Text: Marian Behaneck
Aus anfangs einfachen Programmen für die EnEV-Ausweiserstellung haben sich inzwischen umfassende modulare Lösungen für die Energie- und Förderberatung, die Gebäudeoptimierung und -planung oder für bauphysikalische Detailuntersuchungen entwickelt. Sie rationalisieren Berechnungen und Arbeitsabläufe und unterstützen Planer bei der Verbesserung der Energiebilanz neuer Wohn- und Nichtwohngebäude oder der energetischen Sanierung von Gebäuden. Der große Funktionsumfang und die Vielzahl an Programmen erschweren allerdings die Auswahl.
Was leisten EnEV-Programme?
Gegenüber der manuellen Berechnung erübrigen sie die Suche in Tabellen, Rechenfunktionen machen Taschenrechner überflüssig, Vorgabewerte vereinfachen die Eingabe, Plausibilitätsprüfungen vermeiden Fehler, Automatismen beschleunigen Abläufe. Änderungen beispielsweise eines Wandaufbaus, des Materials oder der Dicke der Dämmung werden automatisch neu berechnet. Unterschiedliche Maßnahmen zur Verbesserung der Energiebilanz eines Gebäudes, wie die Dämmung, neue Fenster oder eine moderne Heizanlage, lassen sich so schnell durchrechnen. Zwar können mit allen EnEV-Programmen Energieausweise oder Nachweise erstellt werden. Die meisten Programme lassen sich für Wohnungsneubau und -bestand einsetzen. Fast alle beherrschen die Rechenverfahren für öffentlich-rechtliche Nachweise neuer Wohngebäude nach DIN V 4108-6 und DIN V 4701-10. Dagegen unterstützen bisher nur wenige Programme das vereinfachte Modellgebäudeverfahren EnEV easy für neu errichtete, nicht gekühlte Wohngebäude. Über die Hälfte der am Markt erhältlichen Programme können nach DIN V 18599 für Nichtwohngebäude rechnen. Nicht jede Software ist für die energetische Gebäudeoptimierung oder die Vor-Ort-Energieberatung geeignet, da nicht jede Vorschläge oder Variantenvergleiche inklusive der Kosten- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen liefert.
Die EnEV-Programme helfen auch, Planungs- und Ausführungsfehler zu vermeiden. So lassen sich U-Werte von Außenwandkonstruktionen ermitteln, der Tauwasserausfall in der Außenwandkonstruktion lässt sich anhand von Glaserdiagrammen darstellen oder Wand-Fenster- Anschlüsse können an ihren kritischen Stellen überprüft und optimiert werden. Die Ausgabe umfasst Ausweise, Berichte und Nachweise: EnEV-Verbrauchs- oder Bedarfsausweise, dena-Energieausweise, BAFA-Energieberaterberichte, KfW-Nachweise, teilweise auch den Mindestwärmeschutz, den sommerlichen Wärmeschutz, den Feuchteschutz und vieles mehr. Lang- oder Kurzberichte lassen sich mithilfe eines Berichteditors im eigenen Layout aus vorgegebenen und eigenen Textbausteinen, Formularen, Tabellen und Grafiken zusammenstellen und ausdrucken oder als PDF-Datei per E-Mail versenden.
Wesentliche Unterschiede
EnEV-Software unterscheidet sich heute weniger durch den Funktionsumfang als durch die Bedienung. Deshalb sollte man nicht nur darauf achten, ob das Programm alle für die eigene Tätigkeit relevanten Funktionsanforderungen erfüllt, sondern auch, ob man mit der Bedienung zurechtkommt: Wie einfach und intuitiv oder kompliziert und umständlich sind Arbeitsabläufe? Sind unnötige Mehrfacheingaben nötig und müssen Daten wiederholt importiert werden? Zwar fallen die Schwachpunkte in der Regel erst bei der praktischen Arbeit auf – also nach dem Kauf. Doch einiges lässt auch sich vorab herausfinden. So sollte bereits bei der Auswahl der Aufgabenstellung (Energieberatung, Initialberatung, energetische Sanierung, Nachweisführung, Fördermittelberatung etc.) sowie des Berechnungsverfahrens die Software „mitdenken“ und beispielsweise nur die für die jeweilige Aufgabenstellung erforderlichen Daten abfragen. Wichtig ist außerdem eine gute Geometrie-Erfassung, die auch bei anspruchsvolleren Gebäuden mit komplexeren Dächern, versetzten Geschossebenen usw. funktioniert. Zur Erfassung von Gebäude- und Anlagendaten werden vor Ort aufgemessene oder aus dem Plan ermittelte Längen oder Flächen eingegeben. In vielen Programmen erleichtern Assistenten die Eingabe. Alternativ können Gebäudegeometrien aus vorhandenen CAD-Daten importiert oder per Fotoaufmaß aus Fassadenfotos ermittelt werden. Einige Hersteller bieten optional einen 2D- oder 3D-Hüllflächeneditor an. Damit können komplexe Gebäudegeometrien leichter nach DIN V 18599 erfasst und zoniert werden.
