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Architektenrecht im BGB

Eine dreiteilige Serie gibt einen Überblick über die Reform des Bauvertragsrechts und der Mängelhaftung im Kaufrecht.

01.06.20177 Min. Kommentar schreiben
Foto: Fotolia
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Teil 1 der dreiteiligen DAB-Recht-Reihe: Allgemeines und neues Architektenvertragsrecht

Text: Arndt Kresin

Der Bundestag hat am 9. März 2017 das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung verabschiedet. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2018 in Kraft und gilt für Verträge, die ab diesem Tag abgeschlossen werden. Mit der Reform werden erstmals spezielle Regelungen für das Bau- und Architektenrecht in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingeführt. Das BGB trat am 1. Januar 1900 in Kraft. Seitdem oblag es der Rechtsprechung und der Literatur, Antworten auf die oftmals komplexen rechtlichen Fragen bei Planung und Bau zu liefern, die vom Gesetz nicht behandelt wurden. Die Reform ist aber keineswegs das bloße Ende einer „gesetzeslosen“ Epoche. Vielmehr ebnet sie den Weg für die Architekten und Ingenieure, an der zukünftigen Fortentwicklung ihres Rechts im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren als Interessengruppe mitzuwirken.

Änderungen im Recht des Werkvertrages und ähnlicher Verträge

Das Recht des Werkvertrages und ähnlicher Verträge im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), das bislang in den §§ 631 bis 651 m BGB und in den zwei Untertiteln „Werkvertrag“ und „Reisevertrag“ geregelt war, wird mit der Reform grundlegend neu strukturiert und in vier Untertitel unterteilt:

  • Untertitel 1 Werkvertragsrecht §§ 631 bis 650o BGB
  • Untertitel 2 Architekten- und Ingenieurverträge §§ 650p bis 650t BGB
  • Untertitel 3 Bauträgervertrag §§ 650u und 650v BGB
  • Untertitel 4 Reisevertrag §§ 651.ff BGB

Die Neugliederung und Neuerungen dieses Teils des BGB haben dazu geführt, dass selbst inhaltlich unveränderte Regelungen sich nunmehr an anderer Stelle befinden. Mit der Reform werden die vier Vertragstypen „Bauvertrag“, „Verbrauchervertrag“, „Bauträgervertrag“ und „Architektenund Ingenieurvertrag“ unter diesen Bezeichnungen neu in das Gesetz eingeführt, auch wenn sie zum Teil in inhaltlicher Hinsicht bisher schon im BGB normiert waren. Am wichtigsten für Architekten sind naturgemäß die neuen Regelungen zum Architekten- und Ingenieurvertrag. Dabei wurde der betreffende neue Untertitel 2 nicht als Teil des Werkvertragsrechts, sondern als „ähnlicher Vertrag“ eingefügt, womit klargestellt ist, dass anders, als es die Rechtsprechung bisher sah, Architekten- und Ingenieurverträge nicht mehr vollständig dem Werkvertragsrecht unterworfen sein werden, sondern nur insoweit, wie es der Gesetzgeber ausdrücklich vorsieht (s. u. „Welche Vorschriften sind auf Planungsverträge anwendbar?“).

Vertragstypische Pflichten im Architekten- und Ingenieurvertrag erstmals geregelt

Erstmals regelt das Gesetz die vertragstypischen Pflichten aus einem Architekten und Ingenieurvertrag (d. h. Planungsvertrag) in § 650 p Abs. 1 BGB. Danach ist der „Unternehmer“ (d. h. der Planer) „verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und der Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen“. Mit dieser Definition wird hervorgehoben, dass der vertraglich geschuldete Erfolg nicht erfüllt wird, indem lediglich Leistungshandlungen abgearbeitet werden, sondern erst, wenn die vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele erreicht sind (etwa wenn die gestalterischen Vorgaben in der Planung enthalten sind oder eine vereinbarte Kostengrenze eingehalten wurde). Zugleich enthält die Regelung die Maßgabe an die Parteien, nach Möglichkeit bei Vertragsabschluss diese Ziele zu vereinbaren.

Pflicht zur Erstellung einer Planungsgrundlage mit Kosteneinschätzung

Wurde ein Planungsvertrag geschlossen, ohne dass die Parteien darin Planungs- und Überwachungsziele festgelegt haben, weil der Besteller (d. h. der Auftraggeber) bislang nur vage Vorstellungen von dem Vorhaben besitzt, ist der Planer laut § 650 p Abs. 2 BGB verpflichtet, „zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Er legt dem Besteller die Planungsgrundlage zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustimmung vor.“ In dieser den eigentlichen Planungsleistungen vorgelagerten Leistungsphase 0 schuldet der Planer keine Planung, sondern allenfalls Skizzen sowie zum Beispiel Angaben zum Zweck des zu planenden Gebäudes, zur Art des Daches, Geschossanzahl und ähnliche grundlegende Angaben. Ebenso stellt die Kosteneinschätzung lediglich eine grobe Prognose dar. Ein Ziel dieser Regelungen ist es, spätere Änderungen der Planungsziele, die der Auftraggeber anordnet und die sich auf die Vergütung des Planers auswirken, leichter von der bloßen Konkretisierung der ursprünglichen Planungsziele abzugrenzen.

