie „ca.“ oder „ungefähr“ versehen ist.
Im Prinzip bleibt dem Architekten keine andere Möglichkeit, als sich frühzeitig mit der Kostenvorstellung des Bauherrn auseinanderzusetzen. Hierzu sollte der Architekt – soweit möglich – schon vor der Planung eine Prognose anstellen, ob die Erwartungshaltung des Bauherrn annähernd realistisch ist. Erkennt der Architekt, dass das Vorhaben mit dem genannten Budget voraussichtlich nicht realisierbar ist, muss er dieses sofort einwenden. Beharrt der Bauherr gleichwohl auf einer unmöglich einzuhaltenden Budgetvorgabe, sollte der Architekt vor dem Hintergrund der oben genannten rechtlichen Konsequenzen den Auftrag ablehnen.
Abbildung von Baukosten im Architektenvertrag
Schätzt der Architekt die Kostenvorstellung des Auftraggebers als durchaus realistisch ein, stellt sich die Frage, wie hierzu eine sachgerechte und faire Klausel im Architektenvertrag verankert werden kann. Im Rahmen einer solchen Klausel sollten folgende Punkte Beachtung finden:
- Die Verantwortung des Architekten sollte sich auf die Kostengruppe(n) beschränken, die der Architekt nach dem Vertrag planerisch zu bearbeiten hat. Dies ist zumeist die Kostengruppe 300. Je nach Vertragsinhalt können aber auch weitere Kostengruppen (zum Beispiel KG 200) hinzutreten. Nicht in den Verantwortungsbereich des Architekten fallende Kostengruppen von Sonderfachleuten sollten ausgeklammert werden. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass etwa bei der Kostenklausel des RBBau-Vertragsmusters des Bundes auch Kostengruppen von Fachplanern mit der Begründung inkludiert werden, dass der Architekt die Sonderfachleute koordiniere. Da über die Koordinierung jedoch keine ausreichende Einflussmöglichkeit auf die Fachplanung besteht, ist diese Sichtweise wenig sachgerecht. Wo immer möglich, sollten solche Klauseln nicht vereinbart werden.
- Eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung zu den Kosten kann aus Sicht des Architekten zumeist nicht schon bei Vertragsschluss getroffen werden, denn zu diesem Zeitpunkt ist eine Aussage über die voraussichtlichen Kosten des Objektes noch mit zahlreichen Unsicherheitsfaktoren verbunden. Sinnvoll ist es daher, eine Verbindlichkeit erst im Zeitpunkt der Erstellung der Kostenberechnung am Ende der Entwurfsplanung zu fixieren. Auf diesen Zeitpunkt bezieht sich auch § 4 Abs. 3 HOAI bei der Vereinbarung zum Wert und Umfang der mitzuverarbeitenden Bausubstanz.
- Erforderlich ist zudem eine Anpassungsklausel für Fälle, in denen der Architekt Kostensteigerungen nicht zu vertreten hat (zum Beispiel bei Änderungs- und Zusatzwünschen des Bauherrn, Störungen des Bauablaufs, zusätzlichem Sanierungsbedarf nach einer Bauteilöffnung). Soll statt einer Budgetanpassung eine Umplanung erfolgen, ist der Mehrvergütungsanspruch nach § 10 HOAI zu beachten.
- Eine Kostengarantie sollte ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Beispiel für eine Kostenklausel
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen könnte eine Kostenklausel wie folgt lauten:
„Der Auftraggeber avisiert für die Kostengruppen 200 bis 600 DIN 276 ein Investitionsvolumen von …….. €. Der Architekt hat seine Vor- und Entwurfsplanung auf diesen unverbindlichen Gesamtkostenrahmen auszurichten und den Auftraggeber unverzüglich zu informieren, wenn erkennbar wird, dass der wirtschaftliche Rahmen überschritten wird. Nach Erstellung der Kostenberechnung vereinbaren die Parteien einvernehmlich eine verbindliche Obergrenze der Kosten für die Kostengruppe 300 DIN 276 als Beschaffenheit. Eine Kostengarantie ist damit nicht verbunden.
Für Kostenentwicklungen, die nicht im Einflussbereich des Architekten liegen (zum Beispiel Änderungs- und Zusatzwünsche des Auftraggebers, gestiegene gesetzliche Anforderungen, unerwartete Materialpreissteigerungen, unvorhersehbare witterungsbedingte Mehrkosten, zusätzlicher Sanierungsbedarf nach einer Bauteilöffnung), sowie für Kosten, die in der Verantwortung anderer Planungsbeteiligter liegen, beschränkt sich die Verantwortung darauf, den Auftraggeber unverzüglich auf eine Überschreitung des Gesamtkostenrahmens hinzuweisen. In diesen Fällen sind die Kostenobergrenze für die Kostengruppe 300 und der Gesamtkostenrahmen entsprechend anzupassen. Wünscht der Auftraggeber stattdessen eine Umplanung, um Kosteneinsparungen zu erzielen, ist § 10 HOAI zu beachten.
Wird die verbindliche Kostenobergrenze aus der Kostengruppe 300 überschritten und hat der Architekt die Überschreitungen zu vertreten, so hat er dem Auftraggeber ohne zusätzlichen Vergütungsanspruch geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, um die Kosten wieder in die Kostenvorgabe zu bringen. Weitergehende Schadensersatzansprüche bleiben unberührt.“
Wichtig ist, dass der Architekt die Inhalte einer solchen Kostenklausel auch tatsächlich umsetzt, also gegebenenfalls seinen Anzeigepflichten genügt und im Anschluss mit dem Bauherrn im Gespräch klärt, ob das Budget angehoben oder Einsparungsmaßnahmen vorgenommen werden. Die Ergebnisse sollten auf jeden Fall schriftlich fixiert werden.
Markus Prause ist Justitiar der Architektenkammer Niedersachsen
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