Mithilfe eines Bauteil-Editors sollte man sowohl einfache Bauteile mit Schichtaufbau als auch komplexe, zusammengesetzte homogene oder inhomogene, moderne oder historische Bauteile inklusive paralleler Grafik- und Ergebnis-Anzeige definieren können. Auch die Erfassung der Anlagentechnik für Heizung, Warmwasser und Lüftung sollte durch Datenbanken, Vorgabewerte, Baualtersklassen und Assistenten unterstützt werden. Sind die Daten eingegeben, sollte eine detaillierte Gebäudeanalyse das Planen von Energieeffizienzmaßnahmen unterstützen.
Dabei sind Assistenten zum Erreichen eines gewünschten Effizienzhaus-Standards und des wirtschaftlichen Optimums (optimale Dämmstärken, Ausschöpfung Fördermöglichkeiten) sowie zur Fördermittelberatung etc. sinnvoll. Zu den Ergebnissen der Berechnung sollten alle relevanten Daten wie U-Werte, der Tauwasseranfall, die Wirtschaftlichkeit, eine CO2-Bilanz usw. gehören. Wichtig ist, dass die Berechnungen transparent und nachvollziehbar sind. Ebenso sollten die Ergebnisse zur energetischen Qualität vor und nach der Sanierung, zur Wirtschaftlichkeit, zur Energie- und Schadstoffeinsparung oder zur Amortisation von Maßnahmen kontinuierlich angezeigt werden. Die Software sollte sowohl Sanierungen in einem Zug als auch schrittweise unterstützen. Einen auf die individuelle Situation bezogenen Maßnahmenkatalog zur energetischen Sanierung oder den Sanierungsfahrplan BW generiert nur ein Teil der Programme. Immer wichtiger werden im Zusammenhang mit Energiesparmaßnahmen ein Lüftungskonzept gemäß DIN 1946-6 (siehe DAB 02/15: Lüften nach Norm), der sommerliche Wärmeschutz sowie die Berechnung von Wärmebrücken für EnEV-/KfW Nachweise und Feuchteanalysen zu Tauwasseranfall und Schimmelbildung. Deshalb offerieren immer mehr Programme dafür integrierte oder optionale Module.
Welche Lösungen bietet der Markt?
Den Großteil des EnEV-Softwareangebots nehmen konventionelle Desktop-Programme ein. Inzwischen werden für Teilbereiche aber auch Apps und Cloudlösungen offeriert. Dadurch soll der durch die ständigen Novellierungen und Änderungen von Gesetzen und Regelwerken bedingte technische und administrative Aktualisierungsaufwand reduziert werden.
Auch die Planungsmethode BIM (siehe DAB 06/16: Methode, nicht Software) verspricht Vorteile bei der Energieberatung. So können BIM-Modelle die Ermittlung von Gebäudehüllflächen oder die Zonierung von Nichtwohngebäuden vereinfachen und transparenter machen. Die Übernahme von UWerten, Abmessungen, Neigungen und der Ausrichtung von Wänden, Fenstern, Decken oder Dachflächen soll Zeit sparen und Fehlerquellen minimieren. Die EnEVSoftwarekosten reichen von null Euro, beispielsweise für das kostenlose Excel-Tool EnEV-XL vom Institut Wohnen und Umwelt, respektive von 250 bis 3.500 Euro für kostenpflichtige Programme, je nach Leistungsumfang. Hinzu kommen Folgekosten für Schulungen oder Wartungsverträge. Letztere sind wichtig, da sich die zugrunde liegenden Gesetze, Normen und Richtlinien kontinuierlich weiterentwickeln. Deshalb sollte die Software regelmäßig und zeitnah vom Hersteller aktualisiert werden. Wichtig sind auch Supportleistungen. Damit ist nicht nur die Erreichbarkeit des Support-Teams über Telefon, Fax oder E-Mail gemeint, sondern auch dessen fachliche Kompetenz. Bei der Entscheidung für ein Programm empfiehlt es sich, ein individuelles Anforderungsprofil zu erstellen und dabei zu entscheiden, welche Funktionen unbedingt benötigt werden und welche zweitrangig sind.
Einen ausführlichen Produktvergleich finden Sie hier als PDF.
Marian Behaneck ist freier Fachjournalist in Jockgrim (Pfalz).
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