Sonderkündigungsrecht nach Vorlage der Planungsgrundlage

Mit der Erarbeitung der Planungsgrundlagen ist zugleich ein Sonderkündigungsrecht sowohl für den Auftraggeber als auch den Planer verbunden (§ 650r BGB). Das Kündigungsrecht des Auftraggebers erlischt zwei Wochen nach Zugang der Planungsgrundlagen. Ist der Auftraggeber ein Verbraucher, handelt er also als Privatperson, muss der Planer ihn in Textform über dieses Kündigungsrecht und seine Rechtsfolgen unterrichten. Ohne diesen Hinweis erlischt das Kündigungsrecht nicht. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs soll dieser Hinweis nicht nachholbar sein; in diesem Fall bestünde das Sonderkündigungsrecht für den Verbraucher bis zur Abnahme der Leistungen aus dem Architektenvertrag fort.

Der Planer seinerseits kann dem Auftraggeber eine angemessene Frist für die Zustimmung zu den Planungsgrundlagen und der Kosteneinschätzung setzen. Verweigert der Auftraggeber die Zustimmung oder erteilt er sie nicht fristgerecht, hat der Planer das Recht, den Vertrag zu kündigen (§ 650r Abs. 2 BGB). Wird das Sonderkündigungsrecht nach § 650r BGB ausgeübt, endet der Planungsvertrag für die Zukunft. Der Planer hat (nur) Anspruch auf die Vergütung seiner bis zur Kündigung erbrachten Leistungen.

Recht zur Teilabnahme

Für den Planungsvertrag wurde zudem ein Recht zur Teilabnahme geregelt (§ 650s BGB). „Der Unternehmer (d. h. der Planer) kann ab der Abnahme der letzten Leistung (…) der bauausführenden Unternehmer eine Teilabnahme der von ihm bis dahin erbrachten Leistungen verlangen.“ Bedeutung hat diese Regelung, falls zum Leistungsumfang des Planers die Leistungsphase 8 oder die Leistungsphasen 8 und 9 zählen. Eine Teilabnahme führt dazu, dass die Mängelhaftung für die Planungs- und Überwachungsleistung nahezu zeitgleich mit der Abnahme der zuletzt fertiggestellten Bauleistung beginnen kann und folglich nicht mehr wesentlich länger andauert als die des betreffenden Bauunternehmers. Das setzt allerdings voraus, dass der Planer die Abnahme seiner erbrachten Leistungen auch einfordert.

Gesamtschuldnerische Haftung: zuerst den Bauunternehmer zur Mängelbeseitigung auffordern

Bei einem Baumangel, der sowohl auf eine fehlerhafte Bauausführung des Bauunternehmers als auch auf eine unzureichende Objektüberwachung des Planers zurückzuführen ist, haften Bauunternehmer und Planer dem Auftraggeber als Gesamtschuldner. Der Auftraggeber hatte dabei bislang das Wahlrecht, ob er den Bauunternehmer auf Nacherfüllung oder den Planer auf Schadenersatz in Anspruch nimmt. Mit der neuen Regelung in § 650t BGB gilt nun das Primat der Nacherfüllung. Solange der Auftraggeber nicht den ebenfalls für den Baumangel haftenden Bauunternehmer erfolglos zur Mängelbeseitigung aufgefordert hat, kann der Planer seine Inanspruchnahme verweigern. Bleibt der Bauunternehmer untätig oder verweigert er die Nacherfüllung, hat der Auftraggeber jedoch wieder das Wahlrecht, wen er von den Gesamtschuldnern in Anspruch nimmt.

Welche Vorschriften sind auf Planungsverträge anwendbar?

§ 650q Abs.1 BGB gibt an, welche Vorschriften aus dem Werkvertragsrecht auf Planungsverträge entsprechend anzuwenden sind. Besonders hervorzuheben sind hierbei das einseitige Anordnungsrecht des Auftraggebers gemäß § 650 b BGB (dieses wird in Kürze im zweiten Teil dieser Serie im DAB vorgestellt), die fiktive Abnahme nach § 640 Abs.2 BGB und das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (§ 648a BGB). Die allgemeinen Regelungen des Werkvertragsrechts gelten auch für Architektenverträge entsprechend.

Die fiktive Abnahme

In den allgemeinen Vorschriften wurde die fiktive Abnahme neu geregelt (§ 640 Abs.2 BGB). Als abgenommen gilt ein Werk, also auch eine Architektenleistung, wenn es fertiggestellt ist, der Auftragnehmer den Auftraggeber mit einer angemessenen Frist zur Abnahme auffordert und der Auftraggeber die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe zumindest eines Mangels verweigert. Gegenüber einem Verbraucher ist auf diese Rechtsfolge in Textform hinzuweisen. Die fiktive Abnahme knüpft zukünftig also an die Fertigstellung der Leistungen und nicht, wie bisher, an die Abnahmereife an. Folglich ist eine fiktive Abnahme nach neuem Recht möglich, selbst wenn ein wesentlicher Mangel vorliegt.

Kündigung aus wichtigem Grund

Nach neuem Recht kann jede Partei den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beidseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags nicht zugemutet werden kann“ (§ 648a BGB). Eine Teilkündigung gemäß § 648a Abs.2 BGB ist möglich, wenn es sich um einen abgrenzbaren Teil der Leistung handelt; die Anforderungen an eine Teilkündigung sind damit geringer als bei einem Bauvertrag, bei dem statt des BGBs die VOB/B wirksam vereinbart wurde.

Arndt Kresin ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in München.


Über die für Architekten relevanten Neuerungen können Sie sich in der dreiteiligen DAB-Reihe einen Überblick verschaffen

1. Teil: Allgemeines und neues Architektenvertragsrecht
2. Teil: Bauvertragsrecht
3. Teil: Verbraucherbauvertrag und weitere Regelungen 


Mehr Informationen zum Thema Recht erhalten Sie hier

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